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Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)

Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)

Titel: Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hendrik M. Bekker , Albert Baeumer , Alfred Bekker
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den Besucherraum betreten haben. Glaubst du vielleicht, ich wäre sonst überhaupt mit in die Tiefe gegangen, wo mir doch sonst schon schlecht wird, wenn ich in einem Wagen mit zu weicher Federung oder in einem Reisebus mitfahre?“
     
    „Man scheint hier ja an alles gedacht zu haben!“, ging es Lydia durch den Kopf. Der Andrang für die nächste Tauchfahrt war ziemlich groß.
    Einige wollten anscheinend als Erste einsteigen, um sich den besten Platz zu sichern. Lydia seufzte. Diese Drängelei war ihr total zuwider, und sie hielt sich etwas zurück. Plötzlich wurde sie von hinten ziemlich ungestüm angerempelt, sodass sie fast ins Stolpern geriet. Sie hatte das Gefühl, einen Ellenbogen oder Regenschirm in den Rücken gestoßen zu bekommen. Auf jeden Fall war es etwas ziemlich Hartes.
    Lydia drehte sich um und sah in die missmutigen Gesichtszüge einer Frau, die sie auf rund fünfzig Jahre schätzte. Neben den tief zerfurchten, sehr unfreundlich wirkenden Gesichtszügen war das Auffälligste an dieser Frau das rötliche Haar, das in hervorstechender Weise mit der blassblauen Windjacke kontrastierte, die sie trug.
    „Etwas vorsichtiger, bitte!“, sagte Lydia, nachdem dann auch noch ihr Fußgelenk unter der ungestümen Art der Rothaarigen zu leiden gehabt hatte. Solche Verhaltensweisen erlebte sie bei Konzerten öfter, da sie mit ihrer Größe von nur 1,58 m gerne mal übersehen wurde.
    „Tut mir leid!“, knurrte die Rothaarige auf eine Weise, die Lydia die Stirn runzeln ließ. „Ja, mein Gott, jetzt schauen Sie mich doch nicht an wie ein Auto! Kann ja wohl mal vorkommen, da braucht man sich ja nicht gleich so anzustellen.“
    Lydia sah in den Augen dieser Frau ein gewisses Flackern aufleuchten, wie sie es selten zuvor bei jemandem gesehen hatte. Das war mehr als nur die ganz gewöhnliche Unausgeglichenheit, wenn man vielleicht beim Zelturlaub die Isomatte vergessen und dementsprechend schlecht geschlafen hatte oder wenn das Wetter den Urlaub verhagelte, was auf Rügen im Übrigen selten vorkam.
    Jedenfalls entschied Lydia, erst einmal nichts mehr zu sagen.
     
    Was auch immer mit der Rothaarigen los war, sie schien ihr in einem psychischen Ausnahmezustand zu sein. Eine wandelnde Bombe, die schon der kleinste Funke sofort zur Explosion bringen konnte.
    „Ist noch was?“, blaffte die Frau Lydia auch schon wieder an.
    „Nein“, beeilte sich diese zu antworten
    Lydia sorgte dafür, dass während des Wartens immer ein gewisser Abstand zwischen ihnen blieb.
    Am Ende muss ich mich noch entschuldigen, wenn die mir vor das Schienbein tritt, dachte die Frau des Kriminalbiologen.
    Auf einmal erscholl ein Ruf aus der wartenden Menge: „Hallo Frau Grasmück, sind Sie auch hier?“
    Die derart angesprochene Rothaarige nickte mit mürrischer Miene in Richtung der Rufenden und murmelte leise vor sich hin.
    Mehr bekam Lydia davon nicht mehr mit. Eine Gruppe junger Männer schob sich zwischen ihnen und verdeckte diese unangenehme Person sowohl optisch als auch akustisch mit ihren tiefen Stimmen, ihrem Gelächter und ihren Witzen. Nur hin und wieder drangen noch ein paar aggressive Wortfetzen der Rothaarigen zu ihr herüber.
    Während des Abtauchens und auf Tauchstation gab einer der beiden Mitarbeiter eine interessante wie unterhaltsame Einführung in die Ostsee, ihre Bewohner und ihre Schutzbedürftigkeit. Er erläuterte dabei die Lebewesen, die durch die mannshohen, sechs Zentimeter starken Fenster zu beobachten waren. „Jede Jahreszeit, ja jeder Tag unter Wasser ist anders. Mal – so wie heute – transportieren Strömungen Ohrenquallen heran, die langsam und ästhetisch vor den Fenstern dahinschweben. Mal sind zum Beispiel Garnelen zu sehen oder, wenn auch seltener, Fische. Achten Sie auch auf die dunklen Gebilde am Boden – das sind Miesmuscheln, die sich auf Steinen angesiedelt haben. Sie filtrieren die mikroskopisch kleinen Algen aus dem Wasser, von denen in der warmen Jahreshälfte die Sichtweite abhängt, welche heute ausgezeichnet ist. Hier sehen Sie eine Ostseegarnele. Sie ist fast durchsich…“ Weiter kam er nicht, denn plötzlich rief ein kleiner Junge laut in den Raum: „Mama, schau mal, da schwimmt eine Qualle. Die sieht aber komisch aus!“ Alle Besucher drehten wie auf Kommando die Köpfe zum entsprechenden Fenster und starrten nach draußen ins Meerwasser. Der Mitarbeiter erklärte, dass es sich bei diesem Tier um eine sogenannte Rippenqualle handele, die eigentlich überhaupt keine Qualle sei.

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