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Nore Brand 03 - Racheläuten

Nore Brand 03 - Racheläuten

Titel: Nore Brand 03 - Racheläuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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gewöhnen.«
    Falsch geraten; sie hatte den grünen Knopf hinter seinem Ohr übersehen. Er hatte ihr auch keine Zeit gelassen, ihn genauer zu betrachten. Er war gleich losgerannt.
    »Ich weiß nicht, wie ich das benennen soll«, er lächelte sie an, »ein Apparat ist das ganz sicher nicht mehr. Das Wort scheint mir zu groß für so ein Knöpfchen.« Er schaute sie fragend an. »Gibt’s etwas Neues?«
    Sie zögerte einen Moment. Dieser Mann hatte sie auf dem linken Fuß erwischt. Was hatte sie denn erwartet?
    »Eigentlich …«, begann sie.
    »Ihr Kollege da«, unterbrach er sie, »der kam wie zu einem Vorstellungsgespräch. Wollte einen guten Eindruck machen, das hat er aber nicht in seinem feinen Anzug, dieser ausgewachsene Konfirmand!« Oskar Schmied schnaubte missbilligend. »Der hat mir weiszumachen versucht, dass Federico depressiv war. Man habe Spuren von Medikamenten in seinen Taschen gefunden.« Er zog seine dunklen Augenbrauen zusammen. »Liebeskummer, meinte er, sei auch immer wieder ein Grund. Herzensangelegenheiten. Oder eben eine Stoffwechselkrankheit im Gehirn. Ich weiß nicht, wie solche Gemütskrankheiten funktionieren. Auf jeden Fall gab’s das in unserer Familie nie, aber dieser Mann wollte mir so etwas aufschwatzen.« Oskar Schmied lehnte sich zurück. »Ihr Kollege wusste alles. Früher hat man leider nicht darüber geredet oder hatte andere Worte dafür.« Er schaute Nore Brand prüfend an. »Ich habe ihm gesagt, dass man bei uns nicht Zeit hatte, um sich über solche Sachen Gedanken zu machen. Bei uns kamen andere Sachen vor, aber keine Depressionen.« Er verstummte und wandte sich ab von ihr, als ob er sich nicht darüber äußern wollte. Das war in vielen Fällen ein Spiel, vom dem die Spieler selbst nichts wussten.
    »Was meinen Sie mit anderen Sachen?«, fragte sie nach einer Pause.
    »Endlich!« Er richtete sich auf und wandte sich ihr wieder zu. »So hatte ich es mir vorgestellt. Die Polizei soll Fragen stellen. Aber Ihr Kollege da, der hat mir einfach einen traurigen Vortrag über Depressionen gehalten. Wissen wollte er nichts.« Er schaute sie prüfend an. »Wenn einer glaubt, alles zu wissen, dann hält er das wohl für Zeitverschwendung, nicht wahr?«
    Er ließ seinen Blick durch den Garten schweifen. »Ich habe einige Vorfahren, die sich nie an Grenzen hielten, alles ausprobierten, was sie für spannend hielten. Wenn nötig, schwammen sie auch gegen den Strom. Den einen und anderen hielt man für einen Verrückten.« Er lachte. Sein Blick ruhte auf ihr. »In dieser Welt hier ist das noch schnell der Fall gewesen. Wer die Biederkeit überwand, wurde abgestempelt. Aber meinen Vorfahren war das egal, sie wussten, dass Widerstand stark macht.« Er beugte sich zu ihr. »Je stärker der Gegenwind, desto höher der Drache, sagen die Chinesen. Recht haben sie. Ich lerne viel von ihnen.« Er lehnte sich wieder zurück. »Mein Großvater hat die Firma gegründet, damals lachte man ihn aus. Aber das Gelächter ist rasch verstummt, weil er sofort Erfolg hatte, und mit dem Erfolg kam der Neid. Wer zuerst gelacht hatte, erstickte nun am Neid.« Er schaute sie mit gerunzelter Stirn an. »So ist das nun mal. Es braucht eine Portion Verrücktheit, sonst erreicht man nichts. Was meinen Sie dazu?«
    Sie begriff. Oskar Schmied wollte ihre Meinung nicht. Er wusste, dass er recht hatte.
    »Sie lassen mich einfach plaudern«, sagte er freundlich, »eine gute Strategie, um viel zu erfahren. Aber schießen Sie los«, forderte er sie auf. »Was müssen Sie genau wissen? Ich dachte, der Fall sei erledigt. Für Sie zumindest. Ich kann einfach nicht verstehen, warum Federico selbst seinem Leben ein Ende gemacht haben soll. Aber was soll’s, auch wenn wir immer wieder von vorn anfangen, Federico wird dadurch nicht mehr lebendig. Können wir diese traurige Geschichte nicht einfach stehen lassen?«
    Sie erwiderte nichts.
    »Ich stecke wieder mitten in der Arbeit, das hilft«, sagte er mit einem unterdrückten Seufzer, »zum Glück stehen uns ein paar Geschäftsreisen bevor.«
    Nore Brand zog ihr Notizbuch hervor.
    »Herr Schmied, bevor wir den Schlussstrich ziehen können, muss ich …«
    Er atmete aus. »Aber machen Sie es bitte kurz.«
    »Was war Ihr Enkel für ein Mensch?«
    Oskar Schmied schien mit sich zu ringen, doch er ließ Nore Brand nicht aus den Augen. Er stützte den rechten Ellbogen auf den Tisch und legte das Kinn auf die Faust. So starrte er sie eine Weile wortlos an.
    »Frau Brand, denken Sie

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