Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Notluegen

Notluegen

Titel: Notluegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Swartz
Vom Netzwerk:
trachtete.
    An dem Platz lag eine Buchhandlung. In dieser fand der Mann ein mit einem Sprachführer kombiniertes Wörterbuch, das er sofort kaufte. Das Geschäft war kühl, die Kunden spärlich und still, das Buch passte genau in seine Jacketttasche. Als er wieder auf den Markt hinaustrat, bemerkte er den berühmten Pulverturm, der ein bisschen weiter links die Hausdächer überragte. Das beruhigte ihn. Dieses Gebäude des frühen Barock hatte man ihm am Tag zuvor vom Dach des Hotels aus bereits gezeigt.
    In weniger als einer halben Stunde war der Mann wieder in seinem Hotel.
    Ein komisches, aber doch starkes Gefühl, nach Hause gekommen zu sein, stellte sich zwischen den Topfpflanzen und den korinthischen Säulen aus imitiertem Marmor ein. Obwohl ein solches Gefühl eigentlich genauso lächerlich war wie der falsche Marmor, empfand er Dankbarkeit dafür. An der Rezeption erwartete ihn eine Nachricht. In schlechtem Englisch erklärte ihm der Mann, eine Dame habe angerufen, und sofort wusste er, dass es nur die Frau sein konnte, die ihn früh an diesem Morgen in Begleitung ihres Hundes verlassen hatte. Sie hatte die Absicht, ihn um zwei Uhr an der Rezeption zu erwarten. Der Rezeptionist lächelte zweideutig, noch eines der vielen boshaften Lächeln dieser Stadt, es schien, als würde er seine freie Zeit öfter im Kino verbringen.
    Statt in sein Zimmer zu gehen, begab sich der Mann in den Frühstücksraum des Hotels. Dort bestellte er Rührei mit Schinken und eine große Tasse Kaffee. Der Frühstücksraum lag ganz oben in dem Hotelgebäude und würde sich wenig später in ein Restaurant verwandeln, eigentlich nicht viel mehr als eine verglaste Dachterrasse mit Aussicht über die Stadt und all das stahlgraue Wasser, das sie umgab. Der Kellner brachte eine gebratene Fledermaus mit schwarzen Oliven; der Mann weigerte sich, sie zu essen. Rührei mit Schinken durfte doch nicht wie irgendetwas Beliebiges aussehen. Der Kaffee war kalt und voll von fein gemahlenem Sand. Der Mann weigerte sich, ihn zu trinken. Der Kellner zuckte die Achseln. Dazu aufgefordert, servierte er die Fledermaus wieder ab.
    Laut, so dass alle es hören konnten, sagte der Kellner: Galjutonk serbimishite gashit! (oder etwas Ähnliches).
    Dazu fiel dem Mann nichts ein. Allein saß er an seinem Tisch in dem Frühstücksraum, der schon jetzt langsam in ein Restaurant umgewandelt wurde, Kellnerinnen legten große, weiße Tücher auf die Tische und stellten Gläser darauf. Dann überlegte es sich der Mann und rief laut hinter dem Kellner her: Go to hell!
    Erschrocken unterbrachen die Kellnerinnen ihre Tätigkeit und starrten ihn an. Die Allerkleinste hatte beide Hände vor den Mund geschlagen. Eine andere bückte sich nach einer Gabel, die sie vor Schreck hatte fallen lassen, aber der Kellner war schon draußen in der Küche. Und dabei galt dieses Hotel in seiner Preisklasse und während dieser Zeit der Saison als das gemütlichste, von Touristenführern in verschiedenen Sprachen empfohlen.
    Nachdem er die Fledermaus in die Küche zurückgeschickt hatte, nahm er das Wörterbuch aus seiner linken Jacketttasche.
    Es ein Buch zu nennen wäre eine Übertreibung. Dünn, mit gelbem Umschlag, ähnelte es eher einem Heft oder einer Broschüre als einem richtigen Buch. Angesichts des Reichtums dieser fremden Sprache – von welchem der Mann bisher nur gelesen oder gehört hatte – war ein solcher Sprachführer vermutlich eher eine Beleidigung als von wirklichem Nutzen, außer für jene, die lediglich nach der einen oder anderen brauchbaren Redewendung suchten.
    Doch hatte der Mann nichts dagegen, in einer Sprache beleidigt zu werden, die er nicht verstand. Auch in der vorangegangenen Nacht hatte er das Gefühl gehabt, dass die Frau ihn, wenn auch nicht direkt beleidigt, so doch zum Narren gehalten hatte, als sie sich im Bett umgedreht und ihm dargeboten hatte, um sich im selben Moment, in dem er nass und steif in sie eindringen wollte, aus seinem Griff zu schlängeln und ihm die andere Seite zuzuwenden. So hatten sie sich hin und her gewälzt in diesem Bett voller Seidenkissen, diversen Stickereien und Leinenbändern, mehrmals hatte er nach ihr gegriffen, versucht, sie flachzulegen und zwischen all den Kissen festzuhalten, aber vergeblich, in der Dunkelheit leuchteten die Innenseiten ihrer Schenkel feuchtweiß, weiß auch das eine oder andere Leinenband, aber jedes Mal war das schwarze Dreieck zwischen ihren Schenkeln irgendwo anders als dort, wo er es haben wollte,

Weitere Kostenlose Bücher