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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Die Anstrengung trieb ihm Falten auf die Stirn. »In den engen Gassen sind wir länger von den Schatten geschützt.«
    »Aber dort sind um diese Zeit schon Menschen unterwegs. Sieh, überall strömen sie aus ihren Häusern, um ihr Tagewerk zu beginnen.«
    Sie duckten sich hinter eine zerbrochene Mauer und hasteten weiter, als die beiden Männer in grober Arbeitskleidung außer Sicht waren. Endlich ragten die Mauern des Kolosseums vor ihnen auf, und dahinter erhob sich in frischem Grün der Hügel, der die Domus Aurea verbarg. Zwei Gestalten stürzten auf sie zu. Die eine massig und dunkel, die andere drahtig mit blonden Locken, die ausnahmsweise wirr vom Kopf abstanden.
    Hindrik erreichte sie als Erster. »Der Hölle sei Dank! Ist alles in Ordnung mit euch?«
    »Seymour ist schwer verletzt!«
    Matthias nahm seinem jungen Herrn den Wolf ab und lief mit dem Tier in den Armen voran. Hindrik hob Ivy auf und rannte hinterher, ohne sich um ihren Protest zu scheren. Als die Morgensonne die oberen Bögen des Kolosseums rot aufleuchten ließ, schlüpften die Vampire durch die verborgene Tür in den Schutz der Domus Aurea.
     
    »Da seid ihr ja endlich!«, rief Alisa aus und umarmte Ivy so fest, als wollte sie ihr die Rippen brechen. Franz Leopold blieb neben ihr stehen. Alisa gähnte und taumelte zur Seite. »Was ist nur passiert? Erzählt! Habt ihr die Vampirjäger gesehen? Seid ihr wohlauf?«
    Franz Leopold nickte. »Ja, ein Mann und ein Mädchen, kaum älter als wir selbst.«
    Alisa lehnte sich gegen ihren Sarkophag. Die Müdigkeit griff nach ihr, und es war ihr, als drückten Gewichte auf ihre Augenlider. Hinter Ivy trat Hindrik ein, gefolgt von Matthias, der den mit Blut verschmierten Seymour in den Armen hielt. Der Anblick vertrieb für einen Moment die bleierne Schwere aus Alisa. »Bei allen Dämonen, was ist mit ihm? Ist er schwer verletzt?«
    Ivy nickte und nahm den Wolf aus den Armen des Unreinen. »Ich weiß noch nicht, wie ich ihm helfen kann.« Sie strahlte Verzweiflung aus, die sie wie eine Wolke umgab.
    Franz Leopold hob den Arm und streckte die Hand nach Ivy aus, aber sein Diener verstellte ihm den Weg. »Es ist höchste Zeit für Euch, Herr!« Sein Auftreten und sein Ton waren ungewöhnlich bestimmt. Er schob den Arm unter den Ellenbogen seines Schützlings und zog ihn aus der Kammer. Alisa sah, dass auch Franz Leopold mit schwindenden Kräften gegen den Schlaf ankämpfte. Sie zwang ihren Blick, zu Ivy und Seymour zurückzukehren, und wankte auf die beiden zu, um zu trösten und zu helfen, auch wenn der Nebel in ihrem Kopf immer dichter wurde und sie das Gefühl hatte, der Boden würde sich in sanften Wellen bewegen.
    Hindrik legte den Arm um sie. »Es wird auch für dich Zeit!« Alisa versuchte zu protestieren, konnte jedoch nur gähnen und sich widerstandslos zu ihrem Lager tragen lassen.
    Hindrik legte Alisa in den Sarg und rückte ihre Kissen zurecht. »Für heute ist es genug!« Mit einem energischen Stoß schob er den Deckel über ihr zu. Die vertraute Finsternis umfing sie, und es gelang ihr nicht, noch länger gegen den natürlichen Drang der Vampire anzukämpfen. Ihre Augen fielen zu, der Atem stockte, ihr Körper sank in eine Starre, die sich erst wieder lösen würde, wenn die letzten Sonnenstrahlen auf der anderen Seite des Tibers verloschen waren.
     

SEYMOUR
    Sie wartete, bis alle Geräusche in der Domus Aurea verklungen waren, dann schob sie vorsichtig den Deckel ihres Sarkophags wieder auf. Sie konnte seinen schweren Atem hören, in dem der Schmerz klang, als würde er ihn in Worten klagend herausschreien. Ivy schwang sich über den Steinrand und kauerte sich neben Seymour auf den Boden. Sie umhüllte sein Gesicht mit ihren schmalen Händen.
    »Es war eine Silberklinge, ich weiß. Ich habe es gesehen. Aber du wirst wieder gesund werden! Wir werden das zusammen schaffen, nun jedoch muss ich erst einen Platz suchen, an dem du genesen kannst. Bleib ganz ruhig liegen. Du darfst nicht noch mehr Blut verlieren. Ich bin bald zurück.«
    Seymour gab nur ein Wimmern von sich. Ivy streichelte ihn noch einmal behutsam, dann huschte sie hinaus. Sie lauschte und sandte ihre Gedanken in alle Richtungen. Es war niemand mehr unterwegs. Aus den Unterkünften der Servienten empfing sie noch ein paar wirre Gedanken, doch auch die Diener und Begleiter schienen nun alle in ihren Särgen zu liegen und sich dem Schlaf zu überlassen. Ivy lief durch die Gänge und spähte in Kammern, bis sie ein kleines Steingelass

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