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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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hat?”
    „Vergessen
Sie alles, was über kaschubische Terroristen im Spectateur zu lesen war.
In Wirklichkeit war ein Prototyp an Bord”, sagte von Ehrenberg, „für die
Herstellung von etwas, das alle Elektronenröhren überflüssig machen sollte. Ein
winziges Stück aus einem Zeug namens Silicium, mit irgendwas bedruckt. Sehr
interessant, wenn ich auch zugegebenermaßen nicht wirklich verstanden habe,
worum es da ging. Die Informationen sind spärlich, es sollte da zukünftig satt
Patente hageln. Alles kam aus den Labors von Oskar Heil, und es war leider das
komplette Paket. Gut möglich, dass …”
    „Wie
ist das zu verstehen, das komplette Paket?” Von Hofstaetter hatte keine Lust
auf die haltlosen Spekulationen des Grafen.
    „Nun,
die vorbereiteten Patentpapiere, der Prototyp, das Herstellungsverfahren, die
Technologie, der erste Apparat, mit dem diese Silicium-Dinger produziert
werden konnten, alles. Nach der Explosion des Luftschiffs ist die Erfindung
wohl verloren. Die Erben von Oskar Heil sind entsetzt. Es ist, als hätte ihr
Vorfahr in seiner jahrzehntelangen Arbeit nie etwas von irgendeinem Wert
geschaffen. Sie hatten das alles zu einem vortrefflichen Preis und sehr
exklusiv veräußern können – und nun bekommen sie gar nichts.”
    Ein
offenbar fehlgeleiteter Zeppelin brummte über das Gebäude hinweg, gefährlich
nahe dem Dachfirst und weitab von seinen üblichen Routen. Die beiden Männer
unterbrachen das Gespräch und ließen den Lärm und das Luftschiff vorüberziehen.
Es kam immer öfter vor, dass die riesigen Gefährte einander in die Quere
gerieten. Zuviel Verkehr, zu viel Zeitdruck, zu viele dänische Fluglotsen.
    Aaron
von Hofstaetter stellte seine Frage, kaum dass man sein eigenes Wort wieder
verstehen konnte. „An wen hatten sie denn das alles veräußert?”
    Graf
Pedro von Ehrenberg schüttelte den Kopf. „Damit wollten sie zunächst nicht
herausrücken. Aber am Ende haben sie zugegeben, dass alles in die Hände der
Oliwa-Laboratorien S.A. übergehen sollte, die am Stadtrand von Danzig liegen.
Zahlung erst nach wohlbehaltenem Eintreffen der Erfindung dort. Eine sehr
üppige Zahlung übrigens. Die nun niemals geleistet wird. Ach ja, diese Laboratorien
gehören zu hundert Prozent einer der zahlreichen A.E.G.-Tochterfirmen.”
    Aaron
von Hofstaetter zuckte zusammen. Die Krake. Jemand hatte eine – so weit er es
beurteilen konnte – wegweisende Technologie vernichtet, die der Rathenau-Firma
gehören sollte. Oder hatte die Firma selbst etwas aus dem Wege geräumt, das ihr
hätte gefährlich werden können? Eine Bedrohung für die Zukunft ausgeschaltet
und obendrein die Versicherungssumme dafür kassiert?
    „Weiß
man schon etwas darüber, was dieses Luftschiff für einen Unfall hatte?”
    „Unfall?”
Von Ehrenberg lachte bitter. „Wenn ein angeblich defektes Steuergerät dafür
sorgt, dass in allen fünf Tragekammern gleichzeitig Funken sprühen, und sich
das Luftschiff daraufhin in einen Feuerball verwandelt, kann man ja wohl kaum
von einem Unfall sprechen. Das war ein Attentat.”
    „Ich
habe in den Nachrichtensendungen nichts dergleichen gehört”, gab von
Hofstaetter zu.
    Von
Ehrenberg zuckte die Schultern. „Darüber sollten Sie sich nicht wundern”,
meinte er. „Nachrichten aus dieser Gegend werden handverlesen.“  Er begann,
gespitzte Bleistifte im Rhythmus der Aufzählung auf den Tisch zu legen. „Es
gibt so viele Spannungen derzeit. Der polnische König hat mit seinen
aufsässigen Wojewoden zu tun und mit der reichsdeutschen Diplomatie, die wie
üblich erst im dritten Anlauf begreift – wenn überhaupt –, was die Polen
umtreibt. Die haben an der Ostseeküste mit dem Widerstand der Kaschuben zu tun,
extrem dickköpfige Leute, wenn es gegen das ferne Warschau geht. Inzwischen
sind die Kaschuben derart auf dem Quivive, dass sie mit anderen Kräften
gemeinsame Sache machen. Sie haben Unterstützung in der heimlichen Hauptstadt
Krakau und auch von den Huzulen weht der Wind dem ersten Lech entgegen.”
    Fünf
Faber-Castell-Stifte lagen nun säuberlich aufgereiht auf dem Tisch und wurden
wieder in ihren Köcher zurückgestellt. „Ein Zeppelin-Attentat würde die
Situation nur komplizierter machen“, stellte Pedro währenddessen fest.
    „So,
so”, murmelte von Hofstaetter gelangweilt. Er versuchte, einen Sinn zu sehen in
der Vernichtung einer solch wichtigen Innovation. Wenn die A.E.G. diese
Siliciumerfindung hätte stehlen lassen, wäre ihm das logisch

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