Notluegen
derselben Meinung zu sein, es sitzt ganz still an seiner Seite des Tisches und beobachtet, wie Hurvínek in aller Ruhe seine Mahlzeit fortsetzt, aber plötzlich gleitet es vom Stuhl und begibt sich hinüber auf die Seite des Mannes, reißt ihm das Stofftier aus den Händen und taucht seine Schnauze in den Teller, um zu zeigen, wie Hurvínek am liebsten isst, von guten Tischmanieren ist nicht mehr die Rede, und vorsichtig hebt der Mann das Kind auf seinen Schoß, was es geschehen lässt, ganz damit beschäftigt, Hurvínek bei Tisch zu assistieren, der einen großen dunklen Fleck Salatsoße auf seine braune Stoffschnauze bekommen hat.
Auf der anderen Seite des Tisches ist die Frau allein zurückgeblieben, während das Kind es sich auf dem Schoß des Mannes bequem macht und von einem jetzt ziemlich leeren Teller isst und isst. Der Mann legt seine Arme um den Körper des Kindes und die Hände auf dessen kleinen Bauch, glatt und rund wie ein Ballon, als würde alles, was Hurvínek in sich hineinstopft, dort landen und nicht in dem Bauch des Stofftiers.
Aber bald beginnt das Kind dieses Spiel sattzubekommen, bei dem die Erwachsenen ein Wort mitreden wollen, endlich zeigt es Anzeichen deutlicher Müdigkeit, und vielleicht ist es die Körperwärme des Mannes, die seine Glieder schwer und träge macht, jedenfalls rutscht es auf seinem Schoß hin und her, obschon mehr mechanisch als unkeusch; befand sich dieses Kind schon vorher jenseits jeder Art von Tischmanieren, so gilt dies nun auch für die Anständigkeit, von der das Kind sich erst etliche Jahre später eine Vorstellung machen wird. Ebenso ist vergessen, dass dieser Mann, solange das Kind sich auf der anderen Seite des Tisches in Sicherheit befand, ein Feind war.
Jetzt ist es dem Onkel sogar erlaubt, es in seinen Armen zu halten, doch von ihrer Seite des Tisches aus hat die Mutter des Kindes inzwischen genug bekommen, sie sagt, das Kind müsse zu Bett gehen, und als das Kind seinen Protest herausplärrt, dass Hurvínek nicht schlafen will, geschieht das nicht mehr besonders energisch, eher wie die letzten matten Äußerungen eines Widerstands, der bereits eher durch die eigene Erschöpfung gebrochen ist als durch die Autorität der Mutter, aber trotzdem hat der Mann sich entschlossen, auch diese infantile Insubordination zu bekämpfen; mit sanfter Stimme und mit dem Kind in den Armen sagt er, das Stofftier sehe wirklich sehr müde aus und habe morgen bestimmt viel zu tun, etwas, was das Kind sofort leugnet; ein letztes Mal behauptet es, Hurvínek wolle nicht schlafen, Hurvínek geht nicht in die Kita, murmelt das Kind, und es ist die Erschöpfung des Kindes, welche die Worte unklar und schwer verständlich macht, Hurvínek bleibt zu Hause und wartet auf mich, sagt das Kind, aber jetzt schläft es schon fast; der Schoß des Mannes ist so weich und angenehm, als wäre er ein warmes Bett mit sauberen Laken, die sich um den kleinen Körper schließen, und das Kind reibt sich an Schenkeln und Unterleib des Mannes, rutscht fortwährend auf all dieser körperlichen Herrlichkeit herum, bis die Mutter des Kindes resolut sagt, jetzt ist es wirklich genug, es ist Zeit zum Schlafen, und ihre Tochter vom Schoß des Mannes hebt; und keiner von beiden protestiert, auch das Kind findet sich damit ab, dass es Schlafenszeit ist, dass die Mutter es jetzt aus dem großen Zimmer zu dem Gitterbett in dem kleinen tragen wird.
Als die Frau zurückkommt, setzt sie sich auf den Schoß des Mannes, und der Mann hat das Gefühl, dass es nicht so sehr aus Verlangen geschieht als vielmehr aus einem viel ursprünglicheren Instinkt, eine Art Exorzismus oder wie wenn ein Hund sein Revier markiert.
Sie ist so begabt, sagt die Frau und streicht dem Mann übers Haar. Aber das kann anstrengend sein.
Ja, sagt er. Man merkt sofort, dass es ein begabtes Kind ist.
Dann küsst sie ihn.
Danach werden die beiden zusammen fast von dem Stuhl fallen, auf dem sie sitzen, und die Frau wird den Mann ins Bett ziehen, das sich nicht weiter von dem Tisch entfernt befindet, als dass der Mann, trotz der ausgetrunkenen Flaschen, zusammen mit ihr darin zu landen vermag, ohne allzu betrunken zu wirken.
Mit offenem Mund und zerzausten Haaren, hastig keuchend, wird die Frau sich dem Mann hingeben.
Du darfst mir nicht weh tun, flüstert sie ihm ins Ohr.
Irgendwann in der Nacht wacht der Mann auf. In der Dunkelheit tastet er sich vorsichtig ins Badezimmer hinaus, besorgt, über Schuhe oder Kleidungsstücke zu stolpern,
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