Notbremse
wie er reagieren sollte.
»Keine Sorge. Es geht nicht um Sie – sondern um zwei Männer, die Sie vermutlich kennen.«
Ongu verschränkte die Arme. »Die ich kenne?«
»Ja«, blieb Häberle unverbindlich und nahm einen Schluck Wein. »Friedrich und Dieter Hocke. Detektive.«
Ongu sah zweifelnd von einem zum anderen. »Woher soll ich wissen, dass Sie von der Polizei sind?«
Häberle reichte dem Chinesen den Dienstausweis. Ongu nahm das Dokument in die Hand und besah es sich. Da er nie zuvor einen Dienstausweis der deutschen Polizei gesehen hatte, konnte er damit wenig anfangen. Er gab ihn wieder zurück.
»Sie kennen die Herren Hocke also?«
Ongu nickte zögernd und vergrub die rechte Hand in der Hosentasche. »Ich kenne sie, ja. Sie haben ihre Kanzlei in einem Ort bei Rosenheim.« Der Chinese drehte sich ganz zu Häberle um, sodass er Linkohr den Rücken zuwandte. Der Jungkriminalist hatte deshalb Mühe, dem Gespräch zu folgen.
»Ich weiß nun nicht, inwieweit Sie mit ihnen in Verbindung stehen«, fuhr Häberle vorsichtig fort. »Aber einer der beiden, nämlich Herr Friedrich Hocke, ist vorgestern ums Leben gekommen.«
Ongu nahm die Hand wieder aus der Hosentasche und lehnte sich mit dem linken Ellbogen an den Tresen. »Wie? Herr Hocke ist tot?«
»Ja, erschossen. In einem Zug.«
Häberle ließ ihm Zeit, diese Nachricht zu verkraften. Es schien so, als sei der Mann ehrlich betroffen.
»Entschuldigen Sie deshalb, wenn wir ein paar Fragen an Sie hätten. Sie haben den beiden Detektiven Handys zur Verfügung gestellt – das jedenfalls haben wir ermittelt.«
Ongu fingerte nach seinem Cocktailglas und nahm hastig einen Schluck. »Das ist richtig. Herr Hocke – Herr Friedrich Hocke – hat mich gebeten, auf meinen Namen zwei Mobiltelefone anzumelden. Sie wollten bei ihren Ermittlungen keine Spuren hinterlassen.« Sein Lächeln wirkte jetzt gezwungen.
»Und weshalb, wenn ich fragen darf, weshalb sind die beiden auf Sie zugekommen? Ich meine – kennen Sie die Hockes schon länger?«
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das alles sagen darf, Herr Kommissar«, zweifelte Ongu und drehte sich nun auch zu Linkohr, der gedankenversunken mit seinem Pilsglas spielte.
»Sie sollten uns alles sagen. Je schneller, desto besser.«
»Die Angelegenheit sollte streng geheim bleiben. Es hängt sehr viel davon ab.«
Häberle unterbrach ihn: »Mal abgesehen davon – wie ist Herr Hocke mit Ihnen zusammengekommen?«
»In der Branche kennt man sich. Ich weiß nicht – sagt Ihnen der Name ›Aspromedic‹ etwas?«
Häberle konnte seine Überraschung unterdrücken. »Ich kenn mich in der Branche inzwischen auch aus – ja.«
»Herr Lambert ist der Auftraggeber von Herrn Hocke gewesen – auf der Suche nach einem chinesischen Staatsbürger ist er auf mich gekommen. Wir haben uns mal bei einem medizinischen Symposium vor zwei Jahren kennengelernt.«
Häberle nickte verständnisvoll. »Und wann sind die Kontakte zu Hocke zustande gekommen?«
»Mitte Mai – das liegt jetzt zwei Monate zurück.«
»Und dass Sie hierher an diesen See kommen, das hat auch damit zu tun?«
Linkohr hatte inzwischen seinen Barhocker ein Stück weit vom Tresen weggerückt, um sich seitlich näher zu den beiden anderen Männern setzen zu können. Er wollte jedes Wort verstehen.
»Herr Hocke hat mich dazu eingeladen. Außerdem wollte ich schon immer mal Wasserski laufen«, zeigte sich der Chinese jetzt gesprächiger.
»Und da sind Sie mitgekommen. Wie oft waren Sie vorher schon hier?«
»An drei Wochenenden«, erwiderte Ongu. »Immer zusammen mit Herrn Hocke. Er hat alles bezahlt.« Der Chinese lächelte wieder überzeugend. »Wir haben Geschäftsleute gespielt – sagt man das so?«
»Herr Hocke war hier, um andere Personen zu beobachten, nehm ich an.«
»Ja. Das war auch sein Auftrag. Es ging wohl um einen Vertreter von ›Donau Pharma AG‹.« Er schaute sich nach allen Seiten um und fügte noch leiser hinzu: »Den habe ich heute auch schon am See gesehen.«
»Horschak. Kai-Uwe Horschak. Hab ich recht?«
Der Chinese sah den Chefermittler überrascht an. »Ja. Horschak.«
»Hat Herr Hocke denn mal gesagt, worauf es bei dieser …«, er überlegte, ob er das Wort gebrauchen sollte, »… bei dieser Observation ankam, beziehungsweise was dahintersteckte.«
Ongu trank seinen Cocktail aus und fächerte sich mit einer Serviette Luft zu. »Es handelte sich um eine sehr geheime Sache«, rang er sich durch. »Es gehe um internationale
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