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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Polaroid-Fotos auf dem Tisch ausbreitete; sie zeigten Gemma Dogens bluttriefenden Körper.
    Er warf Mike, der sich zwischen den Sandwichbissen grinsend Chips in den Mund schob, einen kurzen Blick zu.
    »Die Todesursache ist klar. Wie Sie ja bereits wissen, existieren zahlreiche Stichwunden – siebzehn, um genau zu sein. Einige von ihnen trafen lebenswichtige Organe; der tödliche Stich war wahrscheinlich der, der einen Lungenflügel kollabieren ließ. Auch der andere Lungenflügel wurde verletzt. Die meisten Stiche gingen ziemlich tief und verursachten innere Blutungen – intraabdominale und intrathorakale. Auf der Körpervorderseite haben wir einige oberflächliche Schnitte festgestellt, aber die meisten Stiche haben ihr Ziel nicht verfehlt. Sowohl am Rücken wie auch auf der Körpervorderseite sind Stichverletzungen zu finden. Es handelt sich ganz klar um ein brutales Gemetzel – weit mehr Stichwunden, als notwendig gewesen wären, um sie umzubringen.«
    »Gibt es irgendwelche Anzeichen, dass sie sich gewehrt hat?« fragte Mercer.
    Ich griff nach den Polaroidabzügen, um Kirschners Ausführungen nachzuvollziehen. Ich kannte Gemma Dogens Gesicht von den Fotos, die ich in ihrem Büro gesehen hatte – Fotos von Preisverleihungen und Auszeichnungen. Jetzt sah ich ihre Züge vor dem Hintergrund des Autopsietisches wieder – bleich, ausdruckslos, tot.
    »Nein, überhaupt keine. Aber wenn Sie sich die Aufnahmen von ihren Handgelenken ansehen, werden Sie einige schwache Abdrücke erkennen. Auf den endgültigen Aufnahmen werden sie deutlicher zutage treten.«
     
    Ich entdeckte die beiden Nahaufnahmen von Gemma Dogens Unterarmen und bemerkte die länglichen roten Verfärbungen.
    »Sie war ganz offensichtlich gefesselt, und zwar bereits bevor sie niedergestochen wurde, nehme ich an. Darauf deutet auch der Mundknebel hin, den man am Tatort gefunden hat. Meiner Meinung nach hatte sie keinerlei Möglichkeiten, ich gegen die Messerstiche zu wehren. Die Fesseln waren möglicherweise aus demselben Material wie der Mundknebel. In Streifen gerissener Stoff, zu schmalen Bändern gedreht und um ihre Handgelenke gewickelt – auf diese Weise können die Striemen entstanden sein, die Sie hier sehen.«
    Chapman nuckelte an seiner Limodose. »Haben Sie sich den Mundknebel ansehen können, Doc?«
    »Im Augenblick wird er noch im Labor analysiert, aber ich habe ihn gesehen, als die Leiche eingeliefert wurde. Später kann ich Ihnen eine definitive Antwort geben, aber auf den ersten Blick sah das Material wie ganz normale, in lange Streifen geschnittene Krankenhauswäsche aus. Hätte aus jedem Krankenzimmer, aus jeder Wäschekammer, aus der Wäscherei oder von den Boten, die das Zeug verteilen, stammen können.«
    »Notier das bitte für mich, Mercer. Ich nehme an, dass der Lieutenant auch jemanden von der Wäscherei befragen lässt, aber an die Botenleute, die dort den ganzen Tag ein und aus gehen, habe ich noch nicht gedacht.«
    »Hör auf, Coop. Wäscherei, Küche, medizinische Versorgung, Blumen, Geschenkkörbe – die Liste ist endlos. Wir sprechen da über mindestens ein paar tausend Leute, die täglich ein und aus gehen.«
    Chapman hatte sich die Hände abgewischt und schaute mir über die Schulter. Während ich die Abzüge langsam durchblätterte, deutete er auf die eine oder andere Wunde. »Wenn Sie mit ihrem jetzigen Wissensstand den Ablauf der Ereignisse rekonstruieren müssten, was wäre dann Ihrer Meinung nach passiert?«
    »An diesem Punkt kann ich nur spekulieren, Mike, und das wissen Sie. Aber ganz unabhängig davon, wer der Täter ist – ob es mit einem Einbruch angefangen hat oder der Täter ein Herumtreiber auf der Suche nach einem Opfer ist –, er kam gut vorbereitet. Er hatte die Waffe bei sich, er hatte die Stoffstreifen, und wahrscheinlich stand seine Absicht von vornherein fest. Ich gehe davon aus, dass Gemma Dogen vom Täter überrascht und sofort überwältigt worden ist. Die Frau war in ausgezeichneter körperlicher Verfassung; ihre Oberschenkel- und Wadenmuskulatur hätte von jemandem stammen können, der halb so alt ist wie sie. Tatsache ist, dass ihre Hände keinerlei Anzeichen von Gegenwehr aufweisen; offensichtlich hatte sie nicht die Möglichkeit, Widerstand zu leisten.«
    »Zu welcher Uhrzeit könnte der Überfall stattgefunden haben?«
    »Schwer zu sagen. Natürlich kennen wir den Todeszeitpunkt, denn sie starb erst, nachdem der Wachmann sie gefunden hatte. Jeder Arzt wird Ihnen sagen, dass man

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