Nore Brand 03 - Racheläuten
Vermarktung und für vieles mehr.«
Nino Zoppa ließ nicht locker. »Aber die Idee ist wichtig, sie ist das Wichtigste, sie steht am Anfang, oder? Und die Idee stammt von Ihnen.«
Max Lebeau schüttelte verwirrt den Kopf.
Nore Brand legte die Broschüre vor ihn auf den Tisch. »Warum stehen Sie hier nirgends als Erfinder vermerkt?«
Max Lebeau lächelte gezwungen. »Weil das gegen die Philosophie unserer Firma wäre. Wir sind ein Team. Deshalb unser Name. TTC. TeamTowerClock.«
»Warum sind Sie so bescheiden?«, insistierte sie.
»Bescheiden?«, wiederholte er langsam. Er presste die Lippen aufeinander. »Es bedeutet mir nichts«, sagte er dann.
Seine Worte klangen ablehnend, zu schroff.
»Stimmt es, dass der Erbauer des Uhrwerks vom Zytglogge-Turm ein Nürnberger war?«, wollte Nino Zoppa wissen.
Max Lebeau stutzte.
Nino Zoppa schaute ihn fragend an, gar nicht wie ein Polizist.
Max Lebeau lächelte unvermittelt. »Ja, ein Mann namens Kaspar Brunner aus Nürnberg.« Er schien sich über das Interesse von Nino Zoppa zu freuen.
Nore Brand beobachtete ihn. Max Lebeau blieb kontrolliert. Er war nicht locker, auch er half, die Reihen geschlossen zu halten. Er hatte beschlossen, anonym zu bleiben. Er war untergetaucht in einem Team.
In einem schützenden Team, das zu einer Bedrohung geworden war?
»Herr Lebeau, wir vermuten, dass Federico Meier ermordet wurde. Was sagen Sie dazu?«
Max Lebeau erstarrte.
Ein paar Sekunden war es still im Raum.
»Ermordet?«, fragte er leise. »Ermordet, sagen Sie?«
»Ja, aus diesem Grund sind wir da. Es gibt Hinweise. Der Fall ist leider nicht abgeschlossen.«
Max Lebeau zog die Luft ein.
»Ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen«, sagte er tonlos.
Nore Brand holte ihr Notizbüchlein hervor.
»Herr Lebeau, Sie joggen regelmäßig. Haben Sie eine bestimmte Route?«
Er schaute sie erschrocken an. Plötzlich riss er sich zusammen und beugte sich über den Tisch. »Ich habe verschiedene Routen. An jenem Abend, als Federico Meier …«, er schaute sie zweifelnd an, »an jenem Abend, als Federico Meier gestorben ist, war ich an der Aare unterwegs. Von der Dalmazibrücke an aufwärts. So wie viele andere auch.«
»Allein?«
»Ja, allein. In meinem Tempo eben. Jeder rennt allein, weil jeder sein Tempo hat und seine Schrittlänge. Ich habe nie versucht, mit anderen zusammen zu joggen.«
Er schaute auf seine Hände. »An jenem Abend war ich an der Aare unterwegs. Langsamer als sonst. Wegen dieses unheimlichen Nebels. So früh im Herbst haben wir das ganz selten. Er war stockdicht. Ich musste aufpassen, dass ich nicht vom Weg abkam. Die Aare ist immer ganz nah. Ich habe mich noch gewundert, dass man sie so gut hört. Vielleicht ist das so, wenn man sie nicht sehen kann.«
»Kannst du dir vorstellen, dass Lebeau der Mörder ist?«, fragte Nino Zoppa, als sie wieder auf der Straße standen. »Er ist doch nett und er zeichnet gut. Und er ist verdammt bescheiden.«
»Bescheiden?«, fragte sie. »Ich weiß nicht. Er muss das wohl sein, schon wegen dieser Firmenphilosophie. Ich habe eben an die Worte von Oskar Schmied gedacht. Für mich grenzt das an Gehirnwäsche. Ich weiß nicht, ob er den Durchsichtigen spielt oder ob er tatsächlich durchsichtig ist.«
»Nein«, erwiderte Nino Zoppa bestimmt. »Lebeau spielt nicht. So einer kann das gar nicht.«
»Doch, er hält etwas zurück. Hast du seine Reaktion bemerkt, als ich auf den Mordverdacht zu sprechen kam?«
Nino Zoppa blieb stehen.
Die jungen Laubbäumchen um sie herum leuchteten in goldenen Herbstfarben. Irgendwo hinter den hohen Häusern am Hang schien eine blasse Herbstsonne.
»Nein, ich fand nichts daran. Er hat ganz normal reagiert. Er war zu Tode erschrocken. Das ist völlig normal. Und er muss sich jetzt mit dem Gedanken abfinden, dass es Mord gewesen sein könnte. Die Geschichte mit dem Selbstmord war doch leichter zu schlucken. Traurig, aber viel weniger verhängnisvoll für die Firma. Logisch, dass der einen Schreck hatte.«
»Ich habe mehr Angst als Schrecken gesehen … und gespürt …«
»Ich habe nichts davon gemerkt«, unterbrach er sie. »Aber nehmen wir mal an, du hast recht. Was bedeutet das?«
»Dass er etwas weiß. Dass etwas ans Tageslicht kommen könnte.«
Nino Zoppa setzte sich langsam wieder in Bewegung.
Nore Brand schaute nochmals zurück. Dieser Max Lebeau hielt etwas zurück. Außerdem war er ein findiger Kopf.
Oskar Schmied jedoch, der Chef, Besitzer und Großvater, hatte die
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