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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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einfacher Reif aus grün gesprenkeltem Stein. Franz Leopold konnte nicht einmal genau sagen, was es war, dass sie alle anderen überstrahlen ließ wie der honiggelbe Vollmond die winzigen Sterne am nächtlichen Himmel. Ihr Gesicht war schmal und fein geschnitten, die Augen hatten die Farbe von Türkisen. Sie sah sich aufmerksam um, neigte dann den Kopf und grüßte die Professorin und ihre Mitschüler mit melodischer Stimme. Franz Leopold schluckte noch einmal. Gedankenfetzen rasten durch sein Hirn, und er hatte das Gefühl, ihm würde schwindelig, wenn er sich nicht mit beiden Händen an seinen Hocker klammerte. Er nahm kaum wahr, wie Signora Enrica die Neuankömmlinge aus Irland begrüßte.
    »Mervyn, Ivy-Máire, willkommen in der Domus Aurea. Setzt euch, damit wir mit dem Unterricht fortfahren können.« Ihre Stirn legte sich in Falten, während sie sich suchend im Klassenraum umsah. »Karl Philipp, rutsch auf die nächste Bank, damit die beiden sich zu euch setzen können. Und Ihr, Sir, wollt Euch sicherlich wieder zu den Clanführern begeben? Ich denke, Conte Claudio wird erfreut sein.«
    Donnchadh neigte das Haupt. »Aber sicher. Lasst Euch nicht weiter in Euren Belehrungen stören.« Die Lycana gingen hinaus und schlossen die Tür hinter sich. Ohne ein Zeichen von Unsicherheit steuerte Ivy-Máire direkt auf den Platz zu, auf dem Karl Philipp gerade noch gesessen hatte. Vielleicht war es ihr nicht einmal bewusst, dass alle sie anstarrten. Ohne dass sie einen Befehl gab, erhob sich der Wolf und folgte ihr. Sie blieb vor Franz Leopold stehen.
    »Ist es dir recht, wenn ich mich zu dir setze?«, fragte sie, und in seinen Ohren klang es wie der Gesang von Sirenen*.
    »Äh, ja«, presste Franz Leopold hervor und senkte den Blick. Er ärgerte sich über sich selbst. Was war nur mit ihm los? Wäre er ein Mensch, wäre er vermutlich auch noch rot geworden! Um nicht auf die Tischplatte starren zu müssen, sah er zu Luciano hinüber und fing dessen Gedanken der Enttäuschung auf.
    Ausgerechnet zu dem hochnäsigen Dracas muss sich dieses wunderbare Wesen setzen!
    Franz Leopold grinste gehässig. Jeder bekommt das, was er verdient, sandte er Luciano in Gedanken. Der dicke Römer sah weg und wandte sich wieder Signora Enrica zu, die in ihren Erklärungen fortfuhr, wo sie aufgehört hatte. Sie rief Anna Christina vor, doch sie schaffte es nicht einmal auf vier Schritte an den Stein heran. Fernand dagegen schlug sich ganz gut, und Chiara gelang es dank ihres Erbes sogar, das Bild zu berühren.
    Franz Leopold achtete nicht auf den Unterricht. Er warf seiner neuen Banknachbarin verstohlene Blicke zu. Ihr Wolf saß wie eine Statue reglos neben ihr und schien Signora Enricas Ausführungen ebenso interessiert zu folgen wie seine Herrin. Franz Leopold konnte nicht widerstehen. Er musste wissen, was Ivy-Máire bewegte. Für einen Augenblick fragte er sich bang, was sie über ihn dachte, verdrängte die Frage aber gleich wieder. Seit wann kümmerte es ihn, was andere von ihm hielten? Und dann auch noch das Mitglied einer minderwertigen Familie!
    Er streckte seinen Geist aus und richtete seine Gedanken auf die weiße Stirn. Nichts. Das war seltsam. Er verstärkte seine Bemühungen. Nichts. Absolut nichts!
    Ivy-Máire wandte den Kopf und sah ihm gelassen in die Augen. »Das ist nicht sehr höflich. Außerdem wirst du keinen Erfolg damit haben.«
    »Was? Wovon redest du?«
    Sie schenkte ihm noch einen Blick, der ihm wie ein versengender Blitz durch den Leib fuhr, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder der Professorin zu.
    Franz Leopold ballte wütend die Fäuste. Was bildete sich die Göre ein, so mit ihm zu sprechen? Er würde sie lehren, ihm Respekt entgegenzubringen! Eingebildetes Geschöpf! Hatte sie seine Gedanken gelesen oder nur erraten, was er getan hatte? Wider Willen mischte sich so etwas wie Bewunderung in seine Wut. Er spürte ihren raschen Seitenblick und ihr Lächeln ließ es ihm heiß und kalt werden. Er würde auf der Hut sein müssen!
     

IM KOLOSSEUM
    Sie war einfach unglaublich! Alisa musste aufpassen, dass sie das andere Mädchen nicht mit offenem Mund anstarrte. Selbst als sie sich dem Unterricht wieder zuwandte, war sie sich der Anwesenheit von Ivy-Máire in ihrem Rücken bewusst.
    Sollte sie sie nachher ansprechen und sich vorstellen oder würde die Irin das als aufdringlich empfinden? Sie müsste es taktvoll beginnen und durfte sie auf keinen Fall so anglotzen, wie einige der jungen Vampire es immer noch

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