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Notruf 112

Notruf 112

Titel: Notruf 112 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Seifert , Christian
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seine schweren Schmerzen. Dann kommt er ins Krankenhaus.
    Vielleicht erfuhr Oleg dort zum ersten Mal in seinem Leben die Beachtung und Fürsorge, die doch jedem Menschen zustehen sollten. Jedenfalls wünsche ich ihm das von ganzem Herzen.

Die Hausbesetzer
    Hausbesetzungen und der damit verbundene Ärger mit zwangsweisen Räumungen fallen glücklicherweise nicht in unser Fach. An einem verregneten Frühlingstag im Mai machten wir da mal eine Ausnahme. In der Nacht zuvor war ein kräftiges Gewitter mit Sturzregen und Hagelschlag über München hinweggefegt. Bei diesem Wetter jagt man ja keinen Hund vors Haus – geschweige denn eine Eichhörnchenfamilie. Doch Mutter Hörnchen hatte andere Pläne.
    Vermutlich war die Kinderstube in der stürmischen Nacht überschwemmt oder zerstört worden. Da zog sie mit ihren vier Kindern spontan um. In diesem Fall jedoch hatten ihre Instinkte sie komplett im Stich gelassen. Denn einen viel blöderen Platz hätte sie in ganz Neuhausen nicht finden können. Über die großen Bäume hatte sie einen Weg gefunden zu einem Loch in der Hauswand auf Höhe des vierten Stocks. Flugs baute sie auf die Schnelle ein kuscheliges Notnest und evakuierte ihre Kinder. Nur blockierte das Nest jetzt das Ventilatorrad der darunterliegenden Dunstabzugshaube!
    Zum Glück hatten die Hausbewohner die heimlichen Mitbewohner rechtzeitig bemerkt. Doch wie klaubt man eine Eichhörnchenfamilie aus einer Dunstabzugshaube? Sehr vorsichtig bauten die Kollegen die ganze Dunstabzugshaube ab, trugen die vier Eichhörnchenkinder hinunter in den Garten und warteten auf die Mutter, die auch bald wieder kam.
    Was dann passierte, hätten wir uns eigentlich denken können. Mutter Hörnchen nämlich dachte überhaupt nicht daran, ihr neues Domizil kampflos aufzugeben. In Minutenschnelle hatte sie alle ihre Babys über die Mauer und den Baum wieder zurückgetragen.
    Also das Ganze noch mal: Wieder wurde die Dunstabzugshaube demontiert und die reizende Kinderschar befreit. So viel Stress war dann offenbar zu viel für die Mutter. Sie verschwand und kehrte auch nach einer gehörigen Wartezeit nicht mehr zurück.
    Somit blieb uns nichts anderes mehr übrig, als die Tiere mit auf die Wache zu nehmen.
    In solchen Fällen hilft uns oft das Tierheim weiter. Wir haben in unseren eigenen Reihen aber auch mehrere fachkundige Tierhalter, die die notwendige Erfahrung und auch die Möglichkeiten haben, allerhand kleine Säugetiere wie zum Beispiel diese Eichhörnchen, aber auch Vögel, Insekten, Echsen, Spinnen, Fledermäuse und sonstiges Getier aufzupäppeln und nach Möglichkeit später wieder auszuwildern.
    In diesem Fall erklärte sich Kollege Stephan bereit, die vier Waisen bei sich daheim aufzunehmen. Er hatte schon ein junges rotes Eichhörnchen daheim, das Kinder nur wenige Tage zuvor auf einer Wiese gefunden hatten. Wahrscheinlich abgestürzt bei den ersten Kletterversuchen. Die Kinder warteten stundenlang. Doch die Mutter kam nicht mehr zurück. So landete der Findling im Kinderzimmer, bekam einen Namen (»Mister Jackson«) und als Futter Bananenbrei (den er beleidigt verschmähte). Die Mutter sprach schließlich ein Machtwort und sorgte dafür, dass das Tierchen in fachkundige Pflege – sprich: zu unserem Kollegen – kam.
    In den folgenden Wochen war Kollege Stephan mächtig im Stress mit seinen Jackson Five , die ihm außer viel Freude auch ziemlich tiefe Ringe unter den Augen und eine permanente Hörnchen-Achterbahn in der Wohnung bescherten. Mit Unterstützung einer Tierärztin sind sie bald groß, stark und reichlich frech geworden und die ganze Feuerwache hat an diesem kleinen Familienglück Anteil genommen.
    Mittlerweile bevölkern Stephans Eichhörnchen längst wieder die Münchner Wälder. Mister Jackson hat sich übrigens kurz vor der Auswilderung als Missis Jackson entpuppt. Es lebe der kleine Unterschied.

Junge Liebe
    Nach all den Jahren in der Leitstelle der Berufsfeuerwehr München und meiner Ausbildung als Rettungsassistent ist mir eigentlich nichts Menschliches mehr fremd. Und peinlich ist mir sowieso schon lange nichts mehr. Damit habe ich manchen meiner Patienten bereits eine ganze Menge voraus. Zuweilen spürt man regelrecht, wie sie am Telefon erröten – zumindest dann, wenn es um Pleiten, Pech und Pannen vor, während und nach der schönsten Nebensache der Welt geht. Solch eine junge Frau habe ich jetzt am Telefon. Die Tatsache, dass sie vermeidet, mir ihren Namen zu nennen, lässt mich rasch ahnen, in

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