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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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du ein Kaugummi?«, fragte die große Ellen.
    Sie steckte die Hand in die Jackentasche und reichte Ellen ein Kunststoffdöschen. Ellen musterte die Dose und begriff nach einer Weile, dass sich Kaugummis darin befinden mussten. Sie nahm den Deckel ab. Da fiel es ihr ein:
    »Ich darf nur samstags Süßigkeiten essen.«
    »Aber die sind zuckerfrei. Das zählt nicht. Diese Kaugummis sind gut für die Zähne.«
    Die große Ellen steckte sich zwei auf einmal in den Mund und forderte Ellen erneut auf, sich zu bedienen. Ellen bohrte ihre Finger hinein und pulte zwei Kaugummis heraus. Es knisterte ein wenig, als sie hineinbiss. Sie schmeckten ungewohnt, nicht eklig, aber anders als normale Kaugummis.
    Die große Ellen lächelte Ellen an. Sie hatte schöne weiße Zähne. Vielleicht lag das daran, dass sie solche Kaugummis kaute.
    »Wo wollen wir denn nun hin?«
    Ellen blickte auf die Straße. Es war merkwürdig, aber hier kannte sie sich überhaupt nicht aus. Sie kapierte das nicht, sie fuhren doch an jedem Schultag hier entlang: Von der Schule geradeaus, dann rechts auf die große Straße und am Ica-Markt vorbei, und schon war man an der Fähre. Ellen konnte links und rechts unterscheiden. Sie brauchte nicht erst zu überlegen, mit welcher Hand man Leute begrüßt oder den Schreibstift hält. Aber nun wusste sie überhaupt nicht, wo sie waren. Hatte sie etwa über die Sommerferien den Weg vergessen? Das war doch nicht möglich. Sie war verwirrt und hatte keine Ahnung, was sie auf die Frage antworten sollte.
    Sie sah die große Ellen an, die erwachsene Frau. Nun hatte sie nicht mehr so viel Ähnlichkeit mit einem großen Mädchen.
    »Also, Mädel, wo wollen wir hin? Letzte Chance.«
    Ellen senkte den Blick. Sie fühlte sich leer und bekam plötzlich Hunger, obwohl sie gerade zu Mittag gegessen hatte. In ihrem Kopf herrschte ebenfalls Leere. Sie hatte keinen blassen Schimmer, was sie sagen sollte. Die Haare der großen Ellen glänzten jetzt gar nicht mehr in der Sonne, und ihre Wangen wirkten rau. Sie sah gar nicht mehr so hübsch aus.
    Ellen begann zu schluchzen. »Wieso letzte Chance?«, wimmerte sie.
    »Nein, nein, entschuldige bitte, so habe ich es nicht gemeint«, sagte die Frau. »Das war bloß aus einem Spiel, das ich immer gespielt habe, als ich klein war. Ein Computerspiel. Da war ein kleiner Troll mit einer Eisenbahn. Der hat das immer gesagt. Entschuldige, ich bin mir ganz sicher, dass du den Weg zur Fähre findest. Du hast so viele Chancen, wie du willst.«
    Ellen zog die Nase hoch und wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht. Jetzt fühlte sie sich etwas besser, aber noch immer nicht richtig gut. Sie wollte zurück zur Schule, aber das wagte sie nicht zu sagen. Sie hatte ja versprochen, der Frau den Weg zur Fähre zu zeigen.
    »Was meinst du? Sollen wir hier abbiegen?«
    Die große Ellen war an einer Abzweigung nach rechts stehen geblieben. Ellen erkannte die Gegend nicht wieder, aber nach rechts mussten sie auf jeden Fall. Stumm nickte sie zweimal.
    »Dann machen wir das?«
    Die große Ellen bog ab.
    »Hast du das Spiel mit dem Troll schon mal gespielt?«
    »Nein«, antwortete Ellen leise.
    »Vielleicht gibt es das gar nicht mehr«, überlegte die große Ellen. »Schade, es war toll.«
    Ellen versuchte sich einen Troll vorzustellen, der mit der Eisenbahn fuhr. Das hörte sich lustig an.
    Die große Ellen bog auf eine andere Straße ab. Diesmal fragte sie Ellen nicht, ob das richtig oder falsch war, aber da Ellen sich hier sowieso nicht auskannte, spielte das wahrscheinlich auch keine Rolle.
    »Im Handschuhfach liegt ein Nintendo«, sagte die große Ellen.
    Ellen antwortete nicht. Sie wusste nicht, was ein Handschuhfach war.
    »Du musst diese Klappe öffnen.« Die große Ellen zeigte auf einen kleinen Griff vor Ellens Sitz.
    Als Ellen sich nicht rührte, machte die große Ellen das Fach selbst auf, holte einen weißen Nintendo DS heraus und drückte ihn Ellen in die Hand.
    »Ich dachte, du möchtest vielleicht damit spielen.«
    Ellen hielt das Gerät fest, ohne es aufzuklappen.
    Auf der kurzen Strecke zur Fähre lohnte es sich doch nicht, ein Spiel anzufangen, dachte sie. Außerdem sollte sie der Frau doch den Weg zeigen. Wie sollte sie das machen, wenn sie ein Spiel spielt? Allerdings hatten sie sich ja verirrt. Ellen hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie die Fähre von hier aus finden sollten.
    »Glaubst du, dass sie das Kätzchen jetzt jemand anderem verkaufen?«
    »Ich hoffe nicht. Ach, das tun sie schon

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