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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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kommen.«
    »Ich hab ihm gesagt, Rieder sei zur Tour de France.«
    »Hat er das gesagt?« Horschak horchte auf.
    »Ja, kurz vorher. Er hat ursprünglich kommen wollen, doch nun sei er verhindert.« Sabine lehnte sich zurück und genoss die warme Sonne. Sie beobachtete den Betrieb am Lift. Das Geschäft florierte.
    »Der soll nur aufpassen, dass er bei der Tour de France nicht unter die Räder kommt«, murmelte Horschak und trank seinen Zitronensaft leer.
    »Bei dieser Skandal-Tour, meinst du?«, interessierte sich Sabine. Als erfolgreiche Sportlerin, die sie war, hatte sie die Dopingskandale im Radsport verfolgt. »Soll ich dir mal was sagen«, fuhr sie fort. »Diese ganze Dopingscheiße zieht den gesamten Sport in den Dreck. Wieso kann da eigentlich keiner durchgreifen? Wieso halten renommierte Firmen noch an ihrem Sponsoring fest? Kannst du mir das erklären?«
    Horschak zuckte mit den Schultern. »Weil der ganze Leistungssport mit wirtschaftlichen Interessen verknüpft ist. Wir denken dabei immer nur an Fußball und Formel 1 – aber in Wirklichkeit, Sabine, stehen gewaltige finanzielle Interessen dahinter. Nicht nur Werbung, sondern die ganzen Übertragungsrechte fürs Fernsehen. Ein einziger Kampf um Geld, Macht und Einfluss.«
    Sie lächelte. »Davon können wir Wassersportler nur träumen.«
    »Glaub bloß nicht, bei euch wird nicht gedopt.«
    Sabine wurde ernst. »Ich kann dir schwören, dass ich nie etwas genommen hab.«
    »Du – ja.«
    Jetzt war Sabine nicht mehr zu bremsen. »Aber ihr unternehmt doch alles, um diese Scheißprodukte unters Volk zu bringen. Du willst mir doch nicht im Ernst weismachen, dass eure ›Donau Pharma AG‹ damit überhaupt nichts zu tun hat? Kai, ich bitt dich! So blauäugig bin ich nicht, das zu glauben.« Sabine verzog ihr Gesicht zu einem versöhnenden Grinsen.
    »Was soll ich dazu sagen?«, entgegnete Horschak. »Selbst wenn’s denn so wäre – ich hab nichts damit zu tun.« Er stockte. Sein Blick hing an einer Frau, die soeben drüben an der Zufahrtsstraße aus einem Taxi gestiegen war. Groß, schlank, knapper Mini, knappes Top. Pferdeschwanz. Über der Schulter der dünne Gurt einer Sporttasche. Selbstbewusst näherte sie sich der Sportanlage.
    Horschak schluckte und wurde verlegen. Sabine drehte sich um. »Da ist sie doch«, stellte sie fest. »Ulrike.« Sie sprach den Namen so betont aus, dass Horschak den Eindruck hatte, sie freue sich für ihn.
    Er hatte diesen Moment herbeigesehnt. Doch nun wusste er nicht, was er tun sollte. Noch 20 Schritte trennten sie voneinander. Ulrike Steinmeier hatte bereits Blickkontakt aufgenommen. Sabine winkte ihr zu und sprang auf. Horschak spürte, dass er weiche Knie bekam. Wie ein Teenager.
     
    Staatsanwalt Marusso hatte das Ziel erreicht: eine Ferienwohnung am Ortsrand von Lana. Häberle kannte sich hier aus. Sie waren am großen Geschäft des renommierten Schnapsproduzenten Pircher vorbeigekommen und hatten sich durch die enge Ortsdurchfahrt gequetscht – immer in Richtung zu der Seilbahn, mit der er vor einigen Jahren zum Vigiljoch hinaufgefahren war. Kurz davor, so empfand es Häberle, gab es einige dieser gesichts- und stillosen Häuser, wie sie überall in den Gebirgsdörfern hingeklatscht worden waren, um auf möglichst wenigen Quadratmetern die optimale Anzahl von Touristen unterbringen zu können. Bei vermutlich höchstmöglicher Rendite aus der potthässlichen Immobilie.
    Marusso parkte den Wagen im Halteverbot, worauf die drei Männer ausstiegen und die warme Luft einatmeten. Der Staatsanwalt deutete auf den Eingang, der sich unter einem Durchgang verbarg, der aus mausgrauem Sichtbeton hergestellt worden war. Marusso erklärte, dass er einem der Bewohner sein Kommen angekündigt habe, um ins Treppenhaus gelassen zu werden. Er klingelte, wartete, bis sich eine Stimme in der Sprechanlage meldete, und nannte seinen Namen. Sogleich summte der Türöffner und Marusso, Häberle und der junge Kriminaltechniker gelangten in ein betontristes Treppenhaus, in dem ein Bewegungsmelder die Leuchtstoffröhren anschaltete. Sie stiegen ein Stockwerk nach oben und standen schließlich vor einer Wohnungstür, an der ein graviertes silbernes Schild angebracht war: ›T. L.‹
    »Das ist es«, erklärte Marusso, worauf Häberle jenen Schlüsselbund aus der Jacke zog, den sie im VW Golf des ICE-Toten gefunden hatten. Er probierte nacheinander drei, vier Schlüssel durch – und hatte Glück: Einer davon ließ sich drehen und die Tür sprang

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