Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)

NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
versuche ja
nur“, fing Steffens wieder an, als müsse er sich rechtfertigen, „die Gründe
dafür einzusehen, weshalb immer mehr Städte von der Union abfallen. Und ich
glaube nicht, dass man das Problem militärisch wird lösen können.“
    „Warum sehen Sie
überhaupt ein Problem darin?“ Ricarda drehte das leere Glas zwischen den
Handflächen.
    „Warum?“ Steffens
war sprachlos wie jeder, dem das Sakrileg angetan wurde, seine Grundannahmen
der Fragwürdigkeit auszuliefern. Eine Weile beschäftigte er sich damit, einen
neuen Grog anzusetzen.
    „Der Rat verliert an
interner Legitimation. Die Anarchisten werden, indem sie sich außerhalb der
Union stellen, die Legitimation von außen einfordern. Sie könnten, mit anderen
Worten, den Anspruch erheben, an Betrieb und Kontrolle der pazifischen Anlage
mitzuwirken.“
    „Und davor haben Sie
Angst?“
    Ricardas Stimme war
so unstofflich wie die Farbe ihrer Augen. Es war diese ero-tische
Hintergründigkeit, die ich an ihr geliebt habe. Harmlos löffelte sie den
synthe-tischen Zucker in ihr Glas.
    „Nun, Angst ... Die
Vorstellung, diese Chaoten könnten auf den Reaktoren herumklettern, von denen
unser aller Leben abhängt, bereitet mir Sorgen. Allerdings.“
    „Also soll man ihnen
intern ein Mitspracherecht einräumen, um zu verhindern, dass sie es auf sezessionistische
Weise einklagen.“
    „Ja! Ich weiß
nicht.“
    „Also wie jemand,
der sein Haus anzündet, aus Angst, es könne Feuer fangen.“
    Meine Kleine gefiel
mir. Sie war gut in Form heute. Wie gerne hätte ich allein mit ihr beim Punsch
gesessen und paradoxe Syllogismen gedrechselt. Denn ich musste mir ja sagen,
dass diese eher vorwitzige als geistreiche Art, den Doktor zu necken, darauf
abzielte, sich interessant zu machen. Sie hätte auch mich wieder verführen
können mit dem blaugrünen Blick, den sie über ein Kügelchen Zucker hinweg, das
sie auf der flachen Hand rollte, dem leicht zu beeindruckenden Steffens zuwarf.
Leider flirtete sie mit dem anderen.
    Ich stand auf. Der
Alte nahm keine Notiz vor mir. Er hockte vor seinem Klaren und starrte in den
kaum handtellergroßen Flachschirm. Ich schlenderte zu dem Kamin hinüber, in dem
mächtige Scheite brannten. Der ganze Raum war nach wie vor sehr warm. Direkt am
Feuer war es unerträglich heiß. Trotzdem kauerte ich mich auf den Boden und
ließ die Flammen vor dem müden Blick verschwimmen. Wie lange habe ich kein
offenes Feuer mehr gesehen. Ich erwachte aus der Versunkenheit, weil ich
spürte, dass ich beobachtet wurde. Ein paar Meter neben dem Kamin lagen die
beiden jüngeren Kinder auf dem Bauch und betrachteten einen animierten
Kinderfilm im Televisor. Hinter ihnen saß Pâ auf einem flachen Schemel und sah
aufmerksam zu mir herüber. Die Schwärze seiner Augen entsprach der Stummheit
des Mädchens. Ihre asiatisch geschwungenen Lider waren sehr schön. Sie lächelte
mich leise an. Ein bisschen ironisch fast, mit gebrochenem Mitgefühl. Ich
erwiderte ihren Blick, was sonderbar schwierig war. Seltsamerweise stellte ich
fest, das ich mir überlegte, worüber ich mich mit ihr unterhalten könne. Mir
fiel nichts ein, was ich hätte sagen können. Dabei war es völlig absurd, denn
obwohl sie zu verstehen schien, was man zu ihr sprach, hätte sie nicht
antworten können. Der Ausdruck ihres Gesichts, zu dem mir unwillkürlich das
Wort seladonen einfiel, war keck und doch zärtlich. Ihr Lächeln wirkte
mitfühl-end, dann wieder spöttisch. Aber vielleicht deutete ich diesen Eindruck
gerade deshalb in ihre Miene hinein, weil sie völlig undurchdringlich war.
Buddha verspricht uns nichts, deshalb scheint er allwissend.
    Wir hatten uns
ineinander festgesehen, als mir plötzlich bewusst wurde, dass ich sie wohl
ziemlich dämlich anglotzte. Mit einem abrupten Schmatzen klappte ich die Kiefer
aufeinander. Pâ fing an zu kichern. Sie sprang auf und verschwand im
abgetrennten Teil des Raumes. Kurz darauf kam sie in Begleitung ihrer Mutter
wieder hervor. Der Televisor wurde abgestellt. Frau Lapkha verabschiedete sich
von uns, da es Zeit sei, ins Bett zu gehen. Dann entfernte sie sich mit den
Kindern in den unteren Teil der Station.
     
    Ich ging wieder zum
Tisch hinüber. Ricarda war gerade dabei, Steffens von unseren uneigentlichen
Flitterwochen zu erzählen.
    „Sie machen sich
keinen Begriff davon. Gerade, weil man es von Bildern und aus den Holofilmen
kennt, meint man, es könne einen nicht mehr beeindrucken oder überraschen. In
Wirklichkeit aber, wenn Sie

Weitere Kostenlose Bücher