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Notruf 112

Notruf 112

Titel: Notruf 112 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Seifert , Christian
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Juninachmittag im Jahre 2006 bei uns meldete.
    »Die Feuerwehr. Der Rettungsdienst. Grüß Gott!«
    Rauschen und Knacken in der Leitung. Eine deutsche Handynummer. Aber die Verbindung ist schlecht. Ich lege nach: »Hallo? Die Feuerwehr. Der Rettungs...«
    »Oh Gott sei Dank! Ich bin so froh, Sie zu hören. Oh Scheiße …« Stöhnen.
    Die schmerzverzerrte Stimme eines Mannes.
    »Hallo, mit wem spreche ich? Was ist los bei Ihnen?«
    »Mein Name ist Simonis. Herbert Simonis aus München. Ich bin aber in Griechenland, auf der Insel Thassos.« Er atmet schwer.
    »Ich hatte gerade einen Unfall auf den Serpentinen, bin mit meinem Motorroller gestürzt. Ich liege hier in der Böschung und habe wahnsinnige Rückenschmerzen. Ich kann meinen Sohn nicht erreichen. Ich habe auch keine Ahnung, wie man hier die Polizei erreicht. Es ist auch niemand da. Ich weiß einfach nicht, was ich jetzt machen soll.«
    Er atmet schnell, er hat Angst. Der Mann liegt schließlich auch fast 2000 Kilometer von daheim entfernt schwer verletzt in einem griechischen Straßengraben. Immerhin ist er bei Bewusstsein und hat ein funktionierendes Handy. Ein Glücksfall in dieser fatalen Situation. In seiner Not hat er einfach die gewohnte deutsche Notrufnummer 112 in der Heimat mit der Vorwahl von Deutschland und München gewählt. Ganz schön clever. Das würde heute übrigens so nicht mehr funktionieren. Um vom Ausland aus in der heimatlichen Rettungsleitstelle in Deutschland zu landen, müssten Sie die alte Notruf-Rufnummer 19222 mit Länder- und Ortsvorwahl wählen.
    Seine Rückenverletzung macht mir Sorgen.
    »Herr Simonis. Ganz ruhig. Sie haben alles richtig gemacht. Bleiben Sie einfach liegen. Versuchen Sie nicht aufzustehen. Wir kümmern uns jetzt um Sie und suchen Ihnen Hilfe. Wo sind Sie?«
    »Ich weiß es nicht genau. Irgendwie zwischen zwei Ortschaften. Ich kann aber von hier aus auf die Stadt Rachoni hinunterschauen.«
    Rachoni – von dieser Stadt auf der griechischen Insel Thassos habe ich vorher noch nie gehört. In solchen Fällen ist die Auslandsauskunft häufig hilfreich. Ein Kollege macht sich sofort ans Werk, bekommt die Telefonnummer der Polizei von Kavala auf dem griechischen Festland und hat Glück: Er gerät an einen Polizisten, der recht gut Englisch spricht, das Problem sofort erfasst und auf Thassos eine Suchaktion in Gang setzt. Aufgrund der Beschreibung des Verunglückten werden die griechischen Retter relativ schnell fündig und bringen Herrn Simonis in ein nahe gelegenes Krankenhaus.
    Ich habe einige Tage später noch einmal Kontakt zum Sohn des Verunglückten. Er teilt uns mit, dass sein Vater großes Glück gehabt habe. Er werde wohl keine bleibenden Schäden davontragen und sei schon wieder auf dem Weg der Besserung.
    Falls es Sie interessiert: Die einheitliche Notrufnummer 112 funktioniert mittlerweile gebührenfrei und ohne Vorwahl im Fest- und Mobilfunknetz in sämtlichen europäischen Ländern – neben den alten nationalen Notrufnummern, die manche Länder noch beibehalten haben. Gut zu wissen, oder?

Notfall in Warschau
    Sie ärgern sich, wenn Sie beim Arzt mal längere Zeit warten müssen? Dann schauen Sie mal über die Grenzen – zum Beispiel nach Polen:
    Anruf in der Nachtschicht, offensichtlich über Handy. Die Uhr in unserer Leitstelle zeigt 2.30 Uhr. Der Mann am anderen Ende der Leitung wirkt sehr gefasst, kann aber Aufregung und Verzweiflung in seiner Stimme nicht verbergen.
    »Hollmann, grüß Gott. Ich melde mich aus Warschau und ich habe ein Riesenproblem. Meine Frau und ich hatten vor zwei Stunden einen Autounfall. Ich bin in Ordnung, aber meiner Frau geht es sehr schlecht. Sie hat einen Oberschenkelhalsbruch. Sie müsste sofort operiert werden. Doch die Ärzte weigern sich. Sie verlangen, dass ich 8000 Euro in bar hinterlege. Vorher rühren sie keinen Finger.« Er atmet tief durch und wiederholt: »8000 Euro! Mein Gott. Wie soll ich hier mitten in der Nacht in Warschau so viel Geld auftreiben?«
    Wahnsinn. Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, wie ich dem Ehepaar Hollmann in dieser Situation helfen soll. Aber das will ich dem Mann natürlich nicht sagen. Also erst mal Zeit gewinnen. Ich nehme also die üblichen Daten auf, verspreche, mich um alles zu kümmern, und kündige an, mich in Kürze wieder zu melden.
    Und dann sitze ich da. Letztlich fällt mir nur das Auswärtige Amt ein. Im Internet durchstöbere ich die Einträge, finde eine 24-Stunden-Notfallnummer und lese zu meiner Freude, dass das Amt

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