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Noras Erziehung

Noras Erziehung

Titel: Noras Erziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Belle
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dich fahren.»
    Stephen schaute erst zu dem Auto und dann zu mir. «Das ist ein Zweisitzer.»
    Giles zuckte nur mit den Schultern, stieg in seinen Wagen und öffnete das Fenster, um erneut das Wort an uns zu richten, während er den Motor startete. «Ach, Nora, ich habe dich übrigens nächsten Donnerstag für eine Rede im Debattierclub eingetragen.»
    «Eine Rede? Bei der Prostitutions-Debatte?»
    Er nannte mir den offiziellen Titel. «‹Diese Gruppe ist der Ansicht, dass Prostituierte direkt vom Staat und nur vom Staat beschäftigt werden sollten.› Das ist das Thema. Du bist als Dritte dran.»
    «Aber ich weiß nicht das Geringste über Prostituierte! Auf welcher Seite stehen wir denn überhaupt?»
    «Ich bin für den Antrag, du bist dagegen.»
    «Dagegen? Aber Giles   …»
    «Zieh dir einfach ein paar Latzhosen an und erzähl ihnen irgendwelchen Mist über männliche Privilegien und das Patriarchat. Sicher, dass ich dich nicht mitnehmen soll, Mitchell?»
    «Nein, danke. Ich laufe lieber.»
    «Ach, junge Liebe! Sie ist wirklich ein guter Fang. Und dazu treu wie ein Hund. Ich hatte angeboten, ihr das Hirn rauszuficken, aber sie hat mich eiskalt abblitzen lassen.»
    Ich spürte, wie mir das Blut so heiß ins Gesicht schoss, als würden meine Wangen brennen. Stephen stand einfach nur mit weit geöffnetem Mund da und war offensichtlich noch verblüffter als ich. Giles winkte uns fröhlich zu und war verschwunden, noch ehe Stephen oder mir eine Reaktion auf diese Begegnung einfiel.
    Er brach das Schweigen als Erster. «Du musst Giles entschuldigen. Er kann manchmal ein ziemlicher Clown sein.»
    «Ein Clown? Er ist ein arroganter Mistkerl und ein durch und durch alberner Kasper!»
    «Er ist schon ganz in Ordnung. Er war Schulsprecher in Laon Abbey.»
    «Mein tiefes Mitgefühl für den Rest dieser Schule.»
    «Jetzt komm. Er wusste bestimmt nicht, dass wir zusammen sind. Da kann man ihm gar keine Vorwürfe machen, dass er’s mal bei dir versucht hat.»
    Ich wollte gerade antworten, biss mir aber auf die Lippe. Schließlich war ich es gewesen, die ihn abgewiesen hatte. Außerdem wäre die Situation bestimmt noch eine Nummer peinlicher geworden, wenn er Stephen verraten hätte, was ich wirklich gesagt hatte. Diese Überlegungen ließen meinen Zorn auf Giles zumindest etwas verebben. Das Beste war wohl ein krasser Themenwechsel.
    «Das meine ich doch gar nicht. Ich meine, dass er mich als Sprecherin bei der Prostitutions-Debatte eingetragen hat.»
    «Dafür solltest du eigentlich dankbar sein. Oder etwa nicht? Wie viele Leute können schon bei der ersten Debatte im Studentenparlament sprechen, wenn sie gerade erst beigetreten sind?»
    Jetzt verflüchtigte sich neben meinem Zorn auch noch die Abneigung gegen Giles.
    «Bestimmt nicht viele. Aber darum geht’s auch gar nicht. Es gibt einfach Themen, die man ganz vermeiden sollte. Unter anderem Sex. Wenn ich nämlich eine liberale Haltung vertrete, steckt man mich in die Schlampen-Schublade, und wenn ich eine ablehnende Haltung vertrete, danngelte ich als prüde oder – wie war das Wort nochmal? – als Blaustrumpf.»
    «Aber heutzutage doch nicht mehr.»
    Ich zuckte mit den Schultern und fragte mich, ob er wohl recht hatte. Es war Dads Ratschlag gewesen, jede Debatte über ein sexuelles Thema zu meiden. Die Erfahrungen, die er gemacht hat, lagen allerdings auch schon mehr als dreißig Jahre zurück.
    «Außerdem zwingt dich ja niemand, bei der Debatte eine ablehnende Haltung einzunehmen», fuhr er fort, während wir weitergingen. «Du könntest doch sagen, dass Sex eine liebevolle Erfahrung zwischen zwei gleichberechtigten Menschen und keine Ware sein sollte.»
    «Das ist ein Argument. Das könnte ich vorbringen. Und das ist auch genau das, woran ich glaube.»
    «Na, da hast du’s doch.»
    «Danke.»
    Ich verstummte einen Moment und musste an seine eigenen rätselhaften Bemerkungen über Südostasien und an meine Phantasien über eine Existenz als Edelnutte denken. Eine gewisse Ungleichheit barg für mich etwas durch und durch Erregendes. Mir schien es sehr verlockend, etwas tun zu müssen, weil ich dafür bezahlt würde, oder mittels eines Tricks dazu gebracht oder sogar gezwungen zu werden. Solange ich den Mann wirklich wollte, hatte ich nichts dagegen, benutzt zu werden. Ich nahm Stephens Hand und drückte sie.
    «Ich fand’s übrigens wirklich großartig, was wir da gemacht haben.»
    «War mir ein Vergnügen.»
    Wir gingen schweigend und Hand in Hand weiter. Mein

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