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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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hatte ihn zuvor davon abgehalten, sich um ihre Hand zu bewerben. Sein unverhoffter Aufstieg zu Titel und Vermögen schaffte sämtliche Hindernisse aus der Welt; und niemals in all den Stunden, die sie ihm eine so duldsame und dienstbare Gefährtin gewesen war, hatte der General seine Tochter so geliebt wie nun, da er sie erstmals mit »Ihre Ladyschaft« ansprach. Ihr Mann verdiente sie voll und ganz, denn unabhängig von seinem Adel, seinem Reichtum und seiner tiefen Liebe zu ihr war er gewißlich der reizendste junge Mann der Welt. Jede weitere Schilderung seiner Vorzüge erübrigt sich damit; der reizendste junge Mann der Welt steht uns allen im Nu vor Augen. Zu diesem hier will ich daher nur rasch noch anfügen (denn die Regeln der Romankomposition verbieten es bekanntlich, eine Figur ohne jegliche Querverbindungen einzuführen), daß es sich bei ihm um ebenden Herrn handelte, dessen unachtsamer Kammerdiener am Ende eines längerenBesuches in Northanger die Sammlung von Wäschelisten liegenlassen hatte, durch die meine Heldin in eines ihrer aufwühlendsten Abenteuer hineingezogen wurde.
    Sehr hilfreich bei ihrem Bitten für den Bruder waren Viscount und Viscountesse auch Mr. Morlands tatsächliche Vermögensverhältnisse, über die sie den General, als er es endlich zuließ, schnellstens aufklärten. So erfuhr er, daß ihn Thorpe mit seiner übertriebenen Darstellung des Familienreichtums kaum ärger in die Irre geführt hatte als mit dem böswilligen Widerruf derselben, daß die Morlands in keiner Weise bedürftig oder arm waren und daß Catherine dreitausend Pfund mitbekommen würde. Dies war eine so gewaltige Aufbesserung seiner bisherigen Erwartungen, daß es ihm die Abstriche, die sein Stolz hinnehmen mußte, sehr versüßte; und ein übriges tat eine vertrauliche Auskunft, die einzuholen er sich einige Mühe kosten ließ und laut der Fullerton seinem derzeitigen Besitzer uneingeschränkt gehörte, wodurch gierigen Spekulationen erneut Tür und Tor geöffnet war.
    All dies führte dazu, daß der General seinen Sohn kurz nach Eleanors Hochzeit gnädig wieder in Northanger aufnahm und ihm von dort den väterlichen Segen mitgab, sehr hübsch verpackt in einem Brief voll hohler Beteuerungen an Mr. Morlands Adresse. Das auf diesem Wege genehmigte Ereignis fand denn auch baldigst statt: Henry und Catherine heirateten, alle Glocken läuteten, und alle Gesichter strahlten dazu; und da dies keine zwölf Monate nach ihrer ersten Begegnung geschah, läßt sich nur schwer behaupten, all die fürchterlichen Aufschübe durch die Grausamkeit des Generals hätten ihnen ernstlichen Schaden zugefügt. Das vollkommene Glück im Alter von achtzehn respektive sechsundzwanzig zu finden, ist kein ganz schlechtes Los; und wenn ich dazu noch meine Überzeugung bekenne, daß das ungerechte Dazwischengehen des Generals, weit entfernt davon, sie ins Elend zu stürzen, ihrem Glück vielleicht sogar förderlichwar, indem es ihnen half, einander noch besser kennen und noch höher schätzen zu lernen, kann jeder, der sich dazu berufen fühlt, selbst entscheiden, wofür dieses Werk letztlich plädiert, ob für elterliche Tyrannei oder kindlichen Ungehorsam.

    FINIS

ANMERKUNGEN
    1
    Die Familie Austen machte sich gern über diesen Männernamen lustig. Am 15. 9. 1796 schreibt Jane Austen in einem Brief: »Mr. Richard Harveys Heirat wird so lange verschoben, bis er einen besseren Vornamen hat; aber die Hoffnung stirbt ja zuletzt.«
    2
    The Beggar’s Petition
: pathetisches Poem von Thomas Moss (1740 – 1808) aus dem Jahr 1769.
    3
    Die Fabel von John Gay (1685 – 1732) erschien erstmals 1727 und schildert das Schicksal einer Häsin, die erst mit allen Tieren des Waldes Freundschaft schließt, dann jedoch von diesen im Stich gelassen wird, als eine wilde Hundemeute sie angreift.
    4
    Zitat aus Alexander Popes (1688 – 1744) Gedicht
Elegy to the Memory of an Unfortunate Lady
(1717).
    5
    Zitat aus Thomas Grays (1716 – 1771) Gedicht
Elegy in a Country Churchyard
(1751).
    6
    Zitat aus James Thomsons (1700 – 1748) Gedicht
Spring
(1728).
    7
    Zitate aus William Shakespeares (1564 – 1616) Dramen
Othello
(III, 3),
Maß für Maß
(III, 1) und
Was ihr wollt
(II, 4).
    8
    Jane Austen löste hier selbst in einer Fußnote die Anspielung auf. Der Schriftsteller Samuel Richardson (1689 – 1761) verbittet sich in einem Artikel in der englischen Zeitschrift
The Rambler
, daß sich Frauen in Männer verlieben, bevor diese ihnen ihre Liebe gestanden

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