Nosferatu 2055
hinsichtlich der Kundschaft war.
»Nun, vielleicht ist das sogar von Vorteil. Ich ziehe es vor, keine Geschäfte mit Herstellern und Lieferanten von Massenware zu machen«, lächelte der Mann. Sein Bart verbarg den größten Teil seines Gesichts, und seine Augen waren hinter einer Sonnenbrille versteckt, die Michael auch für seine Berufsgruppe ein wenig zu auffällig fand. Sein Bauch besagte, daß er nicht ganz so eng sitzende Hosen tragen sollte, aber das Seidenhemd war bewußt zurückhaltend und die Krawatte unter dem gutgeschnittenen Blazer schlicht und dunkelblau.
»Ich bin an einer Grundausstattung für eine bestimmte Anzahl von Leuten interessiert«, sagte Michael und nippte wieder von seinem Wein. »Und auch an einigen nicht ganz so grundlegenden Dingen.«
»Das klingt so, als könnte ich Ihnen vielleicht helfen«, sagte der Mann. »Sie können mich Walter nennen.«
»Und Sie mich James«, erwiderte Michael. »Ich würde mich gerne zuerst um die weniger grundlegenden Dinge kümmern, es sei denn, Ihnen wäre es andersherum lieber. Ich weiß noch nicht genau, wie viele Grundausstattungen ich brauche, aber ich kann eine eventuelle vorläufige Vereinbarung später am Abend definitiv bestätigen. Können Sie die grundlegenden Dinge tatsächlich zur Verfügung stellen?«
»Mr. James«, erwiderte der Mann, »ich habe ein breitgefächertes Angebot fabrikneuer Standardwaren, die für die meisten Gelegenheiten hervorragend geeignet sind.«
Michael grinste und dachte kurz über seine Einkaufsliste nach. Er sah den rothaarigen Elf nicht, der sich in eine dunkle Ecke der Bar zurückgezogen hatte, und hätte ohnehin nicht gewußt, wer er war. Er hatte Magellan noch nie zuvor gesehen.
Der Elf saß ganz ruhig da und konnte sein Glück kaum fassen. Er ließ den Engländer keine Sekunde lang aus den Augen.
Tom gefiel es im allgemeinen nicht in Abwässerkanälen. In Seattle hatte er einige davon näher kennengelemt, als ihm lieb war, und er hatte eine Abneigung gegen sie. Die Abwässerkanäle in Berlin unterschieden sich nicht sehr von denjenigen in Seattle.
Die Katzenschamanin hielt sich immer in seiner Nähe auf und schien ihn im Auge zu behalten. Verschiedene Grüppchen waren an verschiedenen Kreuzungen abgebogen, und Tom war nicht entgangen, daß die Gruppen größtenteils nach Rasse getrennt waren. Soviel zur Verbesserung der Beziehungen und der rassischen Integration, dachte er bedrückt. Dadurch befand er sich inmitten einer etwa ein Dutzend Köpfe zählenden Gruppe von Orks. Die Katzenschamanin wandte sich an den Ork, der sich einen Spaß daraus gemacht hatte, die Straße mit einer MP zu beharken.
»Gunther, wir haben einen Besucher, falls dir das noch nicht aufgefallen sein sollte«, sagte die Schamanin in nicht ganz akzentfreiem Englisch. Der Ork musterte Tom mit einiger Abneigung.
»Ziemlich gefährlich, das Ding zu benutzen«, sagte die Schamanin, indem sie auf Toms Roomsweeper zeigte. »Du hättest ein paar von uns töten können.«
»Ihr wart alle von der Tür weggeschleudert worden«, erwiderte Tom. »So gefährlich war es also gar nicht. Hätte ich ab warten und erst die Leichen zählen sollen?«
Sie musterte ihn wachsam. Er nahm an, daß sie ihn bereits astral begutachtet hatte, konnte sich aber nicht denken, wie ihre Reaktion ausgefallen sein würde. Katzenschamanen waren zu unberechenbar.
»Was wolltest du im Meid In?« fragte sie. »Du schienst dir den Laden ziemlich genau anzusehen. Warum?«
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte er vorsichtig. »Was waren das für Leute, die euch angegriffen haben?«
»Kreuzritter. Wie sagt man noch gleich? Religiöse Fanatiker. Auf der Jagd nach Ketzern«, höhnte sie. »Obwohl sie gewöhnlich Jagd auf Leute wie dich machen. Bis heute haben sie es nicht gewagt, uns anzugreifen. Sie werden dafür büßen, und zwar eher, als sie denken.
Aber sag mir, wer bist du und was wolltest du in der Bar?«
Tom nannte seinen Namen und fragte sich, wo er mit seiner Geschichte beginnen sollte. »Paßt auf, das ist nicht leicht zu erklären. Ich bin gekommen, um festzustellen, ob ich für eine sehr, sehr wichtige Sache Muskeln kaufen kann. Das Geld ist kein Problem.«
Als er ihre spöttische Miene sah, ging Tom auf, daß er nicht wie jemand aussah, der ein paar hundert Riesen ausspucken konnte.
»Ich habe Freunde. Ich bin allein gekommen, um mir ein Bild zu machen. Je nachdem, wie es ausfiel, wollten wir alle zurückkommen und ein paar Gespräche führen.
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