Notaufnahme
Woche auch alle anderen danach fragen.«
»Ja, aber was soll das überhaupt bedeuten? Es bricht doch niemand in ein Büro ein, um die Schlüssel für eben dieses Büro zu stehlen, oder? Das ist doch idiotisch. Und aus ihrer Wohnung scheint auch nichts zu fehlen.«
»Vielleicht hat der Täter die Schlüssel als eine Art Trophäe oder so was betrachtet.«
»So ein Unsinn, Coop, du liest zu viele Krimis. Sind wir mit Dogen fertig?«
Wenig später begleiteten Creavey, Chapman und ich Dogen raus bis zum Parkplatz. »Hat Gemma eigentlich mit Ihnen über ihr Privatleben gesprochen, zum Beispiel über Männerbekanntschaften?«
»Nein, nein, über solche Dinge hat sie mit mir nicht geredet.«
»Der Name William Dietrich ist Ihnen wohl bekannt – ich meine, aufgrund seiner Position am Minuit.«
»Er ist mir in zweierlei Hinsicht bekannt«, erwiderte Dogen strinrunzelnd. »Ich weiß von den beruflichen Auseinandersetzungen zwischen ihm und Gemma und habe außerdem Gerüchte über seine private Beziehung zu ihr gehört. Die Kollegen, die mir davon berichtet haben, klangen nicht gerade begeistert. Es war die Rede von finanziellen Problemen und einem Auto, das er unbedingt haben wollte. Gemma war immer sehr freigibig, wenn es darum ging, jemandem mit Geld unter die Arme zu greifen. Materielle Dinge bedeuteten ihr nicht viel. Sie stammte aus einfachen Verhältnissen, verdiente plötzlich viel Geld und war glücklich, wenn sie es verschenken konnte. Viel mehr weiß ich nicht über die Sache, aber ich muss sagen, dass mir dieser Dietrich nicht gerade sympathisch war.«
Um einen lockeren Small talk bemüht, erkundigte sich Mike, welche Art von Unterhaltung Gemma bevorzugt hatte.
»Unterhaltung? Spaß?« erwiderte Dogen, als hätten die Worte einer besonderen Interpretation bedurft. »Daran verschwendete sie keinen einzigen Gedanken. Sicher, sie hatte ein paar Freunde, sah sich gerne mal einen guten Film an oder las ein spannendes Buch, aber viel mehr Freizeit blieb ihr nicht.«
»Sprach sie jemals davon, dass sie Sportveranstaltungen besuchte – American Baseball oder so etwas? Redete sie von den Mets, den Yankees oder den Knicks?«
»Das Wort Baseball hab’ ich aus ihrem Mund nie gehört. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sie solche Veranstaltungen besuchte. Für Mannschaftssportarten hatte sie nicht viel übrig.«
Bei Mikes Frage fiel mir der Ordner mit der Aufschrift MET GAMES ein, den ich zusammen mit Mercer in ihrer Wohnung entdeckte hatte.
»Gemma liebte die Natur«, fuhr Dogen fort. »Wenn sie Kanu fahren, einen Berg besteigen oder meilenweit laufen konnte, war sie glücklich. Aber Mannschaftssport? Nein, das interessierte sie wirklich nicht. Und dazu noch American Baseball? Bei einem solchen Spiel hätte sie sich zu Tode gelangweilt. Für einen solchen Unsinn hatte sie sicher keine Zeit.«
Ich nahm mir vor, den Inhalt des Ordners zu überprüfen. War das Treffen mit Geoffrey Dogen letzten Endes pure Zeitverschwendung gewesen, weil er in den langen Jahren der Trennung gar nicht mehr mitbekommen hatte, was in seiner geschiedenen Frau vorging?
Nachdem Mike und ich uns auf dem Parkplatz von Dogen und dem Commander verabschiedet hatten, betraten wir wieder die Halle. Der Mann an der Rezeption übergab mir eine Telefonnotiz: Ich sollte Mercer in Sarah Brenners Büro zurückrufen. Eine gute Nachricht, verriet der Zettel außerdem, und eine schlechte.
Mike folgte mir die Treppen hinauf. Ich ließ die Mappe mit den Fallunterlagen auf den Schreibtisch fallen, griff nach dem Telefonhörer und bat die Vermittlung, eine Verbindung nach New York herzustellen.
Sarahs Sekretärin stellte mich sofort durch. »Zuerst die gute Nachricht. In Sachen Überfall auf die Assistenzärztin vom Columbia-Presbyterian gab’s einen Durchbruch. Ein anonymer Hinweis hat die Polizei gestern Nacht auf die Spur eines Verdächtigen geführt; sie haben den Typen festgenommen. Sag Mike, dass er Recht hatte. Der Kerl hat im Wagen den Ärzteparkausweis liegen sehen und hat die Reifen plattgestochen, in der Hoffnung, Medikamente oder Rezeptblöcke erbeuten zu können. Als er sah, dass es sich um eine junge Ärztin handelte, hat er außerdem noch versucht, sie zu vergewaltigen. Aber er ist ein Uptown-Kerl, und es bestehen keinerlei Verbindungen zum Mid-Manhattan. Sein Opfer ringt immer noch mit dem Tod. Maureen lässt mir übrigens jeden Tag durch den Commissioner eine Nachricht zukommen; ihr geht’s prima, du musst dir also keine
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