Noras Erziehung
unmittelbar ein Bild nach sich, auf dem ich, ebenfalls mit gespreizten Beinen, neben Violet kniete. Vielleicht wären unsere Hände auf den Rücken gebunden, sodass wir seinem Schwanz und dem stetig tropfendenWachs hilflos ausgeliefert waren. Oder vielleicht lagen wir auch mit hochgerecktem Po auf dem Bauch und spielten mit dem Gedanken, er könnte jederzeit in uns eindringen, an uns herum. Mit diesem letzten Bild kam es mir schließlich.
4
Am nächsten Morgen fühlte ich mich völlig klar im Kopf. Und obwohl meine schamlose Phantasie mir im Nachhinein etwas peinlich schien, so war ich doch sicher, bezüglich Giles Lancaster die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Höchstwahrscheinlich lag es daran, dass er eine Privatschule besucht hatte. Vielleicht war seine höchst seltsame Einstellung gegenüber Frauen aber auch einfach nur Teil seiner Persönlichkeit. Jedenfalls wirkte er alles andere als vertrauenswürdig. Stephens Verhalten war auch ein bisschen merkwürdig – vielleicht sogar aus denselben Gründen. Aber immerhin war er weitaus bodenständiger als Giles.
Ich wollte Stephen so schnell wie möglich treffen, also schrieb ich ihm gleich nach dem Aufstehen eine SMS und schlug einen kleinen Drink zur Mittagszeit vor. Seine Antwort kam, während ich im Speisesaal des College in der Frühstücksschlange anstand – er würde noch bis elf Uhr rudern, wir könnten uns aber um zwölf in dem Pub
The Boatman’s
treffen. Ich hatte keine Ahnung, wo der Laden war, nur dass er wahrscheinlich irgendwo am Flussufer lag. Also ging ich auf mein Zimmer, um in meinem Handbuch nachzuschlagen. Ich kam gerade rechtzeitig oben an, um Violet und ihren geheimnisvollen Liebhaber aus ihrem Zimmer kommen zu sehen. Diesmal stritten sie nicht, und ich war viel zu neugierig, um der sofortigen Verlegenheit auf Violets Gesicht irgendwelche Beachtung zu schenken, als sie mich erblickte.
«Hi, Violet. Willst du mich nicht vorstellen?»
«Äh … klar. Das ist Dr. McLean.»
Ich wusste von den Satzfetzen, die ich gestern Abend aufgeschnappt hatte, dass die beiden über mich gesprochen hatten. Seine Worte hatten sich mir so sehr eingebrannt, dass ich tatsächlich leicht errötete, als er mir höflich zunickte. Er hätte sicher noch etwas gesagt, aber Violet eilte bereits die Treppe hinunter. Als ich meine Tür aufschloss, hörte ich ihre aufgebrachte Stimme. Was immer zwischen den beiden abging, sie wollte eindeutig nicht, dass alle Welt davon erfuhr. Das machte mich natürlich nur noch neugieriger. Er war mindestens zehn Jahre älter als sie, vielleicht sogar fünfzehn. Außerdem war er ihr Tutor gewesen.
Auf jeden Fall war die ganze Sache äußerst faszinierend, und während ich mein Handbuch durchblätterte, nahm ich mir vor, mehr herauszufinden. Es stellte sich heraus, dass
The Boatman’s
auf der Jackdaw Lane lag. Das bedeutete zwar mindestens eine halbe Stunde Fußmarsch, aber der Weg führte über Wiesen am Fluss entlang. Ein weiterer, recht sinnfälliger Ratschlag, den Dad mir mitgegeben hatte, bestand darin, meinen Abschluss nicht durch zu viel Konzentration aufs Privatleben zu gefährden. Also nahm ich mir erst mal zwei Stunden Zeit für die Recherche für meine Seminararbeit und machte mich danach auf den Weg. Dr. Etheridge hatte mir eine Bücherliste gegeben, die schon mal ein guter Anfang war. Mir war allerdings klar, dass ich tunlichst noch ein paar Quellen heranziehen sollte, die er nicht empfohlen hatte. Und das hieß, in den Tiefen der Bodleian-Bibliothek nach irgendwelchen obskuren Büchern zu suchen.
Ich hatte das Gefühl, mir eine Pause verdient zu haben, als ich schließlich hinaus in die frische Luft trat und michauf den Weg zum Fluss machte. Die unterschiedlichen Arme des Cherwell sorgten dafür, dass ich mich ein bisschen verlief und an der Mündung zur Themse jemanden bitten musste, mich mitzunehmen. Der Pub lag auf der gegenüberliegenden Seite und hatte einen Biergarten, der sich zum Fluss hinunter erstreckte. Stephen war schon da. Er sah in seiner Rudermontur wunderbar gebräunt und fit aus. Um unsere Beziehung zueinander zu bekräftigen, begrüßte ich ihn mit einem Kuss, der mit einem zufriedenen Lächeln und der Einladung auf einen Drink quittiert wurde.
Nach einer Stunde war ich bereits sicher, dass wir wirklich zusammen waren. Er gab sich Mühe, nett zu sein, nahm jede meiner Ansichten ernst, um mich nicht vor den Kopf zu stoßen, und auch seine Berührungen waren sehr vorsichtig – fast als
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