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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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Parlament angegriffen.
    Wenn General Tilney also das Luxusgut Ananas anbaut und dazu die Arbeitskraft einer ganzen Gemeinde vereinnahmt, so ist das kein geringes Vergehen. Er macht sich schuldig gegenüberden von ihm Abhängigen, denen es – und diese Nuance wäre einem Leser um 1800 nicht entgangen – in der Folge am eigenen täglich Brot mangeln wird. Und er macht sich schuldig an seinem Vaterland, dessen Stabilität er durch seine Verantwortungslosigkeit gefährdet, aus keinem besseren Grund als seiner Gourmandise. Der rückwärtsgewandte Blick in eine finstere Geschichte, der in die Ferne gewandte Blick auf exotische Szenarien, so wie der Schauerroman sie praktiziert, sind gänzlich unnötig. Wer sich gruseln will, so bedeutet Austen ihren Lesern, muß nur einen Blick auf seine Mitmenschen und die gesellschaftlichen Zustände werfen.
    Oft ist Austen vorgeworfen worden, sich allzusehr auf den allzu geschützten Raum sozial gehobener, weiblicher Lebens- und Liebesgeschichte beschränkt und die
Welt
, die revolutionären Umwälzungen und Kriege ihrer Epoche gänzlich ignoriert zu haben. Dieser Vorwurf greift zu kurz; wie geschildert kann auch eine Ananas ein Politikum sein. Und Austen macht in
Northanger Abbey
weitere politische und gesellschaftskritische Aussagen, indem sie gesellschaftliche Realitäten als banale, aber darum nicht weniger bedrohliche Spiegelbilder künstlichen literarischen Horrors zeigt. So kann die Phrase »in London ist ja demnächst etwas ganz und gar Haarsträubendes zu erwarten« (S. 123) in der Welt von
Northanger Abbey
zwei sehr verschiedene Dinge bedeuten, wie ein bezeichnendes Mißverständnis zwischen Catherine und Eleanor Tilney beweist: Für Catherine bezieht sich die Phrase auf die Veröffentlichung eines neuen Schauerromans, bei Eleanor löst sie echte Ängste aus, denn sie hört in ihr die Ankündigung von Aufruhr und Blutvergießen. Ihre Befürchtungen sind dabei keineswegs so unberechtigt, wie ihr Bruder Henry, der das Mißverständnis aufklärt, mit seinem belustigtkarikierenden Tonfall suggeriert. Denn St. George’s Fields, der Ort, an dem Henry spottend ein rein imaginäres Schreckensszenario ansiedelt, war 1780 tatsächlich Schauplatz politischer Unruhen, der sogenannten
Gordon Riots
. In deren Verlaufwurde unter anderem wahr, was Henry als Hirngespinst seiner Schwester darstellt: Die Bank of London wurde gestürmt.
    Catherines Leben (so wie das Leben anderer Austen’scher Heldinnen) spielt sich in Wohnzimmern, Parklandschaften und Kurorten ab – in beschränkten Räumen, das ist wahr. Niemals aber zeichnet Austen diese Räume als luftdicht verschlossen vor gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Realitäten. Wo eine Figur wie General Tilney, nur allzu ähnlich der stereotypen Schurkenfigur des Schauerromans, Macht und Ansehen genießt, wo »etwas ganz und gar Haarsträubendes« ein Buch oder ein Blutbad meinen kann, da sind auch Wohnzimmer, Parks und Kurorte keine reinen Idyllen, da leben auch junge Frauen gefährlich oder zumindest nicht ungefährlich.
    So teilt die Anti-Heldin Catherine mit den Heldinnen des Schauerromans (ohne wie diese verschleppt, eingesperrt oder vergewaltigt zu werden) eine zentrale Erfahrung: diejenige der eigenen Machtlosigkeit. »Der Mann [hat] den Vorteil der freien Wahl […] und die Frau lediglich die Macht abzulehnen« (S. 84). Diese Regel gilt, dem geistreichen Henry zufolge, sowohl beim Tanzen als auch auf dem Heiratsmarkt. Sie beschreibt aber auch das Machtverhältnis der Geschlechter allgemein, so wie es etwa in den
conduct books
als ideal, weil naturgegeben, dargestellt wurde. Weibliche Macht ist demnach beschränkt auf die Zurückweisung des Unerwünschten; die aktive Verfolgung des Erwünschten bleibt tabu. Nun ist die Macht der Zurückweisung, das Recht, nein zu sagen, zweifelsohne besser als gar nichts. Catherine muß allerdings erfahren, daß es auch mit dieser bloß negativen Macht nicht immer sehr weit her ist. Ihr Bruder James und ihre Freunde, Isabella und John Thorpe, entführen sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen auf einen Ausflug nach Blaize Castle und zwingen sie so, ihrer Verabredung mit den Geschwistern Tilney ohne Entschuldigung fernzubleiben. Als Catherine dieTilneys auf der Straße erblickt und die Lüge durchschaut, der sie aufgesessen ist, werden ihre Proteste, ihr klares Nein von James und Isabella ignoriert, von John Thorpe gar verlacht: »›Bitte, Mr. Thorpe, bitte bleiben Sie stehen – Ich

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