Nord gegen Süd
Befestigung; das gewährte natürlich der fremdartigen und verbrecherischen Persönlichkeit, die hier gewöhnlich einen Schlupfwinkel fand, ungestörte Sicherheit, und daher rührte auch das bisher unentschleierte Geheimniß, welches das Privatleben Texar’s umhüllte.
Man hätte einen Ariadnefaden gebraucht, um sich durch dieses immer dunkle Labyrinth zu finden, welches die Sonne nicht einmal, wenn sie im Mittag stand, durchleuchtete. In Ermangelung dieses Fadens konnte es nur der Zufall geben, die Central-Insel der Schwarzen Bucht zu entdecken.
Dieser unbewußten Führung mußten sich also auch Gilbert und Mars anvertrauen. Ueber den ersten freien Einschnitt hinweggekommen, steuerten sie in die Canäle ein, deren Gewässer jetzt mit der steigenden Fluth anwuchs, so daß selbst die engsten Durchlässe fahrbar schienen. Sie drangen dabei vorwärts, als triebe sie ein geheimes Vorgefühl, ohne sich zu fragen, wie sie wohl den Rückweg finden würden. Da sie einmal die ganze Grafschaft bis in’s Kleinste durchsuchen wollten, so sollte auch kein Winkel in dieser Lagune ihrer Besichtigung entgehen.
Nach einer halbstündigen Anstrengung mochten sie, wie Gilbert es schätzte, wohl eine gute Meile in die Bucht eingedrungen sein. Mehr als einmal hatten sie sich dabei, vor ein undurchdringliches Uferstück gelangt, wieder rückwärts wenden müssen, um eine andere Durchfahrt zu entdecken, doch bestand kein Zweifel darüber, daß sie sich in der Hauptrichtung nach Westen hin fortbewegten. Weder der junge Officier noch Mars hatte daran gedacht, an’s Land zu gehen, was auch seine Schwierigkeiten gehabt hätte, da der Boden aller dieser Eilande den mittleren Wasserstand des Flusses nur um wenige Fuß überragte.
Es waren kleine Thäler mit Farren und Ambrabüschen. (S. 802)
Jedenfalls schien es besser, das leichte Boot nicht eher zu verlassen, als bis eintretender Wassermangel dessen weiteres Vorwärtskommen verhinderte.
Dennoch hatten Gilbert und Mars diese eine Meile nur unter großer Anstrengung zurücklegen können. So kräftig er auch war, mußte der Mestize wohl ein wenig ausruhen. Er wollte das aber nicht früher, als bis sie ein größeres und höher ansteigendes Eiland erreicht haben würden, auf das durch Lücken in den Bäumen wenigstens einige Sonnenstrahlen herniederfielen.
»Da, das ist auffallend, sagte er plötzlich.
– Was meinst Du? fragte Gilbert.
– Dieses Eiland zeigt Spuren von Cultur,« antwortete Mars.
Beide sprangen ans Land und sahen, daß sie sich auf einem minder sumpfigen Ufer befanden.
Mars täuschte sich nicht; hier verriethen sich deutliche Spuren eines stattfindenden Anbaues. Da und dort sproßten einige Ignamen, und der Erdboden zeigte vier bis fünf offenbar von Menschenhänden gezogene Furchen; überdies stak noch eine zurückgelassene Haue in der Erde.
»Die Bucht ist demnach bewohnt?… fragte Gilbert.
– Das könnte man wohl glauben, erwiderte Mars, mindestens ist sie wahrscheinlich Waldläufern bekannt, vielleicht auch nomadisirenden Indianern, welche sich hier einiges Gemüse züchten.
– Dann wäre es auch nicht unmöglich, daß dieselben sich Wohnstätten… Hütten erbaut hätten…
– Nun, Herr Gilbert, wenn es nur eine solche giebt, werden wir sie auch finden.«
Sie hatten natürlich ein großes Interesse, zu wissen, welcher Art Leute diese Schwarze Bucht besuchen mochten, ob es sich dabei nur um Jäger aus den unteren Gebieten oder um Seminolen handelte, von denen manche Banden noch immer durch die Sumpfländereien Floridas streifen. Ohne an die Rückkehr zu denken, begaben sich Gilbert und Mars also wieder in ihr Boot und drangen noch tiefer in die Schlangenwege der Bucht ein. Es schien, als ob eine Art Ahnung sie gerade nach den düstersten Theilen derselben hinzöge. Ihre an die verhältnißmäßige Dunkelheit, welche das dichte Laubwerk auf den Eilanden unterhielt, schon gewöhnten Blicke wandten sich nach allen Richtungen hin. Manchmal glaubten sie schon eine Wohnung zu entdecken, während es sich nur um einen von Baum zu Baum reichenden Blättervorhang handelte. Bald wieder sagten sie: »Da ist ein Mensch, der still steht und uns beobachtet!« – und es war doch nur ein seltsam gewundener alter Baumstumpf, dessen Profil einigermaßen die Seitenansicht eines Menschen wiedergab. Dann lauschten sie wieder voller Spannung… konnte ihnen die Kunde, welche sie durch die Augen nicht erhielten, vielleicht durch die Ohren werden? Es genügte ja das
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