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Noras großer Traum (German Edition)

Noras großer Traum (German Edition)

Titel: Noras großer Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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Während Nora sich dazu zwang, ruhig zu bleiben, tauchten vor ihrem inneren Auge sämtliche Berichte über Australiens Giftschlangen auf, die sie je gelesen hatte. Sie glaubte sich daran erinnern zu können, dass dieses Land – neben allerlei anderem gefährlichen Getier – allein hundertzwanzig Arten unterschiedlicher Schlangen beherbergte, von denen etwa die Hälfte giftig war. Das Gift des Taipans wirkte so schnell, dass das Opfer kaum noch Zeit hatte, feststellen zu können, dass es gebissen worden war. Energisch verdrängte Nora nun diese Gedanken und versuchte die Kleine abzulenken und damit zu beruhigen, dass sie ihr davon erzählte, wie ihre Mutter mit einem Flugzeug ins Krankenhaus gebracht worden sei und dass es ihr sicher schon besser gehe.
    Das Mädchen hatte aufmerksam zugehört und sah ernst zu ihr auf.
    »Und Dennis? Wird er im Krankenhaus auch wieder gesund?« Nora schluckte und drückte sie an sich.
    »Das müssen wir abwarten. Der Arzt ist aber schon bei ihm.«
    Voller Angst konnte sie jetzt beobachten, wie Tom dem haltlos weinenden Mann seinen Sohn abnahm und ihn vorsichtig auf den Boden legte. Auch aus der Entfernung sah sie die Anspannung in Toms Gesicht, der blitzschnell handelte und offensichtlich alles tat, was man nur tun konnte. Aber es war zu spät. Als er sich aufrichtete und ernst den Kopf schüttelte, schloss Nora die Augen. Alles in ihrem Inneren weigerte sich, das zu glauben, was sie eben gesehen hatten. Der Mann war nun völlig zusammengebrochen und kauerte neben seinem Sohn. Unter den Umstehenden der Suchmannschaft herrschte betroffenes Schweigen. Zwei der Männer waren neben den Vater getreten, dem Tom inzwischen eine Spritze verabreichte. Sie halfen ihm auf und führten ihn zur Straße. Zwei weitere legten den toten Jungen auf eine Trage, deckten ihn zu und machten sich ebenfalls auf den Weg zu den Wagen.
    Das Mädchen hatte sich aus Noras Arm gewunden und beobachtete die Szene. Tränen standen in ihren braunen Augen, als sie zu Nora aufsah.
    »Ist Dennis tot?«
    Nora war kurz davor, die Fassung zu verlieren. Nicht im Entferntesten hatte sie mit einer solchen Tragödie gerechnet. Für dieses Mädchen hier riss sie sich jetzt aber zusammen. Noch nie hatte sie sich in einer vergleichbaren Situation befunden. Sie wollte dem Kind keinen weiteren Schaden zufügen, also überlegte sie kurz. Als Mutter war sie ihren Kindern gegenüber immer ehrlich gewesen, und so beschloss sie, auch jetzt bei der Wahrheit zu bleiben.
    Sie ging in die Hocke, griff nach den Händen der Kleinen und zog sie zu sich heran. Ernst sah sie ihr in die Augen und nickte dann.
    »Ja, Joanna.«
    Als sie das Kind erneut an sich drückte, konnte sie sehen, wie Tom, der allein zurückgeblieben war, mit der flachen Hand gegen einen Baum schlug, sich dann mit beiden Händen über die Schläfen fuhr und anschließend in die Wildnis starrte. Martin kam unsicher auf sie zu. Auch er sah mitgenommen aus.
    Dennoch ging er in die Hocke und sah die Kleine an.
    »Hallo, ich bin Martin. Du heißt Joanna, nicht?« Als das Mädchen nickte, sagte er: »Komm, du fährst bei uns im Auto mit. Dann kannst du schnell bei deiner Mama sein. Die wartet sicher schon auf dich.«
    Joanna griff nach Noras Hand und schweigend gingen sie zur Straße, wo Sergeant Williams die Suchmannschaften auflöste und die Ausrüstung zusammenpackte. Nora setzte das Mädchen auf die Motorhaube eines Geländewagens und reichte ihm die Wasserflasche.
    »Hier, Joanna. Bitte trink so viel du kannst. Du brauchst jetzt viel Flüssigkeit, sonst wirst du auch noch krank.«
    Martin kramte in der Tasche seiner Kamera.
    »Sieh mal. Auch wenn du keinen Hunger hast, diese Traubenzuckerwürfel schmecken dir bestimmt und werden dir gut tun.«
    Als Tom auf die Straße trat, wechselte der Sergeant ein paar Worte mit ihm. Tom nickte und kam dann auf den Wagen zu. Auch er sprach mit dem Mädchen und untersuchte es kurz, bevor sie sich auf den Heimweg machten. Nora setzte sich mit dem Kind nach hinten, während Martin vorn neben Tom Platz nahm. Sie hatte erneut einen Arm um das Mädchen gelegt und strich ihm mechanisch immer wieder sanft über den Kopf. Nach einer Weile schien die körperliche Erschöpfung der Kleinen über ihren Kummer zu siegen, und sie schlief an Nora gelehnt ein.
    Voller Entsetzen dachte Nora daran, was Joannas Mutter nun noch bevorstand. Wie verkraftete man den Tod eines Kindes?
    Nora schauderte innerlich. In ihrer ausgeprägten Vorstellungskraft erkannte

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