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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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die kalte Schulter gezeigt. Unsere letzte Begegnung war in der Bath Street, und ich bin eiligst in ein Geschäft abgebogen, damit er mich nicht anspricht; ich habe ihn keines Blickes gewürdigt. Danach ging er weiter in die Trinkhalle, aber ich wäre ihm um nichts in der Welt dorthin gefolgt. Welch ein Gegensatz zwischen ihm und Deinem Bruder! – bitte gib mir Bescheid über ihn – ich mache mir schreckliche Gedanken um ihn, er schien sich so unwohl zu fühlen, als er abreiste, wegen eines Schnupfens oder weil ihm irgend etwas aufs Gemüt drückte. Ich könnte ihm auch selbst schreiben, aber ich habe seine Adresse verlegt, und wie schon gesagt, ich fürchte, daß er etwas an meinem Verhalten falsch gedeutet hat. Bitte erkläre ihm alles zu seiner Zufriedenheit; und sollte er noch
irgendwelche Zweifel hegen, werden ein paar Zeilen von ihm an mich oder ein Besuch in Putney, wenn er das nächste Mal in der Stadt ist, sie sicher ausräumen. Ich habe eine Ewigkeit keinen Ball und kein Theaterstück mehr besucht, nur gestern war ich mit den Hodges in einem Lustspiel, zum halben Preis; sie haben keine Ruhe gegeben, bis ich mitkam, und sie sollten natürlich aufkeinen Fall sagen können, ich würde Trübsal blasen, weil Tilney abgereist ist. Wir kamen neben den Mitchells zu sitzen, und sie taten ganz überrascht, daß ich da bin. Ich weiß, wie gehässig sie sind – eine Zeitlang haben sie mich kaum gegrüßt, aber jetzt sind sie die Freundlichkeit in Person; aber ich bin nicht so dumm, daß ich darauf hereinfalle. Wie Du weißt, habe auch ich meinen eigenen Kopf. Anne Mitchell hatte versucht, den Turban zu kopieren, den ich letzte Woche im Konzert aufhatte, und er ist ihr gründlich danebengeraten – meinem komischen Gesicht steht so etwas zufällig, zumindest behauptete das Tilney; ich würde alle Blicke aufmich ziehen, sagte er, aber er ist der letzte, aufdessen Urteil ich irgend etwas gebe. Ich trage jetzt nur noch Violett – ich weiß, daß ich grauenhaft darin aussehe, aber sei’s drum, es ist die Lieblingsfarbe Deines lieben Bruders. Bitte verlier keine Zeit, meine liebste, süßeste Catherine, und schreibe an ihn und an mich,
    auf ewig Deine unverbrüchliche, etc.

    Soviel durchsichtige Heuchelei verfing nicht einmal bei Catherine. Unstimmigkeiten, Widersprüche und Lügenhaftigkeit sprangen ihr aus jeder Zeile entgegen. Sie schämte sich für Isabella, schämte sich, sie je liebgehabt zu haben. Ihre Zuneigungsbeteuerungen klangen für sie nun so ekelhaft wie ihre Ausreden hohl und ihre Forderungen unverschämt. In ihrem Auftrag an James schreiben! – Nein, aus Catherines Mund sollte James Isabellas Namen nie mehr hören.
    Als Henry aus Woodston zurückkam, ließ sie ihn und Eleanor wissen, daß ihr Bruder in Sicherheit war, beglückwünschtebeide aufrichtig dazu und las ihnen mit großer Entrüstung die bezeichnendsten Stellen aus ihrem Brief vor. »So viel zu Isabella!« rief sie, als sie geendet hatte, »und zu unserer ganzen Freundschaft! Für wie blödsinnig hält sie mich, daß sie mir so etwas schreibt; aber vielleicht durchschaue ich ihren Charakter nun ja besser als sie meinen. Ich verstehe genau, worauf sie es angelegt hatte. Sie ist eitel und kokett, und ihre List hat nicht verschlagen. Ich glaube nicht, daß ihr je wahrhaft etwas an James oder an mir lag, und ich wünschte, ich hätte sie nie gekannt.«
    »Es wird Ihnen schon bald ganz so vorkommen«, tröstete Henry.
    »Nur eines begreife ich nicht. Mir ist klar, daß sie Absichten auf Captain Tilney hatte, die fehlgeschlagen sind, aber ich verstehe nicht, worauf Captain Tilney diese ganze Zeit über aus war. Warum hat er sie so hofiert, daß sie sich mit meinem Bruder entzweit hat, nur um sich dann davonzumachen?«
    »Ich kann sehr wenig zugunsten von Fredericks Beweggründen sagen, so wie sie sich mir darstellen. Er hat seine Eitelkeiten, genau wie Miss Thorpe, und der Hauptunterschied zwischen ihnen ist, daß er schlauer ist als sie und sich deshalb noch nicht die Finger verbrannt hat. Wenn die
Wirkung
seines Verhaltens ihn vor Ihnen nicht rechtfertigt, wollen wir besser nicht die Ursache ergründen.«
    »Dann glauben Sie, daß er nie wirklich etwas für sie übrig hatte?«
    »Ich bin mir ziemlich sicher.«
    »Und er hat nur aus Mutwillen so getan?«
    Henry verbeugte sich zustimmend.
    »Nun, dann muß ich sagen, daß ich sehr wenig von ihm halte. Auch wenn es so gut für uns ausgegangen ist, ich halte rein gar nichts von ihm. Zufällig ist kein

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