Noras großer Traum (German Edition)
Notsituation vorlag, baten sie die jeweilige Schwester, sich bei dem Patienten zu erkundigen, ob er mit ein paar Fragen oder einem Foto einverstanden wäre. Das waren die meisten dann auch, so dass Nora sich einiges notieren konnte und Martin zu ersten Fotos aus dem Klinikalltag kam. Als sie abends gemeinsam zum Hotel gingen, um sich für das Abendessen frisch zu machen und ihre Sachen zu verstauen, grinste Martin Nora von der Seite an.
»Na?«
»Was, na?«
Sie war müde und freute sich auf eine kleine Ruhepause vor dem Abendessen.
Er hängte sich seine Kameratasche über die Schulter.
»Ich meine: Na? Bist du mit dem Tag zufrieden?«
»Ja, ich denke, wir können beide zufrieden sein, oder? Es läuft doch alles richtig gut. Wenn es so weitergeht, werden wir die beste Reportage über Australiens Outback und die Flying Doctors abliefern, die es je gegeben hat, Mr. Sanders.«
Er legte einen Arm um ihre Schultern und stimmte ihr zu. »Genau, Mrs. Bergmann.«
Nachdem sie sich erfrischt und umgezogen hatten, wollten sich die beiden auf dem Flur treffen, um gemeinsam hinunterzugehen. Nora wartete auf Martin und lehnte sich gegen die Wand. Ihre Finger spielten mit dem Zimmerschlüssel.
Sie war froh darüber, Martin an ihrer Seite zu haben. Er war ein stets gut gelaunter und ausgeglichener Kollege, mit dem sie gerne zusammenarbeitete. Obwohl sie ihn noch nicht lange kannte, schätzte sie ihn bereits wie einen richtig guten Freund. Bei ihrer ersten Begegnung hätte sie das nicht sofort für möglich gehalten. Sein Äußeres ließ ein wenig auf einen erfolgsgewohnten Frauenhelden schließen – braungebrannt, dunkle Locken, dunkle Augen, lässiges Auftreten eines weit gereisten Fotografen. Schnell hatte sie jedoch erkannt, dass er zwar über ein gesundes Selbstvertrauen und ein schier unerschöpfliches Maß an Humor verfügte, daneben aber ruhig und professionell arbeiten konnte und anderen jederzeit hilfsbereit zur Seite stand. Auch die Sorge nach seinem Sturz und die gemeinsam durchgestandene Hilfsaktion hatten sie einander näher gebracht und sie feststellen lassen, dass sie ein gutes Team bildeten.
Als sich Martins Tür öffnete, sah sie auf. Wie immer grinste er sie fröhlich an. Dann blickte er an ihrem hellen Sommerkleid hinunter, bis zu den dazu passenden Sandalen. Sie wurde nervös.
»Was ist denn? Bin ich falsch angezogen? Sag schon! Dann kann ich mich noch schnell umziehen. Martin!«
Dieser strahlte sie an. »Du siehst einfach klasse aus, Nora. Ich habe mich nur gefragt, wer heute Abend noch einen Blick an mich verschwenden wird.«
Sie hakte sich bei ihm ein und lächelte erleichtert. »Na, wer schon? Alle Damen werden wie immer verrückt nach dir sein, das weißt du doch.« Dann wurde sie ernst und blieb stehen. »Ich bin froh, Martin, dass du dabei bist. Es macht Spaß, mit dir zu arbeiten.«
Nun war auch er ernst geworden und sah sie an.
»Das Kompliment kann ich gleich zurückgeben. Ich arbeite auch sehr gern mit dir, und ... Nora, du bist eine tolle Frau.« Sie schluckte. »Gut, dass es hier so dunkel ist. Ich glaube, ich bin gerade rot geworden.«
Er lachte. »Los, komm jetzt. Wir haben heute Gäste.«
Der Abend verlief unkompliziert und angenehm. Martin half Nora über deren anfängliche Verlegenheit hinweg, ohne dass es die anderen groß mitbekamen. Nora liebte es nicht, im Mittelpunkt zu stehen, also hatte Martin ganz locker angefangen über ihre bisherigen Erfahrungen in Australien zu sprechen. Munter erzählte er gerade von ihrer Reise im Indian Pacific und den Menschen, die sie dort getroffen hatten. Immer wieder hob er lustige Episoden hervor, in deren Verlauf er Nora mit Fragen zum Weitererzählen animierte, so dass sie schließlich gemeinsam berichteten.
Nach einiger Zeit konnte Nora für sich feststellen, dass sie alle am Tisch mochte. Neu hinzugekommen waren noch Dr. Jason Lewis, offensichtlich der jüngste unter den Ärzten, ein ruhiger, freundlicher Mann mit einem verschmitzten Lächeln, und Greg Wilson, der Funker, ein Mann mittleren Alters, der sicherlich auch sehr resolut sein konnte, das Herz aber wohl auf dem rechten Fleck hatte. Während Martin gerade wieder alle mit einer witzigen Geschichte unterhielt, ließ Nora einen Moment ihre Gedanken abschweifen. Sie drehte versonnen den Fuß ihres Weinglases und beobachtete, wie sich das Licht in ihrem dunklen Rotwein spiegelte. Sie fühlte sich glücklich und zufrieden.
Es erschien ihr fast ein wenig unglaublich, wie nett sie
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