Notaufnahme
richtig?«
»Muss wohl der Falsche sein. Unser DuPre ist erst zweiundvierzig«, erwiderte ich lachend.
»Ist er auch Neurologe?«
»Ja.«
»Vielleicht ist er ja der Sohn oder gar schon der Enkel. Wissen Sie zufällig, wo er studiert hat?«
Ich warf einen Blick in meine Unterlagen. »In Tulane.«
»Seltsamer Zufall. Daher stammte auch der alte Johnny DuPre. Der Junge wird sich ganz schön anstrengen müssen, um in seine Fußstapfen treten zu können. Johnny war einer der besten Ärzte auf seinem Gebiet – wirklich ein Genie. Vor einer Weile hat er sich völlig zurückgezogen, ist nach Mississippi gezogen, nach Port Gibson, wenn ich mich nicht irre.«
In Chapman erwachte der Militärhistoriker. »Die Stadt, die so schön ist, dass General Sherman sie nicht in Schutt und Asche legte. Er hat sie verschont. Wusstest du das?«
Nein, wusste ich nicht. Ich klappte die Mappe mit meinen Unterlagen zu, und Creavey öffnete die Tür.
Geoffrey Dogen war noch immer bei DuPre. »Er sprach mit dem breitesten Südstaaten-Akzent, den ich jemals gehört hatte, und es fiel mir damals ziemlich schwer, all die neurologischen Details zu verstehen. Eigentlich hätten die Seminarteilnehmer einen Dolmetscher gebraucht. Auch an sein feuerrotes Haar und den ebenso flammenden Bart erinnere ich mich noch lebhaft. Und trotz seiner sechzig Jahre hatte er nicht eine einzige graue Strähne.«
»Feuerrotes Haar?« wiederholte ich. »Dann können die beiden nicht verwandt sein. Unser John DuPre ist Afro-Amerikaner.«
»Nun, dann handelt es sich wohl tatsächlich um einen Zufall, und die beiden haben nichts miteinander zu tun. John J. D. DuPre – so pflegte sich der alte Herr vorzustellen. John Jefferson Davis DuPre.«
Ich öffnete noch einmal meine Mappe und zog meine Notizen heraus. »Aussage von John J. D. DuPre, männlich schwarz, 42« stand auf dem Bogen.
»Lass uns essen, Blondie. Ich sterbe vor Hunger.«
»Ich komme gleich nach. Ich möchte nur noch schnell Mercer anrufen und ihn bitten, etwas herauszufinden.« Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es viele Schwarze gab, die nach dem Präsidenten der Konföderation benannt waren.
Während Chapmans Gedanken bereits um den Lunch kreisten, der im Nebenraum bereitstand, fiel mir plötzlich wieder der Zettel ein, der unter meiner Wohnungstür hindurchgeschoben worden war. »VORSICHT. ES IST NICHT ALLES SCHWARZ-WEISS. DAS IST EIN TÖDLICHER IRRTUM.«
Hatte jemand versucht, mir das zu verstehen zu geben, was Geoffrey Dogen mir soeben ungewollt klargemacht hat? War John DuPre nicht der Mann, der er vorgab zu sein?
Nach dem zweiten Klingeln hob Mercer ab.
24
»Ich hab’ ein paar von den Wachteleiern mit Schellfisch-Käse-Sauce für dich gerettet. Der Commander meint, die dürfe man sich nicht entgehen lassen.«
»Danke, nicht für mich.«
»Dann vielleicht ein Steak mit Kidney-Bohnen?«
»Ich habe eine gegrillte Seezunge bestellt.« Wir alle hatten uns eine Pause verdient, und Creavey unterhielt uns mit Anekdoten, die sich hier auf Cliveden zugetragen hatten. Nach dem anschließenden Tee gelang es mir, Mike außer Hörweite der anderen zu lotsen, um ihm von meinem Gespräch mit Mercer zu berichten. Ich hatte Mercer gebeten, DuPres Werdegang zu überprüfen, und ihn darauf aufmerksam gemacht, dass unter anderen auch er bei Maureen aufgetaucht war.
Während Chapman und Creavey noch schnell auf der Toilette verschwanden, schlenderte ich gemeinsam mit Geoffrey Dogen zurück in unseren Besprechungsraum. Ich hatte es mir bisher verkniffen, Dogen in Mikes Gegenwart zu fragen, ob er sich an die besonderen Umstände von Carla Renauds Tod erinnerte. Aber da wir nun allein waren, nutzte ich die Gelegenheit und stellte die Frage, die in mir nagte.
»Oh, ich erinnere mich sehr gut daran. Gemma war am Boden zerstört. Es handelte ich um eine ganz neue Operationsmethode, die an unserer Universität von John Binchy, einem unserer besten Chirurgen, entwickelt worden war. Der Eingriff war sehr kompliziert und dauerte sechs, sieben Stunden. Deshalb hatte Binchy Gemma gebeten, ihm zu assistieren. Unglücklicherweise kannte sie das Ehepaar Renaud persönlich und wollte alles daran setzen, dass die Operation glückte. Gemma waren nicht viele Patienten auf dem OP-Tisch gestorben, und wenn es doch geschah, litt sie enorm darunter. In diesem Fall natürlich noch viel mehr. Sie selbst überbrachte dem Ehemann die traurige Nachricht. Er ist vor Schmerz fast verrückt geworden.«
»Gab
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