Nord gegen Süd
ehrenwerthe Familie gewiß in unablässiger Angst geschwebt hätte, wenn sie nur ahnen konnte, daß Texar vermuthete, Gilbert Burbank habe sich der Armee des Nordens angeschlossen. Wie er das erfahren hatte, da die Abreise des jungen Mannes doch sehr geheim gehalten worden war… jedenfalls durch Spionage, und wiederholt werden wir sehen, daß verschiedene Spione auf der Lauer waren, ihn von Allem zu unterrichten.
Wenn nun Texar Ursache hatte zu der Annahme, daß der Sohn von James Burbank in den Reihen der Föderirten diente und sich unter dem Befehle des Commodore Dupont befand, so lag auch die Befürchtung nahe, daß er versuchen würde, den jungen Lieutenant in eine Falle zu verlocken, sich seiner Person zu bemächtigen und ihn anzuklagen. Man kann sich leicht genug denken, welches Loos Gilbert erwartete, wenn er den durch die Fortschritte der Nordarmee aufs Höchste erregten Südstaatlern in die Hände fiel.
So war der Zustand der Dinge bei Beginn unserer Erzählung, dies die Lage der Föderirten, welche beinahe bis zur Seegrenze Floridas vorgedrungen waren, und die Stellung der Familie Burbank inmitten der Grafschaft Duval und die Texar’s – nicht allein in Jacksonville, sondern auch im ganzen Gebiete der Sclavenstaaten. Wenn der Spanier sein Ziel erreichte und die Behörden durch seine Parteigänger gestürzt wurden, so mußte es ihm mehr als leicht sein, auf Camdleß-Bay eine gegen die Abolitionisten wüthende Menge zu hetzen.
Etwa eine Stunde nach seiner Trennung von Texar war Squambo wieder an der mittelsten kleinen Insel zurück. Er zog sein Skiff auf das Uferland, ging durch die Umzäunung und stieg die Treppe nach dem Blockhaus hinaus.
»Ist es geschehen? fragte ihn Texar.
– Ja, Herr!
– Nun… Nichts?
– Nichts.«
Sechstes Capitel.
Jacksonville.
»Ja, Zermah, Ihr habt nun einmal das Licht der Welt erblickt, um Sclaven zu sein, bemerkte der Oberverwalter, sein gewohntes Steckenpferd reitend.
»Ist es geschehen?« fragte ihn Texar. (S. 63.)
Ja, Sclaven, nimmermehr aber, um freie Geschöpfe zu werden.
– Das ist meine Ansicht nicht, erwiderte Zermah ruhigen Tones, ohne irgend welche Erregung zu zeigen, da sie an derartige Gespräche mit dem ersten Verwalter von Camdleß-Bay schon gewöhnt war.
– Wohl möglich, Zermah! Doch wie dem auch sei, Ihr werdet Euch endlich zu der Anschauung bekennen müssen, daß es zwischen Weißen und Schwarzen vernünftiger Weise niemals zu einer Gleichstellung kommen kann.
– Das ist schon geschehen, Herr Perry, und ist schon durch die Natur selbst bestimmt worden.
– Ihr täuscht Euch, Zermah, Beweis dafür ist, daß es auf der Erde zehnmal, zwanzigmal – was sag’ ich? – hundertmal mehr Weiße als Schwarze gibt.
– Und deshalb haben Jene die Letzteren ins Sclavenjoch gebeugt, antwortete Zermah. Sie hatten die Macht und haben dieselbe mißbraucht. Wären die Schwarzen in der Ueberzahl auf der Erde gewesen, so würden sie die Weißen zu ihren Sclaven gemacht haben…. Doch nein; sie hätten sich sicherlich gerechter und minder grausam gezeigt!«
Man darf nicht etwa glauben, daß dieses vollkommen müßige Zwiegespräch es verhinderte, daß Zermah und der Oberverwalter in bestem Einvernehmen lebten. In diesem Augenblick hatten sie eben nichts Anderes zu thun, als zu plaudern. Man könnte nur voraussetzen, daß sie dazu einen nützlicheren Gegenstand hätten wählen sollen, und das wäre wohl auch der Fall gewesen, ohne die Grille des Sclavenverwalters, immer und immer wieder die Sclavenfrage zu behandeln.
Sie glitten in schräger Richtung über den Fluß. (S. 66.)
Beide saßen im Hintertheile eines der Boote von Camdleß-Bay, welches vier Mann von der Pflanzung ruderten. Sie glitten in schräger Richtung über den Fluß und begaben sich, von der fallenden Fluth begünstigt, gerade nach Jacksonville.
Der Verwalter hatte daselbst einige Geschäfte für James Burbank zu besorgen, und Zermah wollte verschiedene Toilettegegenstände für die kleine Dy kaufen.
Es war jetzt der 10. Februar. Seit drei Tagen war James Burbank nach dem Castle-House und Texar zur schwarzen Bucht nach jenen Vorgängen in Saint-Augustine zurückgekehrt.
Selbstverständlich hatten Mr. Stannard und seine Tochter schon am folgenden Tage eine kurze Mittheilung von Camdleß-Bay erhalten, welche sie im Auszuge über den letzteingegangenen Brief Gilberts unterrichtete. Diese Neuigkeiten konnten gar nicht zeitig genug eintreffen, um Alice, deren Leben seit dem
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