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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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sich damals gewundert, wie sich eine so sportliche Frau wie Ulrike mit so einem rundlichen Kerl abgeben konnte. Darüber aber wollte er jetzt nicht reden. Er hatte genug am Hals und brauchte jetzt nicht auch noch eine Frauengeschichte. Nein. Nicht jetzt. Auch in Zukunft nicht. Er wollte endlich ein geordnetes Leben und sich seiner Familie widmen können. Und er hoffte inständig, aus dem Schlamassel heil herauszukommen.
    »Was macht eigentlich mein alter Studienkollege Tobias?«, versuchte Markus von einem Thema abzulenken, das Horschak offenbar nicht weiterverfolgen wollte.
    »Tobias?« Er hob eine Augenbraue und deutete damit seinem Gegenüber an, dass er mehr wusste, als er zu sagen bereit war. Horschak hatte letzten Sommer erfahren, dass Markus und Tobias Lambert gemeinsam an der Hochschule Nürtingen-Geislingen Betriebswirtschaft studiert hatten. »Woher soll ich wissen, was er macht?«, fragte er zurück.
    »In der Branche hört man sich doch um, oder?«
    Sabine trank ihre Tasse aus und verfolgte das Geschehen auf dem See. Sie kannte zwar Tobias Lambert flüchtig, weil dieser ebenfalls schon ein paar Mal hier gewesen war, doch mochte sie seine arrogante Art nicht.
    »Natürlich hört man sich um. Ich hab den Eindruck, es geht ihm weniger um Neuentwicklungen und Innovation als um den schnellen Euro. Gewinn, Gewinn, Gewinn – um jeden Preis, verstehst du? Aber …« Er überlegte, wie er es seinem guten Bekannten Markus nahebringen sollte. »Na ja, euch Betriebswirtschaftlern wird das wohl so eingepaukt. Ich weiß es ja nicht. Aber langfristig wird sich nur am Markt behaupten, wer Produkte hat, die zukunftsorientiert sind. Wer wie eine Heuschrecke über das Bestehende herfällt und es auswindet, bis nichts mehr da ist, weder ein gutes Betriebsklima noch Geld für die Entwicklung neuer Produkte, der mag zwar gegenüber den Gesellschaftern und Aktionären als der feine Maxe dastehen und sich hintenrum noch schnell ein paar Euro-fuffzig in die Schweiz retten, aber ein großer Manager ist das noch lange nicht.« Erst dieser Tage hatte er in der Zeitung gelesen, dass sich die vier Vorstände der weltweit bekannten Geislinger Besteckfabrik WMF persönlich an jener Schweizer Investmentgesellschaft beteiligt hatten, die vor einem Jahr Mehrheitsaktionär des Unternehmens geworden war.
    Markus verkniff es sich, die hohe Kunst der Betriebswirtschaft zu verteidigen. Er war froh, sein eigener Chef zu sein und seine Freude am Wassersport mit dem Beruf verquickt zu haben. Ihm konnte man jedenfalls nicht nachsagen, über eine Materie zu entscheiden, von der er keine Ahnung hatte – wie man dies häufig seinen Berufskollegen vorwarf.
    »Ach ja«, fiel Sabine etwas ein. »Sag mal, Uwe, da war doch gestern in Geislingen irgend so eine Sache mit dem ICE, hab ich im Radio gehört.« Sie interessierte sich noch immer für die Geschehnisse in ihrer Heimatstadt, wo sie und ihr Bruder in einem Teilort aufgewachsen waren.
    Horschak schluckte und räusperte sich. »Hab ich auch gehört, ja. Der Zugverkehr sei zwischen Ulm und Stuttgart stundenlang unterbrochen gewesen. Es heißt wohl, im ICE sei jemand erschossen worden.«
    »Aber warum und wer und weshalb weißt du auch nicht?«, zeigte sich Sabine interessiert.
    »Nein, du, keine Ahnung.«
    »Dann werd’ ich mal nachher meine Mutter anrufen. Steht sicher alles ausführlich in der Zeitung.«
    Horschak sagte nichts dazu. Er wollte jetzt ins Wasser.
     
    Die meisten Kriminalisten waren übermüdet. Auch Häberle hatte nur noch drei Stunden geschlafen und dabei geschwitzt. Immer wieder war er aufgewacht und hatte sich die wenigen konkreten Anhaltspunkte durch den Kopf gehen lassen. Doch jedes Mal verschwammen sie mit Albträumen. Seine Frau Susanne hatte ihm einen starken Kaffee gemacht und ihm geraten, sich mehr Ruhe zu gönnen. Doch nach all den langen Ehejahren war ihr bewusst, dass sich ihr August durch nichts und niemanden davon abbringen ließ, einen großen Fall verbissen und hartnäckig zu Ende zu führen.
    »Das Ding hat internationalen Charakter«, erklärte er ihr am Frühstückstisch. »Die Globalisierung reicht auch beim Verbrechen bis in die Provinz.« Dies war ihm bereits klar geworden, als er noch beim Landeskriminalamt gewesen war. Schon damals musste er gelegentlich im Ausland ermitteln und die Hilfe dortiger Kollegen in Anspruch nehmen.
    Als er im Lehrsaal des Geislinger Polizeireviers eintraf, empfing ihn der ungewöhnlich blasse Linkohr bereits mit einer

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