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Nore Brand 03 - Racheläuten

Nore Brand 03 - Racheläuten

Titel: Nore Brand 03 - Racheläuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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nicht, dass ich hier vor Ihnen die Nerven verliere.« Sein Blick ging an ihr vorbei. »Ich trauere um meinen Enkel. Mir scheint, dass ich in ihm einen sehr wichtigen Menschen verloren habe. Ich habe ihn kaum gekannt und ich wollte das nun endlich nachholen. Nicht nur wegen des Geschäfts. Mir war plötzlich bewusst geworden, dass ich Großvater bin. Das klingt lächerlich, ich weiß, aber ich kann es einfach nicht anders sagen. Eines Tages war er da, und ich wusste, dass ich eine Aufgabe habe. Er erwartete etwas von mir.« Er schwieg und schaute eine Weile in die Bäume hinter ihrem Rücken. »Federico wollte einen Großvater, und ich wollte endlich meinen Enkel.«
    Bevor er weitersprach, räusperte er sich heftig. »Frau Brand, ich trauere nicht in der Öffentlichkeit. Das war bei uns zu Hause immer so. Eine Frage der Erziehung. Die Trauer bleibt in den eigenen vier Wänden. Außerhalb haben wir Haltung bewahrt. Das war für uns richtig und gut so. Auch jetzt. Ich möchte es nicht anders. Diese Haltung hat mir geholfen. Ich weiß, wo man trauert und wo nicht.«
    Nore Brand saß schweigend da.
    Er ließ sich zurückfallen. Sein Atem klang wie ein langes Seufzen. Er schaute sie an, nicht unfreundlich, wie ihr schien.
    »Ich sehe, Sie geben nicht auf, Frau Brand«, stellte er fest. »Sie wollen wissen, was Federico für ein Mensch war. War«, wiederholte er, »ich kann mich noch nicht an dieses ›war‹ gewöhnen. Ich habe ihn kaum gekannt.«
    Sein Blick streifte sie kurz, dann schaute er wieder in die Bäume hinter ihr. »Federico war der Sohn meiner jüngeren Tochter. Rosmarie. Sie hat einen Ingenieur geheiratet. Er arbeitet auf Erdölplattformen. Er hat sich spezialisiert, fragen Sie mich nicht worin, er war einfach immer auf Erdölplattformen. Im Golf von Mexiko, vor Schottland, auf der Nordsee. Immer unterwegs, und sie mit ihm. Was für ein Leben.« Er dachte kurz nach. »Ich weiß nicht, in wie vielen Schulen Federico war. Das hat ihm sicher nicht gut getan. Und monatelang ohne seinen Vater. Als er zu uns kam, vor einem Jahr ungefähr, merkte ich, dass ihm eine starke Hand gefehlt hat. Und ich habe mir natürlich auf der Stelle eingebildet, dass ich die ersetzen könne.« Er lachte lautlos. »Was man nicht immer alles denkt.«
    Er fuhr sich über die Stirn. »Dann tauchte er eines Tages auf, und ich freute mich. Es war so etwas wie die Geschichte vom verlorenen Sohn.« Er schaute sie prüfend an, ob sie seine Bemerkung vielleicht zu sentimental fand.
    Nore Brand reagierte nicht, das war nicht nötig.
    »Federico war ein heller Kopf, er hat Wirtschaft studiert. Er war vielleicht ungeduldig, das passt zu seinem Alter, oder? Ich wollte ihn langsam einarbeiten und ich glaube, er hatte sich tatsächlich in den Kopf gesetzt, die Firma eines Tages zu übernehmen.«
    »Dann war die Nachfolge also geregelt?«
    Er schaute sie überrascht an. »Geregelt? Nein, solche Sachen ergeben sich von selbst. Ich habe keine Eile.« Er wirkte irritiert.
    Das alte Problem der Nachfolge, dachte sie. Das war in diesem Fall nicht verwunderlich.
    »Und Ihr Schwiegersohn?«, fragte sie. »Wie war die Rückkehr Ihres Enkels für ihn?«
    »Remi?«, fragte er düster. »Remi Weissen ist schon recht, er hat Qualitäten, aber«, er brach ab und suchte nach einem passenden Wort, »er gehört doch nicht ganz richtig zur Familie. Er hat nur eingeheiratet.«
    Oskar Schmied lehnte sich über den Tisch. »Das bleibt unter uns, nicht wahr? Remi ist in Ordnung. Er ist, soviel ich weiß, ein recht guter Mann für Elsbeth. Das ist meine ältere Tochter.« Er schaute sie von unten herauf an. »Frau Brand, ich rede sonst mit keinem über meine Familie. Das bleibt doch unter uns, oder?«
    »Ja«, sagte sie. Es war eher ein Befehl als eine Frage gewesen. Sie schloss das Notizbuch und steckte es in die Tasche.
    Oskar Schmied schien zufrieden.
    »Mein Schwiegersohn Remi hat sich bestimmt Hoffnungen gemacht. Als Interimslösung wäre er sicher ganz in Ordnung. Doch jetzt …«
    Er schaute sie mit einem durchdringenden Blick an. »Wir beide reden jetzt aber nicht über die Zukunft meiner Firma, Frau Brand. Das ist meine ganz persönliche Angelegenheit. Wir reden nur über das, was mit Federico zu tun hat.«
    Nein. Alles hatte mit Federico zu tun, alles. Oskar Schmied musste das soeben verstanden haben, und sein plötzlicher Widerstand war das Zeichen dafür.
    Sie hielt seinem Blick stand. Oskar Schmied bereute, für seine Verhältnisse musste er außerordentlich

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