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Notbremse

Notbremse

Titel: Notbremse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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der Warteschlange am Lift unterwegs.
    »Die Begrüßung war nicht gerade herzlich«, stellte Sabine mit leicht ironischem Unterton fest, doch tat ihr dies sofort wieder leid, nachdem sie Horschaks zerknirschtes Gesicht sah. Er blickte demonstrativ in die andere Richtung. Er durfte sich jetzt nicht ablenken lassen. Es gab Wichtigeres zu tun – vor allem aber zu regeln.
    »Sie ist halt begehrt«, meinte Sabine und tat so, als ob sie selbst dies nicht auch wäre. Dabei bekam sie mindestens genauso viele Männerblicke ab wie Ulrike. »Hast du eigentlich was Neues von diesem Toten gehört?«, wechselte sie plötzlich das Thema.
    »Wie?« Horschak war darüber irritiert. »Nein, nichts. Aber ich hab weder Radio gehört noch mich selbst darum gekümmert.«
    Horschak war froh, dass er das Thema nicht zu vertiefen brauchte, denn nun kam Markus auf sie zu und setzte sich an den Tisch. »Hey, hab dich den ganzen Tag kaum gesehen«, stellte er fest und steckte seine große Sonnenbrille lässig auf die Stirn. Sein T-Shirt war nass gespritzt, die kurze Hose ebenfalls. »Das Geschäft läuft super«, freute er sich. »Und das Wetter zum Wochenende hält.«
    »Dann kommt halb München runter«, ergänzte Sabine. »Und viele unserer Freunde auch.«
    Horschak wusste noch immer nicht, ob es sinnvoll war, sich hier zu verstecken. Andererseits gab es vielleicht Gelegenheit zu Gesprächen. Wenn schon Ulrike nichts von ihm wissen wollte, weil sie sich jüngere ›Lover‹ wünschte – so sagte man ja wohl heutzutage –, dann würde er eben versuchen, Ordnung in den ganzen Schlamassel zu bringen. Natürlich hatte er erfahren, dass es einen zweiten Toten gegeben hatte. Plaschke. Seine Frau hatte es ihm am Telefon erzählt. Wenn jetzt Plaschke tot war, dann hatte dies nichts Gutes zu bedeuten. Dann war etwas verdammt schiefgelaufen. Viel schiefer, als er es befürchtet hatte. Und er saß an diesem See und sollte so tun, als ob ihm der Chef für besonders gute Leistungen ein paar erholsame Tage gegönnt hätte. Dass sich Rieder selbst offenbar auch abgeseilt hatte, angeblich zur Tour de France, das machte die ganze Sache nicht gerade einfacher. Außerdem erschien es ihm selbst für geboten, nirgendwohin Kontakte aufzunehmen. Nirgendwohin. Zu keiner Seite. Die Bullen, das hatte er schon oft gelesen, waren heutzutage mit allen technischen Raffinessen ausgestattet. Wenn die erst mal einen Verdacht hatten, konnten sie auf Mittel zurückgreifen, da war James Bond geradezu ein Waisenknabe dagegen. Die Elektronik eröffnete längst ungeahnte Möglichkeiten, auch wenn die Datenschützer dagegen Amok liefen. Aus dem Blickwinkel des braven Bürgers erschien ihm dies zwar ganz in Ordnung, zumal sich die Kriminellen doch längst ebenfalls dieser Technologien bedienten. Doch nun war er sozusagen auf die Gegenseite geraten. Zu jenen, die gejagt wurden.
    »Mein alter Studienfreund kommt auch«, hörte er plötzlich Markus’ Stimme. Sie klang so, als wolle Sabines Bruder damit eine angenehme Botschaft verbreiten.
    »Dein Studienfreund?«, gab sich Horschak unwissend.
    »Tobias«, erklärte Markus, während er das Treiben am Starthäuschen des Wasserskilifts im Auge behielt. »Dein Konkurrent aus Ulm.«
    »Lambert«, kapierte Horschak. Natürlich Lambert. Er kannte ihn noch aus der Zeit, als dieser in Rieders ›Donau Pharma AG‹ ein Praktikum absolviert hatte. Ein junger Emporkömmling. Einer, der nur die Steigerung des Umsatzes im Auge zu haben schien. Koste es, was es wolle – auch wenn das Unternehmen langfristig dabei draufging. Hauptsache, die Zahlen stimmten, solange er das Sagen hatte. Wenn’s schiefging, würden sie ihn mit einer dicken Abfindung in die Wüste schicken – oder besser gesagt: in eine Villa am Südhang des Luganer Sees. Dort, so konnte Horschak manchmal zornig darüber denken, wäre er ohnehin unter Seinesgleichen.
    »Lambert kommt tatsächlich?«, wiederholte er ungläubig.
    »Ja«, grinste Markus und bekräftigte, was seine Schwester Sabine bereits gesagt hatte. »Nachdem er gehört hat, dass sich Rieder den Abschluss der Tour de France anguckt, will er das schöne Wochenende nützen und auch mal wieder kommen.«
    Und Sabine fügte hinzu: »Wer weiß, wer sonst noch von euch so alles auftaucht.«
    Horschak trank sein Glas Zitronensaft leer, während er zu den geparkten Autos hinübersah. Er wollte nicht wissen, wie sich Ulrike durch die wartenden Wassersportler zwängte – Küsschen hier, Umarmung da –, um von all diesen

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