Notaufnahme
führte.
Er wartete, bis Mike meinen Koffer aus dem Wagen gehievt hatte, dann ließ er die Bombe platzen. »Der Lieutenant hat mich vorhin wegen der Laborergebnisse hinsichtlich der Pralinen von Maureens geheimem Bewunderer angerufen.«
Ich warf Mike einen kurzen Seitenblick zu und wusste, dass er deshalb mit Sarah getuschelt hatte.
»Kirschen im Schokomantel – gekrönt mit einem Hauch Borsäure. Irgendein Verrückter hat das Zeug mit einer haarfeinen Nadel eingespritzt, die kaum eine Einstichstelle hinterlassen hat.«
Als ich den Mund öffnete, packte Mercer mit beiden Händen mein Gesicht und sah mir direkt in die Augen. »Es ist alles in Ordnung, Alex. Maureen ist nichts passiert, hörst du? Genau aus diesem Grund haben wir Maureen ja eingeschleust – um den Mörder auf den Plan zu rufen.«
»Aber …«
» Kein Aber. Du hast gestern Abend selbst mit Maureen gesprochen. Du hast dich selbst davon überzeugen können, dass es ihr gutgeht. Und jetzt steigst du in das Flugzeug und erledigst deinen Job.«
»Aber ich kann doch nicht …«
» Schau mich noch mal an, Mädchen. Willst du mir damit etwa sagen, du traust mir nicht zu, dass ich mich um Maureen kümmere?«
Langsam schüttelte ich den Kopf.
»So, und jetzt geh, Coop, ich hasse lange Abschiede.«
Mike und ich verschwanden im Terminal. Dann erklärte mir Mike, dass es Mercers Idee gewesen sei, mir diese Neuigkeit erst so spät wie möglich mitzuteilen. Ich litt, weil ich jetzt nicht bei Mo sein konnte, aber andererseits wusste ich, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatten.
Für Flüge nach Europa herrschten strenge Sicherheitsmaßnahmen, und es dauerte Ewigkeiten, bis unsere Pässe und Tickets geprüft, unser Gepäck durchleuchtet und die Sitzplätze vergeben waren.
»Wir haben noch eine halbe Stunde Zeit, lass uns hoch in den Admiral’s Club gehen.« Mike folgte mir den Gang entlang und in den Aufzug, der uns zu der privaten Lounge brachte. Ich zeigte der Dame am Eingang meine Mitgliedskarte, während Mike das nächste Telefon ansteuerte, um sich ein letztes Mal in seinem Büro zu melden. Als sich das Paar vor mir umdrehte, erkannte ich überrascht den elegant gekleideten Herren, der gerade sein Ticket in der Tasche verstaute und im selben Moment auch mich entdeckte.
»Beruflich oder privat, Alex? Wohin geht die Reise?« Justin Feldman begrüßte mich mit einem Kuss auf die Wange.
Justin war ein hervorragender Strafverteidiger und Fachmann auf dem Gebiet Finanzwesen und Wertpapierhandel, was zur Folge hatte, dass er sich gewöhnlich in der etwas feineren Atmosphäre der Bundesgerichte anstatt in unseren Niederungen bewegte.
»Nach London«, antwortet ich. »Diesmal allerdings rein beruflich. Glückwunsch übrigens zu dem, was ich letzten Monat im American Lawyer gelesen habe – eine Auszeichnung als einer der zehn besten Finanzanwälte des Landes, wirklich nicht schlecht.«
»Falls du dich eines Tages entschließt, das Lager zu wechseln, wirst du mich im Handumdrehen aus diesen Rängen verdrängen. Darf ich dir meine Mitarbeiterin vorstellen, Susan LaRossa.«
Susan war einige Jahre jünger als ich, doch mir war schon zu Ohren gekommen, dass sie außergewöhnlich talentiert war. Wir begrüßten uns, plauderten anschließend über gemeinsame Bekannte und verabredeten uns zu einem Lunch nach unserer Rückkehr.
»Und wohin geht eure Reise?«
»Nach Paris. Ein Kurztrip für einen Kunden, der in den Bankskandal verwickelt ist, den dein Boss hat auffliegen lassen. Jedenfalls sorgt Battaglia dafür, dass wir nicht arbeitslos werden. Diesmal kann es Susan und mir sogar passieren, dass wir zur Abwechslung mal einen Strafprozess durchfechten müssen.«
Die Angestellte der Fluggesellschaft gab mir meine Mitgliedskarte zurück, und wir schlenderten in die Lounge. »Dein Name ist übrigens gestern in einer Besprechung gefallen, die ich bei Milbank hatte. Worum ging es da noch? Ach ja, natürlich …«
Ich biss mir auf die Unterlippe; so etwas wie Geheimnisse gab es in New York nicht.
» Offensichtlich hat sich Drew Renaud Hals über Kopf in dich verliebt. Ihr habt euch kürzlich kennen gelernt, stimmt’s? Nun ja, seine Partner sagen, sie hätten ihn nach dem Tod seiner Frau nicht mehr so glücklich und ausgeglichen gesehen.«
»Wir kennen uns noch nicht mal richtig, ehrlich. Ich bin sicher, dass es viel zu früh ist, um …«
» Er ist ein großartiger Mensch, Alex – intelligent und verlässlich. Ach ja, jetzt fällt mir auch wieder
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