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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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die junge Autorin ins Rampenlicht der Öffentlichkeit tritt, beziehungsweise treten wollte. »Ich«, sagt lautstark die in
Northanger Abbey
auftretende Erzählerfigur, Sprachrohr und literarische Persona ihrer Autorin, und bekennt sich offen zu ihrer weiblichen Identität. Dies tut sie in Kapitel V zunächst dadurch, daß sie sich der zu Unrecht »unter Beschuß« stehenden Autorengruppe solcher Romane wie
Cecilia
,
Camilla
oder
Belinda
zuordnet – es handelt sich um Romane von Fanny Burney und Maria Edgeworth, den wohl berühmtesten Autorinnen ihrer Zeit. Daß Austens Erzählerfigur als Frau unter Frauen spricht, signalisieren auch die affektive Bezeichnung Fanny Burneys als »Schriftstellerkollegin« (S. 122) und später die augenzwinkernd selbstbezügliche Passage darüber, wie gern die »Feder der Autorin«, die »Schöpferin« des Romans bei einem Romanschluß verweilt, der den Triumph der Heldin schildert (S. 258). Und nicht nur stellt sich Austen beziehungsweise Austens Erzählerfigur auf eine Stufe mit arrivierten Autorinnen; sie reklamiert auch für den Roman als Gattung die höchsten literarischen Meriten und beschwört sein vielschichtiges Potential in superlativischen Ausdrücken. Der Roman hat Austen zufolge eine analytische Dimension und steht im Dienst von Wissen und Erkenntnis (»die höchsten Kräfte des Geistes«; »Kenntnis«); er unterhält auf höchstem Niveau (»lebhaftesteErgüsse von Witz und Humor«, S. 38), und er besticht durch ästhetische Perfektion (»in geschliffenster Sprache«, S. 38). Wo Fanny Burney und Maria Edgeworth entschuldigende Gesten der Selbstlegitimation für nötig halten (so weist etwa letztere im Vorwort zu
Belinda
den Begriff »Roman« ängstlich von sich und will ihr Werk statt dessen als
moral tale
, moralische Erzählung, verstanden wissen), da kann Austen nur lachen: »Romane sind nichts für mich – Ich schlage nur ganz selten einen auf – Denken Sie bloß nicht von mir, daß
ich
oft Romane lese – Für einen
Roman
mag so etwas noch angehen.« (S. 38) In dieser Häufung, zitiert und nachgeäfft, entlarven sich solche Äußerungen moralischer Scheu vor einem nicht ganz sauberen Genre wie von selbst. Sie erscheinen als lächerliche Affektation, als unreflektiertes Geschwätz, als »Leier«.
    Die dreiundzwanzigjährige Austen glaubte an sich und an die Relevanz, das Potential der Romanform. Was also tat sie, um die Relevanz dieser Form zu zeigen, ihr Potential zu realisieren? Eine kurze (und notwendigerweise verkürzende) Antwort ist: Mit
Northanger Abbey
öffnete sie den Roman auf eine noch nie dagewesene Weise der Realität. »Wir lesen Jane Austen, weil sie uns besser zu kennen scheint als wir uns selbst«, sagt Harold Bloom, Doyen anglistischer Literaturkritik, und nennt damit als Grund für Austens dauerhaften Erfolg diesen neuen Realismus, der bewirkt, daß Leserinnen und Leser seit zweihundert Jahren sich selbst, ihre Mitmenschen, ihre Lebens- und Liebesgeschichten in Austens Romanen wiedererkennen.
    Northanger Abbey
, in seiner Eigenschaft als erster Roman der Autorin, dokumentiert am deutlichsten, wie Austen bei ihrer Verwandlung der Romanform vorgeht. Eine Schlüsselrolle spielt die in den Jugendwerken perfektionierte Form der Persiflage, die Austen gleich in der furiosen Eingangspassage von
Northanger Abbey
zum Einsatz bringt. Catherine, so erfährt man hier, hat nichts von dem, was eine Romanheldinzu haben pflegt. Ihre Charakterisierung erfolgt fast ausschließlich
ex negativo
: Klischees, insbesondere des Schauerromans, der
gothic fiction
, aber auch des empfindsamen Romans werden aufgerufen und sofort als unzutreffend abgetan. Catherines Vater neigt nicht dazu, seine Töchter einzusperren, ihre Mutter ist keines tragischen Todes im Kindbett gestorben, Catherine selbst ist weder hinreißend schön noch hat sie herausstechende Begabungen; und zu all ihren Nicht-Eigenschaften hinzu ist sie auch noch siebzehn Jahre alt geworden, ohne jemals eine verzehrende Leidenschaft empfunden zu haben oder Gegenstand einer solchen geworden zu sein. Kurz, nach Maßgabe etablierter Romankonventionen ist Catherine keine Heldin, sondern eine Anti-Heldin. Wie in den
Juvenilia
bedient sich Austen der Persiflage, um einen vielschichtigen komischen Effekt zu erzielen. Zu dem entlarvenden Lachen über sensationslüsterne und eskapistische Klischees gesellt sich das lustvolle Lachen über den schieren Unfug: So ist »ihr Vater […] war ein hochanständiger Mann, obwohl er

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