Noras großer Traum (German Edition)
oder?«
Sie hakte sich bei ihm ein. »Ja. Und du bist ein fabelhafter Gastgeber gewesen.« Sie waren an ihrer Zimmertür angekommen. Er gab ihr einen brüderlichen Kuss auf die Stirn. »Schlaf schön, bis morgen. Du warst übrigens auch toll.«
»Schlaf auch gut, Martin.«
7
T om beugte sich über den kleinen Jungen, aus dessen verheilter Kopfwunde er gerade die Fäden gezogen hatte.
»So, Stevie, beim nächsten Mal kletterst du aber nur noch so hoch in den Baum, wie du bequem wieder runterkommst, versprochen?«
Der Kleine nickte, und Lisa, die als Schwester assistiert hatte, lächelte ihn an und reichte ihm ein kleines Spielzeug.
»Hier, das ist für dich, weil du so tapfer warst.«
Stevie bedankte sich und lief zu seiner großen Schwester, die mit ihm hier auf die Nachbarfarm der Spencers gekommen war, wo die heutige Kliniktour-Sprechstunde abgehalten wurde.
Nora hatte bei der Behandlung zugesehen und beim Ziehen der Fäden schmerzhaft das Gesicht verzogen, während der Junge durch den Faxen machenden Martin abgelenkt war, der ihm ein tolles Erinnerungsfoto davon versprach. Tom seufzte und sah Lisa an. »War’s das für heute?«
Sie schaute in ihre Unterlagen und nickte. »Ja, mehr hatten sich nicht angemeldet.«
Beide räumten die Behandlungskoffer wieder ein und stellten alles bereit. Vor dem Abflug wollten sie jedoch noch eine Tasse Tee trinken und sich für die Gastfreundschaft bedanken. Phil kam auf sie zu. Sein weißes Pilotenhemd war wie meistens bereits völlig zerknittert.
»Na, haben wir es geschafft?«
»Wir ist gut«, antwortete Tom und kaute einen Keks zu seinem Tee. Er sah müde aus. Auch Lisa strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn und nahm einen Schluck Tee. Phil griff sich einen Arztkoffer und die Kühlbox und machte sich daran, alles im Geländewagen der Spencers zu verstauen. Mr. Spencer würde sie gleich zur Landepiste und zur RFDS-Maschine bringen, mit der sie wieder heim nach Cameron Downs fliegen würden.
Während Martin die Terrasse betrat und sofort anfing mit Lisa zu scherzen, blickte Tom sich suchend nach Nora um. Schließlich sah er sie in einiger Entfernung an einem Gatter stehen und einige Pferde streicheln. Langsam schlenderte er zu ihr.
»Hallo! Ihr Bedarf an Krankheitsfällen ist für heute wohl gedeckt, oder warum ziehen Sie sich zu den Tieren zurück?«
Sie lächelte und strich einem besonders neugierigen Pferd über die Nüstern.
»Nein, gar nicht. Es war sehr spannend, Sie bei der Arbeit zu beobachten. Aber die Pferde hier wollte ich mir auch anschauen.« Sie machte eine kleine Pause und sah in die Ferne. »Ich möchte einfach so viel wie möglich von Ihrem Land sehen. Es fasziniert mich schon seit Jahren. Besonders interessiert mich auch die Kultur der Aborigines und ihre heutige Lebensweise. Haben Sie viele Patienten unter den Aborigines, oder stößt der Flying Doctor Service dort eher auf Ablehnung?«
Nachdenklich zupfte Tom an einer Pferdemähne.
»Ablehnung eigentlich weniger. Obwohl sich nicht alle von uns behandeln lassen. Nein, es sind schon eine ganze Menge, die Vertrauen zu uns haben.« Er sah Nora wieder an. »Ich habe mich vor einiger Zeit für eine Initiative eingesetzt, die sich darum bemüht, die Lebensbedingungen der Aborigines zu verbessern. Wir möchten besonders den Jugendlichen Perspektiven und Ausbildungsmöglichkeiten vermitteln, ohne dass sie ihre Kultur aufgeben müssen, wie das früher in den Missionsstationen häufig geschehen ist. Es ist mir dabei eigentlich eher zufällig gelungen, einige Aborigines-Künstler ganz unterschiedlicher Altersgruppen zur Gründung einer gemeinsamen Werkstatt zu bewegen, die Kunst für die Öffentlichkeit und Touristen anfertigt. Sie können so erfolgreich und auch würdevoll ihre Gemeinschaft fördern und unterstützen, ohne jedoch die tief verwurzelten Stammesgeheimnisse preiszugeben.« Tom machte eine kleine Pause und lächelte vor sich hin. »Mittlerweile habe ich sämtliche Ärzte und Schwestern dafür gewinnen können, ihre Beziehungen überallhin zu nutzen, um diese Künstlerwerkstatt bekannt zu machen und zu fördern. Auf diese Weise bekommen die Aborigines für ihre Werke nicht mehr nur den früher üblichen Hungerlohn, sondern eine angemessene Bezahlung. Die Käufer andererseits erhalten garantiert echte Outback-Kunst. So müssen sich die Künstler nicht mehr als Almosenempfänger fühlen, sondern können Kreativität mit Eigeninitiative und Geschäftssinn verbinden, ohne ihre eigene
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