Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
wenn Sie verstehen, was ich meine.“
Ein Mann, der am Strand gewesen ist, Ranen-Met getrunken hat, betäubt wurde und dann gewaltsam seinen Kopf verloren hat. Benecke fragte sich beim Verlassen des Kühlraums, was wohl mit den anderen Vermissten geschehen war. Der Fall wurde immer rätselhafter. Und anders als es eigentlich hätte sein sollen, führten die zusätzlichen Fakten keineswegs dazu, dass man dadurch mehr Klarheit gewann. Das Gegenteil schien vielmehr der Fall zu sein.
Auf dem Flur traf er wieder auf Frau Schneider. Die Witwe hatte sich eine Zigarette angezündet. Eigentlich war Rauchen hier strengstens untersagt. Aber wer hätte Frau Schneider in dieser Situation schon zurechtweisen mögen?
Das wagte nicht einmal Hauptkommissar Jensen, der in diesem Augenblick gerade von der Toilette zurückkehrte.
Frau Schneider unterhielt sich angeregt mit George, der ihr aufmerksam zuhörte. Sie hatte sich ihre Sonnenbrille in ihre Haare gesteckt und sah ihn mit ihren leuchtend blauen Augen an.
„Ich wirke jetzt vielleicht äußerlich nicht so emotional, aber es ist einfach nicht meine Art, in Tränen auszubrechen, verstehen Sie? Wie es hier drinnen aussieht!“ – dabei deutete sie auf ihr Herz – „das geht niemanden etwas an. Ich bin Geschäftsfrau und immer auf meine Unabhängigkeit bedacht gewesen. Geschäftlich sind wir getrennte Wege gegangen.
Ich bin in der Immobilienbranche, mein Mann im Finanzwesen.
Ich sage Ihnen, das ist auch besser so. Wir hätten uns jederzeit trennen können, ohne irgendwelches Theater mit Unterhalt und dergleichen. Kinder hatten wir ja sowieso keine. Wäre wohl bei zwei Workaholics auch schwierig geworden. So gute Nannys gibtś ja gar nicht …“ Sie zog an ihrer Zigarette und Benecke fiel auf, dass ihre Finger zitterten. Offenbar war es mit ihrer Beherrschtheit doch nicht so weit her.
„Frau Schneider, können Sie sich vorstellen, wer Ihrem Mann so etwas angetan haben könnte?“, mischte sich nun Jensen ein.
George war anzusehen, dass er nicht sonderlich davon begeistert war, wie Jensen sich hier in das Gespräch einklinkte. Er hätte die Witwe wohl einfach am liebsten noch ein bisschen weiterreden lassen und dabei vielleicht mehr über Frank Schneiders persönliche Lebensumstände erfahren, als wenn man diese eher reservierte Frau zu frontal anging.
„Ich habe wirklich keine Ahnung“, sagte sie. „Und verdammt noch mal, es ist auch nicht meine Aufgabe, das herauszufinden! Davon abgesehen, ich bin im Moment nicht in der Lage, irgendeine vernünftige Aussage zu machen.“
„Wir brauchen aber dringend Ihre Hilfe, Frau Schneider“, sagte Jensen. „Wurde Ihr Mann bedroht? Gab es Feinde?
Irgendjemanden, mit dem er Schwierigkeiten hatte oder der ein Motiv haben könnte, so etwas zu tun? Bitte überlegen Sie!“
„Nein, nur das Übliche!“
„Was heißt denn ,das Übliche‘?“, mischte sich Benecke ein.
Frau Schneider zog noch einmal intensiv an ihrer Zigarette und verzog dabei das Gesicht. Irgendwie schien ihr das Nikotin nicht wirklich zu schmecken. Vielleicht rauchte sie nur in extremen Stresssituationen.
Sie atmete tief durch und erklärte dann: „Mein Mann hat Anlagegeschäfte gemacht. Und Sie wissen doch, wie das in letzter Zeit gelaufen ist. Da gibt es eben auch mal ein paar Turbulenzen an der Börse, die dann zur Folge haben, dass es zu Verlusten kommt. Und dieselben Leute, denen das Risiko zuerst nicht groß genug sein kann, sind dann plötzlich am Jammern und wollen ihr Geld zurück!“
„Ist da jemand besonders hervorgetreten?“, hakte Benecke nach.
„Da war eine Frau. Rothaarig und sehr aggressiv. Gerlinde Grasmück hieß die. Das weiß ich so genau, weil ich sie angezeigt habe.“
„Sie?“, fragte Benecke etwas irritiert. „Ich dachte, diese Gerlinde Grasmück hätte ihrem Mann zugesetzt.“
„Hat sie auch. Sie hat meinen Mann für ihre finanziellen Verluste verantwortlich gemacht und behauptet, er habe sie falsch beraten. Regelrecht verfolgt hat sie ihn - und schließlich hat sie sogar mir aufgelauert und gemeint, ich sollte finanziell für das einstehen, was mein Mann getan hätte.“ Sie schüttelte den Kopf. „Völlig durchgeknallt! Ich habe mir das nicht bieten lassen und ihr eine Anzeige aufgebrummt, nachdem ich sie dabei beobachtet habe, wie sie mir mit Lippenstift ein paar Unfreundlichkeiten auf die Windschutzscheibe meines Wagens geschrieben hat.“ Frau Schneider zuckte mit den Schultern. „Dann war erst einmal
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