Nord gegen Süd
schien, bis zum letzten den Worten zu lauschen, welche zwischen Texar und seinem Genossen gewechselt wurden. Sollten sie nach Beendigung dieses Gesprächs etwa in Schlaf versinken, da würde es für sie Zeit sein, eine Flucht zu wagen, die jetzt nothwendig geworden war, ehe sie noch weiter hinaus verschleppt wurde.
Offenbar befand sich der Spanier in der Lage eines Mannes, der alles von dem mit ihm sprechenden Anderen zu erfahren hat. So fuhr er denn auch fort zu fragen:
»Was giebt es denn Neues im Norden?
– Nichts von Bedeutung. Leider scheint es allerdings, als ob die Föderirten allenthalben im Vortheil blieben, und es ist wohl zu befürchten, daß die Sache der Sclaverei endgiltig eine verlorene ist.
– Bah! rief Texar mit sehr gleichgiltigem Ausdruck.
– Im Grunde genommen halten wir Beide es ja ebenso wenig mit dem Süden wie mit dem Norden, meinte der Andere.
– Nein; und es handelt sich nur darum, während beide Parteien sich zerfleischen, immer auf der Seite zu stehen, wo am meisten zu holen ist.«
Mit diesem Ausspruche enthüllte Texar sein Inneres vollständig. Im trüben Wasser des Bürgerkrieges zum eigenen Vortheile zu fischen, das war der einzige Zweck, den diese beiden Männer im Auge hatten.
»Doch, fügte er hinzu, was hat sich speciell in Florida seit den letzten acht Tagen ereignet?
– Nichts, was Dir unbekannt wäre. Stevens beherrscht noch immer den Fluß bis hinauf nach Picolata.
– Und es weist nichts darauf hin, daß er noch über diesen Punkt hinaus stromaufwärts zu gehen beabsichtigte?
– Nein, nach dem Süden der Grafschaft dehnen die Kanonenboote ihre Recognoscirungen nicht aus. Uebrigens glaub’ ich, wird diese Occupation bald zu Ende sein, und in diesem Falle steht der Fluß dem Verkehre der Conföderirten wieder völlig offen.
– Wie kommst Du zu dieser Ansicht?
– Nun, es geht schon das Gerücht, Dupont beabsichtige, von Florida in nächster Zukunft ganz wieder abzuziehen und nur zwei oder drei Schiffe zur Blockade der Küsten zurückzulassen.
– Wäre das möglich?
– Ich wiederhole Dir, daß davon die Rede ist, und wenn es so weit kommt, wird Saint-Augustine bald geräumt sein.
– Und Jacksonville?…
– Jacksonville ebenso.
– Alle Wetter! Dann könnt’ ich also dahin zurückkehren, unseren Ausschuß wieder zusammenrufen und den mir durch die Föderirten geraubten Platz wieder einnehmen! Ah, verdammte Nordstaatler, laßt mich nur noch einmal zur Gewalt kommen – ich will schon davon Gebrauch machen!…
– Bravo!
– Und wenn James Burbank und seine Familie Camdleß-Bay noch nicht verlassen, wenn sie sich nicht durch die Flucht meiner Rache entzogen haben, so werden sie mir diesmal nicht wieder entschlüpfen.
– Einverstanden! Was Du durch diese Leute zu leiden hattest, litt ich ja mit! Was Du willst, will ich auch! Was Du hassest, hasse auch ich! Wir Beide bilden ja immer nur…
– Ja wohl, nur Einen!« schloß Texar.
Das Gespräch wurde einen Augenblick unterbrochen. Gläsergeklirr verrieth Zermah, daß der Spanier und »der Andere« mit einander tranken.
Zermah war wie angewurzelt. Nach dem was sie gehört, schien es, als ob diese beiden Männer gleichen Theil an den in letzterer Zeit in Florida und im Besonderen gegen die Familie Burbank gerichteten Verbrechen hätten, das trat ihr noch deutlicher vor Augen, als sie Jenen noch eine halbe Stunde zuhörte. Nun wurden ihr verschiedene Vorkommnisse aus dem Leben des Spaniers klar Immer aber war es dieselbe Stimme, welche Fragen stellte und Antwort ertheilte, als wäre Texar allein im Zimmer gewesen. Hier lag noch ein Räthsel vor, an dessen Lösung der Mestizin begreiflicherweise sehr viel gelegen sein mußte. Doch wenn diese Elenden nur zu der Ahnung kamen, daß Zermah wenigstens in einen Theil ihrer Geheimnisse eingedrungen war, würden sie wohl einen Augenblick gezögert haben, diese Gefahr dadurch, daß sie die Frau umbrachten, abzuwenden? Was sollte aber aus dem verlassenen Kinde werden, wenn Zermah todt war?
Es mochte jetzt gegen elf Uhr Nachts sein. Das Wetter war noch immer ganz abscheulich. Wind und Regen pfiff und fiel ohne Unterlaß, so daß kaum zu erwarten war, daß Texar und sein Begleiter sich der Unbill der Witterung aussetzen würden. Jedenfalls verbrachten sie die Nacht im Wigwam und verschoben die Ausführung ihrer nächsten Pläne wenigstens bis zum folgenden Tage.
Zermah überzeugte sich davon noch mehr, als sie den Genossen Texar’s – denn dieser mußte es
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