Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
Rest wollen Sie sich sicherlich gar nicht genauer vorstellen.
Mindestens zwei Tote. Kam vor einer Viertelstunde über Funk.
Tja, und unser Gerichtsmediziner samt Leichenwagen steckt jetzt in dem kilometerlangen Stau, der sich da gebildet hat.“
„Na ja, das hat für Herrn Benecke den Vorteil, dass er mehr Zeit für seine Untersuchungen hat“, schaltete sich George erneut ein. Er sah Susanne Hawer einen Augenblick lang an und setzte dann noch halblaut hinzu: „Sie und Ihre Kollegen müssen Glück gehabt haben, die Brücke noch vor dem Unglücksfahrer passiert zu haben!“
„Allerdings! Dat stimmt!“, bestätigte die Polizistin impulsiv, die sich zwar gegenüber diesen beiden Auswärtigen sichtlich um eine hochdeutsche Aussprache bemühte, aber nicht verhindern konnte, dass die plattdeutsche Dialektfärbung immer mal wieder deutlich zum Vorschein kam.
Nach einem längeren Fußmarsch durch den Wald erreichten sie die Ziegensteine – auch Siegsteine genannt. Es handelte sich hier um eine von vier megalithischen Grabanlagen, gelegen am Küstenweg zwischen Lancken-Granitz und Groß Stresow. Diesen Hünengräbern begegnete man sehr häufig auf der Insel Rügen. Die Ziegensteine lagen jedoch etwas abseits in einem Waldgebiet.
Susanne Hawer hatte es sich nicht nehmen lassen, die beiden Männer zu begleiten. Wohl schon deswegen, weil sie damit einen Grund hatte, der wenig Erfolg versprechenden Suche nach dem Kopf für einige Zeit den Rücken zu kehren. Wenig Erfolg versprechend war diese Suche deswegen, weil man, wie die Polizistin erläuterte, schon beinahe jedes infrage kommende Versteck in der nächsten Umgebung des Leichenfundorts untersucht hatte. Aber wenn der Kopf nicht hier war, dann konnte er nahezu überall sein. Die Suche danach würde einer Sisyphus-Arbeit gleichen und konnte sich über Tage hinziehen.
Kriminalhauptkommissar Ulf Jensen aus Stralsund leitete die Untersuchung. George hatte ihn bereits kennengelernt und eingehend befragt. Daher wunderte sich Jensen nun, dass der rührige Reporter erneut hier auftauchte. Als Jensen Benecke sah, legte sich die Stirn des wikingerblonden Enddreißigers in tiefe Furchen. Die Augenbrauen, die im Gegensatz zu seiner Haarfarbe auffallend dunkel waren und in der Mitte zusammenwuchsen, bildeten nun eine geschlängelte, sehr charakteristische Linie. Bei ihm war Polizistin Anja Salomon, mit der Georg Schmitz bereits bei seinem ersten Aufenthalt am Leichenfundort Bekanntschaft gemacht hatte. Die schlanke Beamtin mit der modischen Brille trug ihr Haar sehr kurz geschnitten. Sie war etwas kleiner als Susanne Hawer, teilte mit dieser zwar nicht die Frisur, wohl aber die Haarfarbe und den Hang zum Mecklenburger Akzent.
Ulf Jensen hingegen sprach astreines „Fernseh-Deutsch“, was ihn in den Augen der meisten Rüganer wahrscheinlich zum Auswärtigen machte.
„Ja, Sie kommen natürlich wie gerufen“, sagte Jensen an Benecke gewandt, und auch Anja Salomon war hocherfreut, den Kriminalbiologen persönlich kennenzulernen.
„Ich habe alle Ihre Bücher gelesen“, sagte sie anerkennend und strahlte ihn an.
„Freut mich“, erwiderte Benecke. Dass jemand, der sich schon von Berufs wegen mit Verbrechen beschäftigen musste, offenbar auch noch die Freizeitlektüre danach ausrichtete, wunderte ihn überhaupt nicht. Er selbst kannte so etwas wie einen Unterschied zwischen Berufs- und Privatleben nämlich auch nicht. Das, was ihn bei seinen Untersuchungen beschäftigte, interessierte ihn keineswegs nur deshalb, weil irgendjemand für ein Gutachten Geld bezahlte oder eine furchtbare Tat förmlich danach schrie, dass jemand endlich die Hintergründe aufdeckte. Was er tat, war kein Job, sondern eine Leidenschaft. Andere hätten vielleicht von Besessenheit gesprochen. Aber die Grenzen waren da wohl eher fließend.
Anja Salomons Gesicht wurde nach der freundlichen Begrüßung wieder sehr ernst. „Kommen Sie, Herr Benecke!
Ehrlich gesagt, ich bin ja nun auch schon ein paar Jahre bei der Polizei und habe schon alles Mögliche gesehen. Aber so was …“ Sie schüttelte stumm den Kopf.
„Ja, Herr Schmitz hat mir schon davon erzählt“, meinte Benecke, der suchend den Blick über die großen Steine schweifen ließ, die überall zwischen den Bäumen zu finden waren und die diesem Ort seinen Namen gaben. Sie sahen aus, als wären sie von einer Riesenhand einfach so hingeworfen worden.
Hinter einem der Bäume sah er einen Fuß, den Rest verdeckten aus Beneckes Perspektive
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