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Notlösung vorgesehen

Notlösung vorgesehen

Titel: Notlösung vorgesehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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Se­kun­de hat­te er sich nicht vor­stel­len kön­nen, daß je­mand bei ihm ein­ge­drun­gen war, der nicht von der Er­de stamm­te. Ei­ne der­ar­ti­ge Mög­lich­keit hat­te weit au­ßer­halb sei­ner Er­wä­gun­gen ge­stan­den, so daß er nicht ein­mal an­deu­tungs­wei­se dar­an ge­dacht hat­te. Jetzt er­kann­te er, daß er ei­ner ex­tra­ter­rest­ri­schen In­tel­li­genz ge­gen­über­stand, aber da­mit be­ant­wor­te­te sich ihm nicht ei­ne ein­zi­ge sei­ner Fra­gen. Im Ge­gen­teil. Der gan­ze Vor­fall er­schi­en ihm noch rät­sel­haf­ter und un­er­klär­li­cher als vor­her.
    Wie hyp­no­ti­siert blick­te er auf den Ener­gie­strah­ler, der sich er­neut auf ihn rich­te­te.
     
     
1.
     
    Als ich über die Eis­kan­te hin­weg­rutsch­te und da­mit das letz­te noch si­che­re Schnee­brett ver­ließ, öff­ne­te sich un­ter mir ein et­wa zwei­tau­send Me­ter tiefer Ab­grund. Der Wind pack­te mich und trieb mich weit hin­aus. Jetzt gab es kein Zu­rück mehr. Nichts konn­te mich hal­ten als der feu­er­ro­te Dra­chen, in des­sen Leicht­stahl­ge­stän­ge ich hing. Der Stoff bläh­te sich un­ter dem Druck der auf­pral­len­den Luft, wäh­rend ich mich streck­te und in ei­ne waa­ge­rech­te La­ge ging. Mit leich­ten Ge­wichts­ver­la­ge­run­gen ließ sich das im Grun­de ge­nom­men pri­mi­ti­ve Ge­fährt mü­he­los steu­ern. Je­den­falls in den ers­ten Se­kun­den.
    Dann aber ver­nahm ich über mir ein häß­li­ches Knir­schen. Ich dreh­te vor­sich­tig den Hals, um den Dra­chen nicht aus dem Gleich­ge­wicht zu brin­gen, und blick­te nach oben. Ich sah, daß der für un­zer­reiß­bar ge­hal­te­ne Stoff einen arm­lan­gen Riß auf­wies, der sich rasch er­wei­ter­te.
    Aus­ge­rech­net in die­ser kri­ti­schen Si­tua­ti­on mel­de­te sich die GWA über die nach wie vor ab­hör­si­che­re und streng ge­hei­me Sup-Ul­tra­kurz­wel­le. Als ob ich nicht schon ge­nug Är­ger ge­habt hät­te!
    Erst knapp drei Wo­chen mei­nes Ur­laubs, den ich im tief­ver­schnei­ten Alas­ka ver­brach­te, wa­ren um. Stän­dig hat­te ich be­fürch­tet, von ei­nem Ruf aus den Al­le­ghe­ny-Ber­gen aus mei­ner wohl­ver­dien­ten Er­ho­lung auf­ge­schreckt zu wer­den, aber das war bis­her nicht der Fall ge­we­sen. Nun aber hat­te man sich einen Zeit­punkt aus­ge­sucht, wie er un­güns­ti­ger kaum hät­te sein kön­nen.
    Den­noch mel­de­te ich mich.
    Vier-Ster­ne-Ge­ne­ral Ar­nold G. Re­lings wohl­be­kann­te Stim­me tön­te aus dem Laut­spre­cher. Er ver­zich­te­te auf um­fang­rei­che Er­klä­run­gen.
    »Ihr Ur­laub ist zu En­de, HC-9«, sag­te er knapp. »Wir brau­chen Sie. Pa­cken Sie Ih­re Sa­chen, und be­ge­ben Sie sich zur Ba­sis 0-18. Dort wer­den Sie ab­ge­holt.«
    Un­ter an­de­ren Um­stän­den hät­te ich mich kaum so glatt ab­spei­sen las­sen. Jetzt aber war ich froh, daß der Al­te sich kurz faß­te. Ich be­stä­tig­te zäh­ne­knir­schend und schal­te­te ab. Dann hat­te ich al­le Hän­de voll da­mit zu tun, das Stahl­ge­stell mit dem zer­rei­ßen­den Stoff dar­über in die Tie­fe zu brin­gen. Noch im­mer trenn­ten mich über tau­send Me­ter vom si­che­ren Bo­den, und der Riß wur­de im­mer grö­ßer. Viel zu schnell stürz­te ich dem Tal ent­ge­gen, aber ich wag­te es nicht, dem Wind mehr Wi­der­stand ent­ge­gen­zu­set­zen, weil ich be­fürch­te­te, der Stoff kön­ne mit ei­nem Schlag zer­fetzt wer­den. Dann wür­de ich mich von ei­nem fal­len­den Stein nur noch da­durch un­ter­schei­den, daß er den Auf­prall we­sent­lich bes­ser über­ste­hen wür­de als ich.
    Da­bei muß­te ich un­will­kür­lich an Han­ni­bal Othel­lo Xer­xes Utan den­ken. Er hät­te das Ge­spräch be­stimmt nicht nach so kur­z­er Zeit ab­ge­bro­chen, und er hät­te so leicht auch kei­nen Grund da­für ak­zep­tiert, es zu tun. Ich wuß­te, ich hät­te ihm schwö­ren kön­nen, daß ich zwi­schen Him­mel und Er­de hing, er hät­te es mir nicht ge­glaubt.
    Ich ver­mein­te, die Trom­pe­ten­stim­me der Ner­ven­sä­ge zu ver­neh­men: »Wei­ber­ge­schich­ten. Ich stö­re wohl im un­pas­sends­ten Mo­ment, wie?«
    Viel­leicht hät­te er noch einen nerv­tö­ten­den Vor­trag über die Nach­tei­le fol­gen

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