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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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Böschung zum Haus hinunter. Ein kleines Stück entfernt krächzten Krähen auf einer Wiese. Das Haus war weithin sichtbar, aber der Eingang wurde von einer verwilderten Fliederhecke geschützt, die unten bereits dünner wurde. Fredrik stieg die bemoosten Kalksteinstufen hinauf und klopfte an der Haustür.
    Eine dunkelhaarige Frau mit leichter Sommerbräune machte ihm auf. Die Sommersprossen auf ihrer Nase breiteten sich zaghaft auf die Wangen aus. Ihr Haar war genauso hochgesteckt wie das von Sara, aber sie trug einen langen Pony.
    »Malin Andersson?«, fragte Fredrik.
    »Ja.«
    Malin lächelte sie zur Begrüßung freundlich, aber diskret an und bat sie herein. Kaum dass sie eingetreten waren, hörten sie Schritte aus dem Zimmer nebenan. Ein recht kleiner Mann kam um die Ecke. Er war schmal und drahtig, und sein mittelblondes Haar stand in alle möglichen Richtungen ab. Während er ihnen die Hand gab, sah er sie neugierig an. Henrik Kjellander machte einen glücklichen Eindruck. Trotz der Drohung gegen seine Familie. Vielleicht war die Lage doch nicht so ernst, wie die Anzeige glauben machte, dachte Fredrik.
    »Wir könnten uns doch setzen, oder wie wollen Sie anfangen?« Henrik sah sie fragend an.
    »Klar«, erwiderte Fredrik. »Wir möchten gern mehr über das erfahren, was vorgefallen ist.«
    Henrik ging ihnen voraus ins Wohnzimmer. Darin stand ein großes graues Sofa mit einer Liegefläche an der einen Seite, eine Art Kreuzung aus Sofa und Diwan. Das schien die jetzt vorherrschende Sofamode zu sein. Gustav und Lena hatten sich auch so eines gekauft.
    Rings um den niedrigen Wohnzimmertisch standen noch drei schwarze Sessel mit ausladenden Armlehnen aus Eichenholz. Auf dem Fußboden waren Spuren von Kleinkindern zu erkennen: farbenfrohes Plastikspielzeug. Henrik und Malin setzten sich nebeneinander aufs Sofa. Fredrik und Sara nahmen in je einem Sessel Platz. An der Wand hinter dem Sofa hingen drei plakatgroße Schwarz-Weiß-Fotos. Auf einem war Malin in einer amerikanischen Großstadt zu sehen. Auf den beiden anderen waren zwei kleine Kinder, die Kinder des Paares, nahm Fredrik an. Es waren lebendige, schwungvolle Bilder mit schrägem Horizont und Bewegungsunschärfe. Dank Joakim hatte Fredrik einen gewissen Blick für Fotografie entwickelt und den einen oder anderen Begriff aufgeschnappt.
    »Am besten fangen wir von vorn an«, sagte er. »Als Sie am Samstagabend zurückgekommen sind, haben Sie eine Art Drohung entdeckt. Ein Bild?«
    »Mehr als das«, erwiderte Malin ernst.
    Henrik und Malin sahen sich an. Am Ende des kurzen wortlosen Gedankenaustauschs nickte Henrik.
    »Gut.« Malin lehnte sich ein wenig nach vorn, bevor sie weitersprach. »Wir kamen aus dem Urlaub zurück. Es war schon dunkel. Da wir das Haus in den Ferien vermietet hatten, waren wir natürlich gespannt, wie es gelaufen war. Als Erstes fällt mir auf, dass nicht geputzt worden ist und dass noch Müll dasteht. Dann bemerke ich, dass Dinge fehlen. Gläser und Tassen aus dem Schrank. Unsere Familienfotos im Arbeitszimmer.«
    Es war Malin anzuhören, dass die Ereignisse sie immer noch mitnahmen. Je weiter die Erzählung fortschritt, desto mehr veränderte sich ihre Stimme. Die Glasscherbe in ihrem Fuß. Der Kot im Spielzeugkorb. Und dann das Bild, das aus dem Wäscheschrank segelte. Als sie fertig war mit ihrem Bericht, legte sie die Hände in den Schoß und sah Fredrik und Sara an.
    »Wir würden uns dieses Bild gerne anschauen«, erklärte Fredrik.
    »Ich hole es«, sagte Henrik.
    Er stand auf, ging in einen hinteren Raum und kam gleich darauf mit einer Fotografie in einer Klarsichthülle zurück, die er Fredrik reichte. Fredrik legte sie vor sich auf den Tisch.
    »Ich habe mich bemüht, sie nicht zu berühren«, sagte Henrik. »Ich dachte … na ja, wegen Fingerabdrücken.«
    »Sehr gut.« Fredrik beugte sich über das Foto.
    Es war ein hübsches Bild. Malin, Henrik und die Kinder saßen in Badekleidung am Strand. Anscheinend hatten sie gerade etwas zu essen ausgepackt. Das kleinere Kind, ein Junge von etwa drei Jahren, hielt eine Sandschaufel in der Hand und schien sich mehr für das Buddeln als für das Picknick zu interessieren. Alle sahen direkt in die Kamera, auch der Junge. Aber ihre Augen fehlten. Durch sie war hindurchgestochen worden, sodass nur Löcher zurückblieben. Fredrik betrachtete die beiden Kindergesichter. Ein heftiges Unbehagen durchfuhr ihn. Das Gefühl überraschte ihn so, dass er husten musste, als wollte er sich selbst

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