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Noras Erziehung

Noras Erziehung

Titel: Noras Erziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Belle
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Kopf war voller anstößiger Gedanken. Stephen war andersals alle anderen Männer, die ich bisher kennengelernt hatte – besonders in sexueller Hinsicht. Was er wohl sonst noch zu bieten hatte? Rückblickend betrachtet, war mein Sexleben bisher recht uninspiriert gewesen. Ungehemmt zwar, aber vielleicht auch ein bisschen einfallslos. Ewan hatte zwar grundsätzlich von mir erwartet, dass ich schluckte, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass er dasselbe mit mir getan hätte wie Stephen eben im Gebüsch.
    Sogar der Debatte sah ich jetzt mit mehr Optimismus entgegen. Schließlich war das Ganze eine ausgezeichnete Gelegenheit, irgendwie aus der Masse hervorzustechen. Und als dritter von vielleicht vier oder fünf Redebeiträgen konnte ich mich dem Thema mit einer gewissen Leichtigkeit nähern und mich mehr darauf konzentrieren, den Leuten als Person in Erinnerung zu bleiben und nicht als gesichtsloser Standpunkt in einer Debatte. Stephens Vorschlag war ausgesprochen gut gewesen, und als wir die Hauptstraße erreichten, hatte ich schon eine ziemlich gute Vorstellung, was ich sagen würde.
    Nachdem wir uns vorm Pub
The Turl
mit einem Kuss verabschiedet hatten, verschwand er mit schnellen Schritten in Richtung Emmanuel College, und ich machte mich ebenfalls auf den Heimweg. Ich brauchte dringend einen Kaffee und klopfte an Violets Tür, während ich mein eigenes Zimmer aufschloss. Sie antwortete sofort, und als ich in ihr Zimmer schaute, sah ich sie bäuchlings auf dem Bett liegen. Sie las etwas, und ihre aufgestellten Unterschenkel wippten in der Luft, während an den Zehen des einen Fußes noch ganz vergessen ein roter Schuh baumelte.
    «Kaffee?»
    «Da steht welcher. Bedien dich.»
    «Danke.»
    Ich betrat ihr Zimmer und schenkte mir einen schwarzen Kaffee aus der Pressfilterkanne ein, die sie fast durchgängig in Betrieb hatte. Als sie ihr Buch zuschlug, sah ich, dass es sich um
La Femme et le Pantin
von Pierre Louÿs handelte. Ich war mir ziemlich sicher, dass es dasselbe Buch war, zu dessen Lektüre sie neulich an sich herumgespielt hatte.
    «Ist das ein gutes Buch?», konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen.
    Sie schwieg, als müsste sie erst über die Frage nachdenken.
    «Es ist ein Klassiker – wenn man Erotika des späten neunzehnten Jahrhunderts mag.»
    Violet warf das Buch auf den Teppich. Ich rollte mich auf dem riesigen lilafarbenen Sitzsack zusammen, der in einer Ecke des Zimmers lag.
    «Aber bist du nicht grade mittendrin?»
    «Ich hab’s schon mal gelesen. Sogar ziemlich oft.»
    Ich war gezwungen, meine Unwissenheit zu offenbaren. «Ich fürchte, ich verstehe kein Französisch.»
    «Nein? Warte.»
    Ihre Antwort klang, als hätte ich ihr soeben gestanden, das Alphabet nicht zu beherrschen, doch sie stand blitzschnell auf, um eine übersetzte Ausgabe des Buches aus ihrem Regal zu ziehen. Ich nahm es neugierig in die Hand, wollte aber eigentlich mit ihr über die Debatte im Studentenparlament sprechen.
    «Ich spreche nächsten Donnerstag vorm Studentenparlament.»
    «Über Regierungs-Bordelle? Ich hoffe, du bist dagegen.»
    «Ja, das bin ich tatsächlich. Giles Lancaster hat meinen Namen ins Spiel gebracht. Aber für die Opposition.»
    «Dann gehörst du ja zu der Gruppe von James   … äh, Dr.   McLean. Er eröffnet die Debatte als Gastredner.»
    «Super. Dann können wir ja vielleicht vorher unsere Aufzeichnungen abgleichen. Wenn er nichts dagegen hat.»
    Ihr schien ein bisschen unbehaglich zumute zu sein, als sie sagte: «Er hat ganz bestimmt nichts dagegen. Äh   … aber vielleicht sollte ich dir vorher reinen Wein über mich und James einschenken.»
    «Nicht, wenn du es nicht willst.» Das war eine glatte Lüge, denn die Geschichte faszinierte mich sehr. Glücklicherweise ging sie nicht auf mein Angebot ein.
    «Wir waren zusammen, als ich noch Studentin war.»
    «Hier im St.   Boniface College?»
    «Nein. Im New College. Er flog deshalb raus.»
    «Und du?»
    «Soweit es die Verantwortlichen anging, war ich das unschuldige Opfer. Man hat mich zur psychologischen Betreuung geschickt.»
    Sie verzog leicht nervös, aber auch ein wenig aufsässig das Gesicht, sodass ich mich genötigt sah, sie zu beruhigen.
    «Keine Sorge, das macht mir nichts aus. Weshalb auch?»
    Violet biss sich auf die Lippe und sah für einen Moment lang aus, als wäre sie den Tränen nahe. Ich ging auf die Knie, nahm sie kurz in den Arm und ließ sie dann weitersprechen.
    «Danke. Die Geschichte war ziemlich stressig, das

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