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Noras Erziehung

Noras Erziehung

Titel: Noras Erziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Belle
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kannst du dir sicher vorstellen. Sehr stressig sogar. Und zwar bis zum heutigen Tag.»
    «Das hab ich mir schon gedacht. Lass mich raten. Du hast das Gefühl, er hat dich gedrängt, und jetzt kommst du nicht mehr von ihm los?»
    «Nein. Genau das Gegenteil. Ich habe ihn verführt.»

5
    Mir gelang es zwar nicht, Violet die ganze Geschichte zu entlocken, aber als ich abends im Bett lag und in dem Buch von ihr las, hatte ich das Gefühl, zumindest einen gewissen Einblick in ihr Gefühlsleben zu bekommen. Violet hatte das Werk als Erotika bezeichnet, aber eigentlich ging es darin gar nicht so sehr um Sex, sondern um besessene Liebe, Grausamkeit und Manipulation. Es war ganz wunderbar geschrieben. Das spanische Sevilla des 19.   Jahrhunderts erstand sofort ganz plastisch vor meinen Augen, und ich wurde in die aufgeladenen Emotionen des Erzählers förmlich hineingezogen. Wäre der Titel nicht gewesen – in der Übersetzung hieß der Roman «Der Teufel ist ein Weib»   –, ich hätte nicht gewusst, wer hier wen manipulierte. Der Erzähler, Don Matteo, war ein reifer, wohlhabender, selbstbewusster Herr – also alles, was man von einem lüsternen älteren Mann erwartete. Das Mädchen Concepcion oder auch Conchita dagegen war jung und offensichtlich äußerst verletzbar und naiv. Erst im weiteren Verlauf des Buches wurde klar, dass sie mehr als nur einen Hauch des Bösen in sich trug und er, zumindest bis zu einem gewissen Grad, das willige Opfer war.
    Als ich mich schließlich nicht mehr richtig konzentrieren konnte, legte ich das Buch beiseite. Mein Kopf war angefüllt mit Bildern von sonnendurchfluteten spanischen Straßen, dunklen Fenstern und noch dunkleren, sinnliche Genüsse versprechenden Augen, die sie in letzter Minute aber doch verwehrten. Ich empfand Mitleid für Don Matteo,aber auch große Sympathie für Conchita. Mir bereitete es ein wildes und gleichzeitig schuldbehaftetes Vergnügen, wie sie ihn anscheinend aus keinem besseren Grund quälte, als sich an seiner Frustration zu ergötzen. Das Einzige, was ich bisher nicht empfunden hatte, war Erregung. Ich hegte keinerlei Wunsch, einen Mann so zu behandeln und auch nicht, auf diese Art und Weise behandelt zu werden. Ich fragte mich, was Violet wohl empfand und ob ihre Affäre mit James McLean wirklich die von Conchita und Don Matteo widerspiegelte.
    Zum Glück hatten wir Wochenende, denn nachdem ich sehr spät aufgewacht war, machte ich mir nur schnell einen Kaffee und setzte danach augenblicklich meine Lektüre fort. Nach ein paar Seiten kam ich zu einer weitaus besseren Szene, in der Conchita Don Matteo eröffnete, dass sie nackt vor anderen Männern tanzte. Das brachte seine Lust und seine Eifersucht zum Siedepunkt. Sie ging mit unglaublichem Geschick ans Werk, flirtete, spielte die Unschuldige und stellte die völlige Hingabe in Aussicht, nur um sich in letzter Minute doch zu verweigern. Und dabei stellte sie die ganze Zeit ihn als den Aggressor hin. Schließlich ging es mit ihm durch, und er nahm sie sich einfach. Und genau darauf hatte sie es von Anfang an angelegt.
    Einen Mann so lange zu provozieren, bis er die Kontrolle über sich verlor, war eine Vorstellung, die ich durchaus reizvoll fand. Das erinnerte mich daran, wie Stephen sich in unserer ersten gemeinsamen Nacht nach nur einem Kuss verhalten hatte. Ich konnte mir gut vorstellen, dass Violet dazu auch in der Lage war. Und was immer sie vielleicht früher zurückgehalten hatte, nach den Geräuschen aus ihrem Zimmer neulich zu urteilen, wusste ich, dass sie sich ihm mittlerweile völlig ergeben hatte. Wenn man ihrenWorten Glauben schenken konnte, hatte sie ihn verführt. Und das legte nahe, dass er sich anfänglich gewehrt, sie seinen Willen aber gebrochen hatte, sodass man ihn schließlich sogar aus dem College geworfen hatte. Kein Wunder, dass ihre Beziehung stürmisch war. Und dennoch kehrte er immer wieder zu ihr zurück.
    Ich hatte noch nie derartige Kontrolle über einen Mann gehabt und fand die Vorstellung äußerst fesselnd, aber irgendwie auch seltsam. Violet war hübsch und hatte etwas überaus Lüsternes, Sinnliches an sich. Selbst mit ihren extrem schmalen Hüften und dem kaum erwähnenswerten Busen war sie doch außerordentlich weiblich. Offensichtlich ging Dr.   McLeans Interesse an ihr weit über bloße Körperlichkeit hinaus. So gebildet und intelligent, wie er schien, war das nicht weiter verwunderlich. Aber auch er war ausgesprochen attraktiv und hatte zweifellos ebenfalls

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