Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nore Brand 03 - Racheläuten

Nore Brand 03 - Racheläuten

Titel: Nore Brand 03 - Racheläuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
Vom Netzwerk:
erleichtert.

    Sie saßen eine Weile schweigend nebeneinander. Nore Brand schaute in den herbstlichen Garten hinunter.
    Da tauchte unvermittelt Elsi Klopfenstein in ihren Gedanken auf. Warum zum Kuckuck ausgerechnet Elsi?
    Jacques drehte sich zu ihr. »Was ist?«
    »Kann man einem Menschen auf irgendeine Art zuhören, ohne dass man auf seine Worte achtet?«
    Jacques gab einen fragenden Laut von sich.
    »Ich meine, man versteht ihn, auch wenn man sich an keinen Satz erinnern kann«, versuchte sie es nochmals. »Man meint jedenfalls, zu verstehen«, sie lachte, »keine Ahnung, wie ich das erklären soll.«
    »Ah«, Jacques schien sich zu amüsieren. »Ich verstehe. Natürlich ist das möglich. Ich denke sehr oft, dass meine Worte dich nicht wirklich erreichen, doch irgendwie reagierst du trotzdem richtig. Manchmal jedenfalls.«
    Er lachte vor sich hin. »Warum sagst du das?«
    »Es hat nichts mit uns beiden zu tun.«

    Sie erzählte von der Begegnung mit Elsi Klopfenstein.
    »Sie hat mir geholfen, etwas zu begreifen. Natürlich hatte sie nicht die geringste Ahnung davon. Wie auch. Sie erzählte mir etwas von einer Tante, doch davon habe ich nur die letzten Sätze gehört. Ich war in Gedanken bei einem anderen Gespräch. Und dann, als ich Wilmas Mutter in der Küche sah, war mir plötzlich alles klar.«
    Sie verstummte.
    Sicher machte sich Henriette Fink große Sorgen um ihre Tochter; sie hatte ihre Verzweiflung gesehen. Gleichzeitig hielt diese Frau das Wichtigste zurück. Wer hätte das nicht getan.
    Henriette Fink war eine Erpresserin aus Not. So musste es sein. Und die Männer ließen es zu, weil sie sich schuldig fühlten.
    Doch nun hatte sich etwas an der Geschichte verändert. Ein Teil davon war an die Oberfläche gekommen, und Henriette Fink versuchte verzweifelt zu retten, was zu retten war.
    Ihren Ruf? Wilma?
    Nore Brand vermutete, dass Nino dem Anfang der Geschichte ebenfalls auf der Spur war. Mit anderen Möglichkeiten.

    »Ist das nicht der perfekte Abend für ein elegantes belgisches Bier?«, fragte Jacques. Er war schon unterwegs in die Küche. Sie hörte seine schnellen und leichten Schritte.
    Als sie nach Hause gekommen war, hatte sie gesehen, dass seine Tasche halb gepackt hinter der Küchentür stand. Sie hatte es gesehen und gehört; Jacques konnte hier nicht arbeiten.
    Er kam zurück und stelle zwei Fläschchen und zwei Gläser auf den Tisch. Er schenkte mit aller Sorgfalt ein. Sie schaute ihm zu.
    Die Dunkelheit verhüllte seinen Gesichtsausdruck.
    »Wie geht es mit den Renovierungsarbeiten in Lausanne voran?«, fragte sie.
    Jacques setzte sich hin und stieß dabei an den Tisch. Mit einer raschen Bewegung rettete sie die Gläser.
    Er entschuldigte sich.
    Sie wehrte ab. »Es ist ja nichts passiert.«
    Sie suchte nach einer Zigarette.
    Jacques räusperte sich. »Mein Nachbar hat heute gemailt. Der ärgste Krach sei vorbei. Nur die Maler seien noch an der Arbeit.«
    Sie hörte ihn lautlos lachen. »Die Pinsel machen zum Glück keinen Lärm.«
    Sie griff nach den Zigaretten und schwieg. Sie hatte in der Zeitung gelesen, dass Rauchen gut gegen Demenz sei. Laut einer medizinischen Untersuchung.
    Dass man solche Sachen untersuchte.
    »Vielleicht war es keine gute Idee gewesen, zu dir zu kommen.«
    »Du bist wegen des Lärms in deinem Haus gekommen«, erinnerte sie ihn.
    »Ja, natürlich«, gab er zu, »es war einfach zu laut für mich.« Er schwieg einen Moment. »Aber bei dir ist so viel los, auch wenn du nicht zu Hause bist.«
    Sie nahm das Glas und prostete ihm zu. »Bisher hast du nichts gewusst von meinem Alltag.«
    Es war still.
    »Unser Alltagsexperiment ist also misslungen«, sagte sie dann.
    »Das tut mir leid«, erwiderte er, »die Wochenenden … ich habe nicht gedacht, dass …« Er verstummte.
    Er fuhr mit dem Zeigefinger über den Rand des Glases, sodass es ein quietschendes Geräusch machte, dann stellte er es auf den Tisch zurück.
    »Ändert unser Alltagsexperiment , wie du sagst, etwas zwischen uns?«, fragte er vorsichtig.
    Jede Erfahrung ändert etwas.
    Er hob sein Glas und tat, als ob er nochmals mit ihr anstoßen würde.
    »Nore, ich schlage vor, wir löschen diese Erfahrung. Delete und weg. Oder? Ich habe nicht die geringste Lust auf Veränderungen.«

    Am nächsten Morgen stand sie in ihrem Badezimmer und schaute in den Spiegel. Sie sah keine klaren Konturen, ohne Brille sowieso nicht. Sie fuhr sich durch das wilde Haar.
    Auch ohne Brille sah sie die verwischte Liebeserklärung,

Weitere Kostenlose Bücher