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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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wollte sie sich Zeit und Raum zum Nachdenken verschaffen.
    »Ich habe den Sweater tatsächlich am Freitagmorgen getragen, als Henrik abfuhr. Dann waren wir draußen. Als ich im Garten mit Ellen und Axel gespielt habe, ist mir in der Sonne warm geworden. Ich habe den Sweater ausgezogen und über einen Stuhl gehängt. Als wir hineingingen, muss ich ihn dort vergessen haben. Später haben wir uns ja die Badeanzüge und darüber die Bademäntel angezogen, und ich habe nicht mehr an den Pulli gedacht.«
    »Sie meinen, er lag noch auf dem Stuhl, und die Mörderin hat ihn angezogen, bevor sie ins Haus ging?«
    »Ja, so muss es gewesen sein.«
    Bedrückt betrachtete sie das Bild, auf dem die letzten Sekunden im Leben ihrer Schwester zu sehen waren.
    Doch, dachte Fredrik, das war die einfachste Erklärung. So merkwürdig es auch schien, genau wie Henrik Kjellander hatte er für einen kurzen Augenblick geglaubt, Maria hätte den Mord begangen. Aber sie hatte weder die Möglichkeit dazu gehabt noch ein Motiv.

62
     
    Noch am selben Tag mussten sie einen weiteren Rückschlag verzeichnen. Die technische Untersuchung von Stina Hanssons Auto hatte nicht den geringsten Hinweis darauf ergeben, dass sie etwas mit den Morden zu tun oder sich in dem Haus in Kalbjerga befunden hatte. Fredrik fragte sich, ob es Klint tatsächlich gelingen würde, sie in Haft zu halten.
    Er konnte früher gehen als am Vortag und war rechtzeitig zu Hause, um die Nachrichtensendung Aktuell zu sehen. Im Beitrag über die Fårömorde wurde auch das Sweatshirt erwähnt.
    »Wie geht es dir?«, fragte Ninni, nachdem er den Fernseher ausgeschaltet hatte.
    »Gut.«
    »Gestern warst du völlig am Ende.«
    »Ich weiß«, sagte er. »Die Tage sind ziemlich lang.«
    Ninni sah ihn an, als erwartete sie, dass er noch etwas sagte.
    »Was?«
    »Ach, nichts.«
    Fredrik stand auf und ging in die Küche.
    »Im Kühlschrank ist etwas zu essen. Ich habe es hineingestellt, weil ich nicht wusste, wann du nach Hause kommst.«
    »Danke. Mal sehen, ob ich es schaffe, mir einen Teller davon aufzuwärmen.«
    Er öffnete den Kühlschrank.
    »In der Box mit dem blauen Deckel?«
    »Du brauchst nicht zu schreien. Ich bin hier.« Sie war ihm in die Küche gefolgt. »Ja, das ist es.«
    Er nahm sich den Kunststoffbehälter und hob den Deckel. Kartoffelbrei, eine Frikadelle und grüne Erbsen. Die Frikadelle war ungewöhnlich hell.
    »Ist das Kalbfleisch?«
    »Yes.«
    »Beachtlich.«
    Er schaltete den Backofen ein, schaufelte das Essen auf einen feuerfesten Glasteller und schob ihn hinein. Während sein Abendessen warm wurde, ging er hinauf zu Simon. Ausnahmsweise saß der Junge nicht vor dem Computer. Er lag auf dem Bett und füllte mit kaum lesbaren Buchstaben ein Arbeitsblatt aus.
    Fredrik beschloss, sich den neunmalklugen Ratschlag zu sparen, dass man sich zum Schreiben am besten an den Schreibtisch setzt. Es war nicht ganz leicht, sich zurückzuhalten, aber er schaffte es.
    »Was machst du?«, fragte er stattdessen.
    »Religion.«
    »Wir können es uns ja nachher zusammen ansehen.«
    »Klar.«
    Als Fredrik wieder herunterkam, saß Ninni noch immer in der Küche und blätterte in der Tageszeitung. Sie legte sie beiseite, als Fredrik seinen Teller auf den Tisch stellte und sich setzte.
    »Ich habe heute ein paar Bilder von den Leuten gesehen, die da oben ermordet worden sind«, sagte er.
    Ninni rümpfte die Nase. »Igitt.«
    »Ja, genau. Ich fand es grauenhaft.«
    »Ja.«
    »Dabei macht mir das normalerweise nicht so viel aus. Es waren zwar Obduktionsfotos …«
    »Hör auf. Musst du beim Essen darüber reden?«
    »Na und. Ich bin doch derjenige, der isst. Nicht du.«
    »Aber ich finde es abstoßend«, sagte Ninni.
    Fredrik nahm einen großen Bissen von seiner Kalbfleischfrikadelle. Wahrscheinlich konnten Leute, die keine Polizisten waren, das nicht verstehen. Nicht einmal Ninni. Dass die Bilder abstoßend wirkten, war nicht der Punkt. Der Punkt war, dass er für gewöhnlich nicht so stark auf die Fotos von toten und verstümmelten Menschen reagierte. Es war Teil seines Berufs. Ein Mittel zum Zweck. Er ließ das Thema lieber auf sich beruhen.
    »Du«, sagte er stattdessen.
    »Ja?«
    »Gustav hat mir heute was erzählt. Er hat es mir im …«
    Er zögerte. Sollte er es ihr wirklich sagen?
    »Was denn?«
    Da in Ninnis Augen bereits ein neugieriges Blitzen aufschien, blieb ihm keine andere Wahl mehr.
    »Es war im Vertrauen, aber mit dir darf ich wohl darüber reden, nehme ich an.

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