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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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hatten, wollen Austens Bescheidenheit und vorbildlich damenhafte Haltung beinahe als historisch bedingte Notwendigkeit erscheinen, als Rolle, die sie im Interesse ihrer Kunst zu spielen hatte und offensichtlich perfekt zu spielen wußte.
    Ob sie lieber nackt im Garten Verse deklamiert, mit Opium experimentiert und ihre verrückte, böse und gefährliche Seite ausgelebt hätte? Diese Frage muß offenbleiben. Mit Sicherheit aber kann man sagen, daß Austen nicht immer die perfekte Dame war, als die ihr Bruder und Neffe sie in den späteren Jahren ihres Lebens kannten und als die sie in deren biographischen Schriften erscheint. Vielmehr besaß die junge Jane Frechheit, Respektlosigkeit und Selbstbewußtsein genug, um jedem
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als Gegenbeispiel für ideales weibliches Verhalten zu dienen. Dies belegen einige Reste von Familienklatsch und -tratsch, die brieflich oder anderweitig erhalten geblieben sind. So bezeichnet ihre Cousine Philadelphia das Mädchen Jane als »whimsical and affected«, also launenhaft-unstet und affektiert. Das beste Zeugnis aber für Janes ›unweibliches‹ Selbstbewußtsein und ihre ungebremste Spottlust sind ihre Jugendwerke, posthum veröffentlicht als
Juvenilia
. Schon im Alter von zwölf Jahren begann sie zu schreiben, und bald waren ihre Texte ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil des stark literarisch geprägten Familienlebens der Austens. Gemeinsame Lektüre wurde regelmäßig gepflegt; während der Ferien veranstaltete man sogar hin und wieder kleine private Theateraufführungen. Und gern versammelten sich die Geschwister (insgesamt sechs Brüder, von denen einer außer Haus bei Verwandten aufwuchs, und zwei Schwestern) im Schulzimmer des heimischen Pfarrhauses, um dem jüngsten Werk des familieneigenen Wunderkindeszu lauschen. Virginia Woolf malt sich (in
The Common Reader
, 1925) aus, wie das Gelächter der Geschwister von den Wänden widerhallte – man glaubt ihr sofort, nimmt man die
Juvenilia
zur Hand. Diese Texte, allesamt literarische Persiflagen, sind voll von einem scharfen Witz, der sich lustvoll bis an die Grenzen des schieren Nonsens wagt, ein Witz, der auch vor hochangesehenen Autoren und seriösen Sujets nicht haltmacht. Die Prätentionen und Absurditäten des populären Schauerromans dem Gelächter preiszugeben war eine Sache, und Austen tat es mit viel Verve. Aber sie lachte auch freimütig und respektlos über die empfindsamen Romane Samuel Richardsons, eines Autors, den sie wertschätzte und der den Status einer kulturellen Institution innehatte, oder über die seriöse (weil patriotische) Geschichtsschreibung eines Oliver Goldsmith. Lachend und persiflierend erkundete sie die Mechanismen und Automatismen, die Verlogenheiten und Klischees aller möglichen literarischen Genres. Lachend richtete sie über deren künstlerischen Erfolg oder Mißerfolg, über Sinn und Unsinn, über Lüge und Wahrheit. Mochte sie sich auch in späteren Jahren hinter dem anonymen »bya lady« verstecken so wie ihre Manuskripte unter Löschpapier – die Jugendwerke geben den Blick frei auf eine Autorin, die keine Bescheidenheit kannte in bezug auf zwei wesentliche Dinge: ihr künstlerisches Urteil und den Wert ihres eigenen künstlerischen Schaffens.
    Auch die schwierigen Bedingungen ihrer eigenen Autorschaft, ihren Status als schreibende Frau und als Romanschriftstellerin, erkundete sie schreibend – und wagte wiederum zu lachen, wo andere in ehrfürchtige oder demütige Gesten verfielen.
Northanger Abbey
, Austens erster vollständiger Roman, verfaßt in den Jahren 1798 – 1799, enthält ein literarisches Manifest, das in diesem Sinne fanfarenartig das V. Kapitel des ersten Bandes beschließt. Dies ist um so bedeutsamer, als
Northanger Abbey
der erste von Austens Texten war, den sie (noch unter dem Titel
Susan
) an einen Verlagverkaufte und mit dem sie sich also zum ersten Mal in der literarischen Öffentlichkeit präsentieren wollte. Es sollte anders kommen: Der Verlag, Crosby of London, verzögerte die Publikation auf Jahre hinaus, 1809 beschwerte sich Austen brieflich und kaufte den Text 1815 schließlich zurück. In nochmals überarbeiteter Fassung und unter dem neuen Titel
Northanger Abbey
erschien er erst 1818, posthum. Diese etwas komplizierte Publikationsgeschichte hat vermutlich die Rezeption Austens beeinflußt (zuerst bekannt wurde sie eben mit
Verstand und Gefühl
, einem Werk ganz anderer Tonlage), ändert aber nichts an dem Ton souveräner Autorität, mit dem

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