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Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Nordwind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nordwind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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sie gerne. Danach habe ich …«
    Maria verstummte und saß eine Weile mit aufgerissenem Mund da, bevor sie neuen Anlauf nahm.
    »Danach habe ich Malin gefragt, ob es nicht schon zu spät sei, aber sie fand es okay, zumindest für Ellen. Sie und Axel würden zu Hause bleiben. Tja … da sind wir gegangen, oder besser gesagt, mit dem Fahrrad losgefahren.«
    »Um wie viel Uhr war das?«, fragte Sara.
    Maria rümpfte einige Male die Nase, als könnte sie die Uhrzeit erschnuppern.
    »Halb sieben, glaube ich. Ungefähr. Wie gesagt, es war etwas spät, aber Ellen wollte so gerne.«
    Sara nickte und machte sich eine Notiz. »Circa halb sieben.«
    »Ja.«
    »Und dann sind Sie losgefahren?«
    »Ja. Wir sind an den Strand geradelt. Dort sind wir etwas länger geblieben als geplant. Das Wasser war so warm.«
    »Was hatten Sie an? Als Sie losfuhren, meine ich«, wollte Sara wissen.
    »Bademäntel. Wir trugen beide Bademäntel und darunter unsere Badeanzüge.«
    »Ist Ihnen unterwegs oder am Strand jemand begegnet?«
    »Nein.« Maria schob zwei Finger in den Ausschnitt ihres avocadogrünen T-Shirts.
    »Sonst ist Ihnen nichts aufgefallen?«
    »Nein.«
    »Kein Auto, das irgendwo abgestellt war?«
    »Nein«, hauchte Maria, während sie einatmete. Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Was geschah, als Sie zurückkehrten?«
    Maria musste husten. »Henrik kam auf uns zugerast und schrie, wir sollten warten«, sagte sie dann. »Ich habe überhaupt nichts begriffen, und er war voller Blut …«
    Sie hielt inne und senkte ihre Stimme. »Er war über und über mit Blut beschmiert und …«
    Ihr Blick wurde plötzlich noch dunkler. Sara konnte sehen, wie sich in ihrem Innern etwas verschloss.
    Maria seufzte tief. »Reicht das? Ich glaube, ich kann nicht mehr.«
    »Nur eine Frage noch: Wissen Sie, wie spät es bei Ihrer Rückkehr war?«
    Maria seufzte erneut. »Kurz nach acht, würde ich schätzen. Vielleicht zehn nach.«
    »Haben Sie Ihr Handy mit an den Strand genommen?«, fragte Sara, obwohl ihr durchaus bewusst war, dass sie Maria mit dieser zusätzlichen Frage unter Druck setzte.
    »Nein.«
    Maria erhob sich. »Jetzt …«
    »Natürlich, entschuldigen Sie bitte. Das genügt für heute. Wir setzen das Gespräch morgen fort.«
    An der Rezeption zeigte Sara ihre Dienstmarke vor und fragte die Empfangsdame, eine dunkelhaarige junge Frau im weinroten Blazer, nach der Zimmernummer.
    »Zimmer Nummer 14. Ganz hinten links.«
    Sie zeigte in die Richtung, in der kürzlich der Kollege mit Henrik und Ellen verschwunden war.
    Als sie das Ende des Ganges erreichten, saß der Polizeibeamte bereits vor der Tür. Er hob die Hand, um ihnen zu signalisieren, dass er sie gesehen hatte. Sara brauchte Maria eigentlich nicht mehr zu begleiten, ging aber trotzdem mit ihr bis zur Tür.
    Da fragte Maria plötzlich: »Was wäre Ihrer Meinung nach passiert, wenn Ellen und ich nicht baden gegangen wären? Würden Malin und Axel dann noch leben, oder wären wir auch tot?«

48
     
    Es war weit nach Mitternacht, als Fredrik zurück nach Visby und von dort aus weiter nach Süden fuhr. Als er das Haus betrat, waren es nur noch wenige Stunden bis Sonnenaufgang. Alle schliefen. Keiner hörte ihn.
    Er verriegelte die Tür und drehte sich zur Diele um. So blieb er stehen und betrachtete die Jacken an der Garderobe auf der rechten Seite, die Schuhe, die in Reih und Glied darunter standen. Kein Blut, keine Leiche, nur eine normale Diele.
    Er ging in die Küche. Kein toter Junge vor dem Herd. Nur ihre ganz normale Küche mit der nachlässig geputzten Spüle und dem Küchentisch, der mit Zeitungen, Zetteln und ungeöffneter Post bedeckt war.
    Vor wenigen Stunden war auch die Küche von Henrik Kjellander noch ganz normal gewesen.
    Langsam ging Fredrik die Treppe hoch. Die Ereignisse des Abends ließen ihn nicht los. In Kalbjerga hatte er die Kombination von zwei Dingen gesehen, mit denen er sich nur schwer abfinden konnte. Gewalt gegen Kinder und grundlose Gewalt gegen vollkommen normale Menschen. So ungewöhnlich beides auch sein mochte, verwandelte es den Alltag doch in etwas Zerbrechliches und Unzuverlässiges.
    Vor Simons Tür blieb Fredrik stehen. Sie war geschlossen. Er zögerte einen Moment, bevor er die Klinke hinunterdrückte und die Tür weit genug öffnete, um einen Blick ins Zimmer werfen zu können. Eines der Scharniere quietschte. Simon murmelte etwas und bewegte sich im Schlaf. Er passte kaum noch in das Bett, wenn er sich lang ausstreckte. Bald würde

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