Nosferatu 2055
Aufschläge seiner Jacke abwischte. Die anderen bildeten einen Kreis um sie, bevor sie reagieren konnte.
»Ich mag keine Kaffer, die mir die Montur versauen«, fauchte er. Kristen zuckte angesichts der Beleidigung zusammen, mit der einst die Weißen die Schwarzen verunglimpft hatten und jetzt gemischtrassische Leute belegt wurden, üblicherweise - was eine der kleinen Ironien der Geschichte darstellte - von Schwarzen.
»Tut mir leid. War nicht so gemeint. Hab nicht aufgepaßt, wo ich hinlatsche. Ich mach's wieder gut.« Sie streckte zögernd eine Hand aus, um seine Jacke abzuwischen, aber er packte sie schmerzhaft am Handgelenk und starrte ihr tief in die Augen. Kristen hatte die schreckliche Gewißheit, daß der Wichser von irgendwas bedröhnt war, das nicht sehr angenehm kam, dann hörte sie hinter sich ein metallisches Klicken. Sie brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, daß es sich um ein Schnappmesser handelte.
»Ich habe nichts«, jammerte sie, dann fiel ihr plötzlich das Geld ein, das sie bei sich trug. Noch schlimmer als die körperliche Gefahr war die Vorstellung, ihren Schatz so rasch nach seinem glücklichen Fund wieder zu verlieren. »Nur 'n bißchen Dagga. Ich geb's euch, und ihr laßt mich in Ruhe.«
Der Stutzer grinste höhnisch. »Sie will uns Dagga geben, Jungens!« Das schien die anderen zu erheitern. Der Griff um ihr Handgelenk wurde fester, und der Bursche verdrehte es etwas. Kristen mußte sich auf die Lippe beißen, um einen Schmerzensschrei zu unterdrücken.
»Vielleicht wollen wir ganz was anderes.« Er grinste sie übertrieben lüstern an und zog sie an sich. Seine freie Hand hob sich und schloß sich um ihre Brust, als ihn eine viel größere Hand an der Schulter packte. Das weltverdrossene Gesicht eines schwarzen Trolls ragte über ihm auf.
»Wir wollen hier keinen Ärger, Jungs«, donnerte der Troll mit tiefer Stimme. »Die Polizei war erst letzte Woche hier, und die wollen wir hier so schnell nicht Wiedersehen, oder? Also verpißt euch und spielt woanders, ihr Lackel.«
Der Stutzer drehte sich um und registrierte mit kühlem Blick den Schockstab in der anderen Hand des Trolls. Zögernd ließ er Kristen los, dann machte er eine obszöne Geste und führte den Rest der Gang in den abendlichen Regen hinaus, wobei sie jeden anrempelten und aus dem Weg stießen, der ihnen in die Quere kam.
»Danke, Chummer«, brachte Kristen mühsam heraus. Sie zitterte stärker, als dies eigentlich hätte der Fall sein dürfen. In derartige Situationen geriet sie mindestens ein dutzendmal die Woche. Vielleicht war das Dagga ein wenig stärker, als sie dachte - oder vielleicht war es ja auch nicht stark genug. »Hey, Muzerala, bist du das?«
»Da kannst du deinen Arsch drauf verwetten«, sagte der Troll, der offenbar nicht viel von höflicher Konversation hielt.
»Ich dachte, du arbeitest im Indra. Dachte, ich würde dich heute nacht dort treffen«, erwiderte sie. »Drek, ich brauche was zu trinken.«
»Schätze, du kannst reinkommen«, sagte der Troll zu ihr, indem er auf die kleine Bar deutete, deren Eingang er bewachte. Dann zuckte er die Achseln und sagte: »Ich hatte 'ne kleine Meinungsverschiedenheit mit Indra. Sie schuldet mir so um die dreihundert Rand an Prämien und wollte mich nicht bezahlen. Also hab ich mich 'n bißchen amüsiert, und der Schaden hat sie das und noch mehr gekostet. Werd' da wohl 'ne Weile nicht mehr aufkreuzen.«
Kristen setzte sich auf einen Barhocker und bestellte ein Bier. Und einen Schnaps. Der Barmann musterte sie zweifelnd, bis ihm Muzerala zunickte. »Sie hatte gerade 'ne unheimliche Begegnung mit 'ner Stutzertruppe. Braucht 'n Drink«, sagte er. Der Barmann verzog das Gesicht und schob ihr das Glas brüsk über die Theke. Sie vergeudete keine kostbaren Dollars an ihn, sondern zahlte mit ihren letzten Rands. Sie mußte Nasser finden und mit ihm einen Deal wegen der Kohle aushandeln.
»Irgendeine Chance auf Arbeit?« sagte sie ziemlich mitleiderregend zu dem Troll. Die Bar war fast leer, wodurch die Demütigung einer Ablehnung nicht ganz so schlimm sein würde. Ein Laden wie dieser würde ein gemischtrassiges Mädchen ebensowenig einstellen, wie es normalerweise eines bediente. Trotzdem hatte der Troll vielleicht irgendwas für sie. Doch er machte ihr nur das Angebot, mit dem sie im stillen gerechnet hatte.
»Dein Gesicht paßt hier nicht rein«, sagte der Troll. »Ist nichts Persönliches. Mein Bruder könnte aber immer 'ne Arbeit für dich
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