Norddeutschland, Morddeutschland - 3 Krimis von der Küste (German Edition)
meinte George. „Oder sie nehmen es mit dem journalistischen Ethos wirklich mal ernst und überprüfen vorher alles genau.“
„Trotzdem – es hätte mich interessiert, was da los war.“
„Glauben Sie, dass das etwas mit dem Fall zu tun hat?“ Benecke zuckte mit den Achseln. „Ich halte ebenso wie meine Frau von Esoterik absolut gar nichts. Deshalb sind wir auch Mitglieder der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften und haben die Petition zur Streichung der Homöopathie aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen unterschrieben. Aber der von den Esoterikern leider oft falsch benutzte Ansatz, dass prinzipiell alles mit allem zu tun haben kann, stimmt.“
„Fragen Sie doch morgen Jensen. Wenn es wirklich eine Verhaftung gab, muss der das wissen.“
Benecke nickte. „Ja – oder wir statten bei Gelegenheit mal diesem Sender einen Besuch ab, wenn sich da noch ein Hinweis ergeben sollte, der in diese Richtung weist.“
„Fangen Sie jetzt nicht an, voreilig zu kombinieren“, lächelte George verschmitzt. „Nur weil irgendein Touristenschreck seltsame Rituale an heiligen Orten durchführt und irgendwelche Flüche in seinen Bart murmelt, muss das nichts mit der Leiche zu tun haben.“
„Richtig. Aber andererseits komme ich über einen Punkt einfach nicht hinweg: Nämlich die Art und Weise, wie der Geköpfte an den Fundort gelegt – nein, regelrecht drapiert! –
wurde. Der Mörder möchte, dass wir auf ihn aufmerksam werden. Er möchte, dass man ihn wahrnimmt. Dass man ihm in irgendeiner Form Beachtung schenkt – und das steckt vermutlich wohl auch hinter dem Auftreten dieses Sonderlings.“
„Womit wir eine Verbindung hätten!“, gab George zu bedenken.
„Eine gedachte Verbindung“, widersprach Benecke. „Keine, die auf untersuchten Tatsachen beruht.“
***
Lydia Benecke hatte es vorgezogen, die beiden Männer nicht auf ihrer Fahrt nach Putbus zu begleiten. Stattdessen wollte sie sich etwas Bewegung verschaffen. Sich heute noch mit ihrem Mann zu verabreden, erschien ihr wenig sinnvoll. Mark hatte sich an diesem Fall festgebissen wie ein übereifriger Terrier im Hosenbein eines Postboten und das bedeutete auch, dass er einfach nicht mehr loslassen würde. Jedenfalls nicht, bevor er die Sache nicht zu seiner Zufriedenheit aufgeklärt hatte. Selbst wenn das unter Umständen sehr lange dauerte.
So hatte Lydia sich ein Mountainbike ausgeliehen und war damit in Richtung Sellin gefahren. Dort gab es nämlich, wie sie an der Rezeption des Hafenhotels Viktoria erfahren hatte, eine weltweit neuartige Einrichtung, die Besucher trockenen Fußes auf den Grund der Ostsee brachte – eine Tauchgondel.
Lydia hatte sich sofort dazu entschlossen, der Seebrücke in Sellin einen Besuch abzustatten und die Welt unter den Wellen näher kennenzulernen. Dreißig bis vierzig Minuten dauerte eine Tauchfahrt, so hatte ihr der Kellner Heiko erzählt.
Die Radstrecke von Lauterbach nach Sellin war schon eine sportliche Herausforderung. Das war gerade die richtige Unternehmung für einen angebrochenen Tag.
Das Wetter war gut. Lydia hatte ein mittleres Tempo angeschlagen und sich dabei ausgerechnet, dass sie am Abend wieder zurück sein konnte, falls sie sich nicht noch dazu entschloss, durch Sellin zu bummeln und vielleicht die Aussicht auf das Meer noch länger zu genießen. Sie brauchte sich um die Heimfahrt keine Gedanken zu machen, da sie jederzeit den Rücktransportdienst vom „Rügenlive Miet- und Ausflugsservice“ in Anspruch nehmen konnte.
Als Lydia am Ende der sehenswerten Seebrücke in Sellin ankam, hatte sie Glück. Die Tauchgondel war gerade aufgestiegen und etwa dreißig Personen verließen die Tauch-und Bildungseinrichtung. Die Leute sahen sehr zufrieden aus.
Lydia hörte sie über die Eindrücke reden, die sie gewonnen hatten. Vier Meter unter der Wasseroberfläche und damit einen Meter über dem Meeresboden seien sie gewesen, meinte einer von ihnen. „Was mich ja wundert ist, dass ich keinerlei Druckveränderung gespürt habe!“, meinte ein anderer.
„Aber das ist doch der Witz dabei!“, gab dessen Frau zurück.
„Wieso?“
„Stand doch da auf der einen Tafel zu lesen: Es herrscht jederzeit derselbe Druck wie über Wasser. Und auch, dass Seekrankheit ausgeschlossen ist, weil sich die Tauchgondel nicht seitwärts bewegt und damit nicht schlingert.“
„Auf die Tafel habe ich gar nicht geachtet!“
„Aber ich – und zwar schon, bevor wir
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