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NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)

NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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blieb uns nichts
anderes übrig, als das hinzunehmen. Ricarda plauderte weiter angeregt mit Dr.
Steffens, der ihr seine Vorstellungen von einer engeren Kooperation der
Stationen darlegte. Sie wärmte ihre Hände über der unerschöpflichen Kanne mit
heißem Wasser. Mit roten Wangen und großen Augen, die ich versucht war, doch
eher wieder für grün zu halten, erzählte sie dem privatrechtlichen
Sprengmeister von ihrem ersten Außeneinsatz, den sie in eisigsten und schrecklichsten
Farben ausmalte. Mir war es damals sehr romantisch vorgekommen. Hinterher,
behauptete sie, habe sie eine Woche allein im Bett gelegen, bis sie sich erholt
hatte. Das wusste ich nun besser.
    „Was mir größere
Sorgen macht als die tektonische Situation“, schaltete ich mich wieder ein,
„ist die Energieversorgung. Vielleicht sollten wir doch dem Beispiel der
anarchistischen Kommunen folgen und uns zumindest teilweise auf Erdwärme
stützen.“
    Steffens sah mich
angewidert an. Die Privaten sind meistens noch unionstreuer als die
Angestellten der staatlichen Stationen, und eine Technologie der Anarchisten
auch nur für Diskutierens wert zu halten, war ein Affront. Er beließ es bei
einem angeekelten Gesichtsausdruck und schien nicht willens, zu dem Vorschlag Stellung
zu nehmen.
    Ich fuhr fort: „Der
Meeresspiegel ist seit dem Ereignis um mehr als hundert Meter gesunken. Die
Ozeane sind zwischen fünfzig und zweihundert Meter tief gefroren. Die
Binnenmeere wie die Kaspische See und das Schwarze Meer sind bis auf den Grund
massive Eisblöcke. Sie kennen den Energieverbrauch der großen Städte und vor
allem die immensen Unterhaltungskosten der äquatorialen Kuppeln, ohne die es
schon in einigen Jahren kein Leben mehr gäbe. Wenn wir das Meerwasser nicht nur
entsalzen, sondern zunächst um hundert Grad erwärmen müssen, um es zu
verflüssigen, werden die traditionellen Reaktoren kaum noch
energiewirtschaftlich rentabel sein...“
    „Was planen Sie in
der freien Zeit vor Ihrer nächsten Schicht?“
    „Sowie ich hier
wegkomme, werde ich zu meiner Mutter fliegen.“
    Ricarda strich ihr
Haar zurück und entblößte ihr sehr schönes Ohr.
    „Sie wohnt in Thule
II und soll in ein Heim überschrieben werden. Seit dem Tod meines Vaters ist
sie geistig etwas - sonderbar, und bei den langen Dienstzeiten hier draußen
kann ich mich nicht mehr um sie kümmern. Ich will noch ein paar Wochen bei ihr
sein und die Formalitäten regeln. Sie ist erst Anfang Sechzig, und wie Sie ja
wissen, sind die Betreuungszeiten in den staatlichen Anstalten auf fünfzehn
Jahre beschränkt worden. Glücklicherweise, so schlimm es klingt, ist sie schon
jetzt so verwirrt, dass sie kaum begreifen wird, was dann mit ihr - passieren
wird. Körperlich ist sie noch ganz gesund.“
    „Das tut mir leid
für Sie“, sagte Steffens in behäbigen Ton. „Aber der Zentrale Rat der Union hat
nicht ohne Grund beschlossen, dass wir, in der gegenwärtigen Situa-tion, nicht
Millionen alter Menschen ... Und ich geben zu, dass ich damals auch dafür
gestimmt habe.“
    „Es ist schon gut.
Sie hat ja kein Bewusstsein mehr von der Welt. Ja, und dann treffe ich mich mit
einigen ehemaligen Kommilitoninnen. Die meisten habe ich seit der Staatsprüfung
nicht mehr gesehen, die war immerhin vor drei Jahren. Ich muss unbedingt unter
Menschen. Die letzten paar Quartalsferien habe ich immer mit Dick verbracht
...“
    Ich ignorierte den
anerkennenden Blick, den ich dafür von Steffens erntete.
    „... aber er ist ein
ziemlicher Langweiler, müssen Sie wissen. Eine Woche in einer der großen
Kuppeln ist schon ein richtiger Erlebnistrip für ihn. Einmal sind wir die
ganzen drei Monate auf der Station geblieben. Wir waren damals noch sehr
verliebt. Letztes Jahr besichtigten wir die Anlage im Pazifik. Natürlich war
das ungeheuer eindrucksvoll. Aber dafür, dass es sozusagen unsere Flitterwochen
waren, fehlte etwas die Romantik.“
    „Waren Sie einmal
dort?“, erkundigte ich mich scheinheilig.
    „Nein, wir haben
kein so spendables Informationsprogramm. Selbst wenn ich auf eigene Rechnung
hinflöge, würde man mich wohl nicht hineinlassen.“
    „Da können Sie Recht
haben.“ Ich war fürs Erste wieder befriedigt. „Schade, Sie können die
eigentlichen Geschehnisse unserer Zeit nicht verstehen, wenn Sie das nicht
gesehen haben.“
    Frau Lapkha und ihre
Tochter - ich vermutete, sie war ihre Tochter, bisher hatte ich nur
aufgeschnappt, dass sie Pâ gerufen wurde - trugen das Abendessen auf. Pâ

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