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Notruf 112

Notruf 112

Titel: Notruf 112 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Seifert , Christian
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mal?«
    »Also, unter uns staht definitiv ein Schiff!«
    Zu diesem Zeitpunkt hören bereits alle Kollegen im gesamten Rettungsdienstbereich München und wahrscheinlich auch noch die Leitstellen im Umland mit und lauschen wohl mit wachsender Verwunderung diesem seltsamen Dialog.
    Der Kollege ist jetzt aufgesprungen. Tatsächlich steht mitten in München der Seenotrettungskreuzer »Theodor Heuss« – und zwar im Hof des weltberühmten Deutschen Museums an der Isar. Und wieder unternimmt Luggi tapfer den Versuch, die drohende Flugzeugkatastrophe mitten in der Stadt zu verhindern.
    Die Schweizer Crew hat sich jedoch mittlerweile entschieden, auf dem alten Flughafen Neubiberg zu landen. Leider ist der Katastrophencrew entgangen, dass dieser Flugplatz längst zum Skateboardpark umgebaut worden ist. Der Kollege dreht sich Hilfe suchend zu uns um. Dummerweise hat gerade absolut keiner Zeit für ihn. Auf seiner Stirn steht jetzt Schweiß. Und ich bekomme allmählich ein schlechtes Gewissen.
    Schon meldet sich Zermatt 3 wieder und teilt mit, soeben gelandet zu sein – allerdings umgeben von zahlreichen Neugierigen. Kollege Luggi sinkt weiß wie die Wand mit zitternden Händen in seinen Stuhl. »Wo sind Sie gelandet, Zermatt 3?«, fragt er matt und betont dabei jedes Wort, als habe er einen schleimigen Frosch auf der Zunge.
    »Moment, i muess luege …«, antwortet Thomas in wunderbarem Schweizer Singsang und macht es spannend. Und dann, nach einer gebührenden Pause: »Uff d’Schild staht Mariahilfplatz. Es isch a bizeli knapp gsi …«
    In der hinteren Reihe verschwinden zwei Kollegen unter Lachkrämpfen unter ihren Tischen. Mein Telefon klingelt. Kollegen vor Ort erkundigen sich besorgt, ob bei uns alles in Ordnung sei. Die Frage ist berechtigt: Denn der Mariahilfplatz im Stadtteil Au umgibt die gleichnamige Pfarrkirche. Und hier mit einem Flächenflugzeug zu landen, käme einem Kamikaze-Kommando gleich und hätte das berühmte neugotische Bauwerk ohne Weiteres pulverisieren können.
    Das ganze Szenario hat nur zwei, drei Minuten gedauert, unseren armen Kollegen aber um Jahre altern lassen. Bevor Luggi die Blaulichtarmada von Polizei, Feuerwehr und den Rettungsdienst zur Patientenübernahme in Gang setzt, klären wir ihn auf. Es dauert einen Augenblick, bis er die ganze Tragweite begreift. »Spinnt ihr, oder was?«, stößt er dann hervor. Der Rest seiner Reaktion kann aus Gründen des Jugendschutzes an dieser Stelle nicht zitiert werden. Zornesrot verlässt er schließlich die Leitstelle, gönnt sich einen Kaffee und tobt sich später wie ein Wilder unten in unserem Kraftraum aus.
    Am nächsten Tag kommt Thomas’ Friedensangebot in Form von zwei Packungen original Schweizer »Schoggi-Keksen«, die er Luggi »im Namen von Flugwacht Zermatt 3 als Dank für d’erschtklassige Unterstützung« überreicht. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich die beiden rasch wieder versöhnt haben.
    Weniger beeindruckt von unseren Kunstflügen zeigt sich unser damaliger Dienststellenleiter, der für unseren Bruchpiloten Thomas eine alarmierend zeitnahe Punktlandung organisiert – und zwar in seinem Büro. Kurz bevor Thomas sich, von unseren guten Segenswünschen begleitet, zu seinem Generalanschiss auf den Weg in die Hauptfeuerwache macht, gibt ihm ein Kollege noch eine Feuerwehrweisheit mit auf dem Weg: »Je schneller man in ein großes Schlagloch fährt, desto heftiger haut’s einen hinten raus!« Die Bedeutung dieser Metapher ist dem armen Thomas nur allzu klar.
    Die befürchtete Bauchlandung fällt dann jedoch weniger hart aus als erwartet. Der Mitarbeiter der Personalabteilung empfängt ihn zwar mit steinerner Miene und auch der Oberbranddirektor ist nicht gerade strahlendster Laune. Doch das verdächtige Zucken in seinen Mundwinkeln ist Thomas nicht entgangen. Unser oberster Chef belässt es letztlich bei einem sanften Rüffel, Thomas solle diesen Unfug in Zukunft unterlassen – und wenn es denn absolut nicht zu vermeiden sei, dann solle das bitte so geschehen, dass nicht die ganze Stadt dabei zuhören könne.
    Ich wette, er hat noch geschmunzelt, als Thomas den Raum schon längst verlassen hatte. Aber da kann ich mich natürlich auch irren …

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