Nord gegen Süd
sich plötzlich unterbrachen.
Einer der Beiden schritt mit einer Laterne in der Hand auf Zermah’s Zimmer zu. Diese fand nur noch Zeit, sich auf das Blätterlager zu werfen, um das in der Seitenwand ausgehöhlte Loch zu verdecken.
Texar – denn dieser war es – öffnete die Thür ein wenig, blickte in das Zimmer, zog sich aber, als er die Mestizin neben dem kleinen Mädchen ausgestreckt liegen und scheinbar tief schlafend sah, langsam wieder zurück.
Dann nahm Zermah ihren Platz an der zugeschlagenen Thür wieder ein.
Wenn sie nicht sehen konnte, was im anderen Zimmer vorging, noch den, der mit Texar sprach, zu erkennen vermochte, so konnte sie doch hören.
Und dabei vernahm sie Folgendes.
Zwölftes Capitel.
Was Zermah hörte.
»Du, auf der Insel Carneral?
– Ja, seit einigen Stunden.
– Ich glaubte Du seiest jetzt in Adamsville 1 in der Umgebung des Apopka-Sees 2 ?
– Da war ich vor acht Tagen.
– Und warum bist Du hierher gekommen?
– Weil es mir unumgänglich nöthig schien.
– Wir dürfen uns, das weißt Du ja, niemals begegnen, außer im Sumpfe der Schwarzen Bucht, und auch dann nur, wenn ein paar Zeilen von Dir mich vorher davon verständigt haben.
– Ich wiederhole Dir, ich mußte unverzüglich davon gehen und mich nach den Evergladen flüchten.
– Warum?
– Das wirst Du gleich hören.
– Riskirst Du nicht, uns zu compromittiren?…
– Nein, ich bin in der Nacht gekommen, und keiner Deiner Sclaven hat mich sehen können.«
Wenn Zermah von diesem Gespräch zunächst nichts verstand, so errieth sie ebensowenig, wer dieser so wenig erwartete Gast des Wigwams sein möge. Ganz bestimmt waren hier zwei Männer, welche sprachen, und doch hatte es den Anschein, als ob es nur ein Einziger wäre, der Fragen stellte und Antwort gab.
Bei der ganz gleichen Färbung und Stärke der Stimme mußte man annehmen, daß jene Worte alle aus ein und demselben Munde kämen. Vergeblich bemühte sich Zermah, durch einen Spalt der Thüre zu blicken. Das nur schwach erleuchtete Zimmer lag in einer Art Halbschatten, der nicht das Geringste zu erkennen gestattete. Die Mestizin mußte sich also damit begnügen, möglichst viel von diesem Zwiegespräch, das für sie von größter Bedeutung sein konnte, zu erlauschen.
Nach kurzem Stillschweigen fuhren die beiden Männer wie folgt fort. Offenbar war es Texar, der die Frage stellte:
»Du bist nicht allein gekommen?
– Nein, einige unserer verläßlichsten Genossen haben mich bis nach den Evergladen begleitet.
– Wie viele sind es?
– Gegen vierzig.
– Fürchtest Du denn nicht, daß sie durchschauen lernen könnten, was wir seit so langer Zeit geheim zu halten vermochten?
– Keineswegs. Sie werden uns eben nie beisammen sehen. Wenn sie von der Insel Carneral wieder abziehen, wissen sie auch noch weiter nichts, und im Programm unseres Lebens tritt also keine Veränderung ein.«
Hier glaubte Zermah das Einschlagen zweier Hände in einander zu hören, als ob die Männer damit diese Worte bekräftigen wollten.
Dann wurde das Zwiegespräch mit folgenden Worten weiter geführt:
»Was ist denn seit der Einnahme von Jacksonville vorgefallen?
– O, eine ziemlich ernsthafte Sache. Du weißt doch, daß Dupont sich Saint-Augustines bemächtigt hat?
– Ja, das weiß ich; und Dir kann ja nicht wohl unbekannt sein, warum ich das wissen muß.
– Nein, wirklich nicht! Die Geschichte mit dem Eisenbahnzug bei Fernandina ist Dir wieder prächtig zu statten gekommen, um ein Alibi nachzuweisen, auf Grund dessen der dortige Kriegsrath Dich wohl oder übel freilassen mußte.
– Und dazu schien er vorher nicht besonders Lust zu haben! – Bah!
– ‘Sist ja nicht das erstemal, daß wir den Gerichten auf diese Weise ein Schnippchen schlagen…
– Und wird auch nicht das letzte Mal gewesen sein. Vielleicht weißt Du aber doch nicht, was die Föderirten mit der Einnahme von Saint-Augustine eigentlich bezweckten. Es kam ihnen weniger darauf an, die Hauptstadt der Grafschaft Saint-John in ihre Gewalt zu bringen, als die Blockade auf die ganze Küste des Atlantischen Oceans auszudehnen.
– Das ist mir gerüchtweise zu Ohren gekommen.
– Nun wohl; aber die Ueberwachung der Küste von den Mündungen des Saint-John bis zu den Bahama-Inseln erschien Dupont noch nicht hinreichend, der jedem Verkehr mit Kriegscontrebande auch im Innern Floridas ein Ende machen wollte. Zu diesem Zwecke sandte er also zwei Schaluppen mit einer Abtheilung See-Soldaten und unter Führung
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