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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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Titel Directeur . Aaron
stand einem der mächtigsten Menschen der Welt gegenüber, einem Mitbesitzer des
Datenverarbeitungsmolochs, der mit seinen Lochbandmaschinen und neuerdings mit
seinen revolutionären Magnetbändern über das Wohl und Wehe ganzer
Volkswirtschaften entscheiden konnte und nur von der A.E.G. überflügelt wurde.
    Nachdem
Aaron von Hofstaetter einige Schocksekunden damit verbracht hatte, wie ein
Kretin auf die Visitenkarte zu starren, blickte er auf und stellte fest, dass
er verlassen worden war. Der Vicomte war wieder zu seinen Geschäften
übergegangen. Auf dem Flugplatz befand sich außer Aaron nur mehr eine wachsende
Menge zorniger Kaschuben, die einige Dutzend Meter entfernt allmählich zu einer
Meuterei übergingen. Eine Lautsprecherstimme verkündete die Streichung aller
Abflüge für diesen Vormittag.
    Im
Südwesten quoll, dicht über dem Horizont, eine schwarze Rauchwolke in den
klaren Himmel und verbreitete sich langsam, ein düsterer Tintenklecks im
stahlblauen Himmel.
    Ein
Wutschrei brandete auf.
    Zeit,
zu retirieren, dachte von Hofstaetter und bummelte davon. An sein
Luftschiff-Billet dachte er nicht mehr. Seine Gedanken befassten sich mit
dieser überraschenden Begegnung auf dem Danziger Luftschiffhafen, und die
Finger in seiner mittlerweile aufgewärmten Jackentasche strichen über die
Ränder der Visitenkarte.
     
     
    B.
Stockholm, 20. Januar 2006: Der lange Arm der A.E.G.
     
    Die
nächste Gelegenheit, bei der Aaron Chevalier von Hofstaetter den offenbar sehr
bedeutenden Vicomte zu Teufel-Walldorf treffen durfte, kam einige Wochen
später, Ende Januar 2006, auf ebenfalls merkwürdige Weise zustande.
    Von
Hofstaetters Firma DISQUE DUR war eingeladen worden, auf einer kleinen, aber
feinen Messe in Stockholm ihre neuesten Entwicklungen zu präsentieren. Die
pekuniären Mittel des Unternehmens schmolzen mittlerweile zusammen. Immer
wieder waren die Ideen der kreativen Köpfe, die daheim in Itzehoe in ihren
Labors werkelten, als vollkommen utopisch verlacht worden. Von Hofstaetter
hatte in finsteren Momenten, wenn der Himmel über Itzehoe nachts vor
Luftschiffen brummte und er trotz eines genau abgemessenen Gläschens Absinth
nicht einschlafen konnte, schon darüber nachgedacht, ob es eine verborgene
Macht gab. Jemanden, der raffiniert dabei zu Werke ging, die Kreise seines
Unternehmens zu stören. Vielleicht brauchten sie, um nicht unterzugehen, einen
mächtigen Gönner, einen Mäzen. So jemanden, wie ihn damals der Graf Zeppelin
gefunden hatte, als er den späteren Reichskanzler für seine Idee vom starren
Luftschiff erwärmen konnte. Und wenn man es genau nahm, benötigten sie in den
nächsten paar Monaten einen solchen Wohltäter dringend, um nicht unter die
Bankrotteure zu gehen. Insofern war die Reise nach Stockholm kühn. Es war teuer
in Schweden, teurer noch als in Paris. Diese Messe war jedoch eine der
Veranstaltungen, bei denen geniale Spinner auf Investoren trafen – eine
Kombination, die Imperien begründen konnte.
    Nun
stand Aaron von Hofstaetter in einem der prächtigen Häuser mitten in der Gamla
Stan. Die hohen, schmalen Gebäude in den schmalen Gassen waren bunt gestrichen
und lehnten aneinander wie Familienmitglieder bei einer feuchtfröhlichen Feier.
Dies hier war die Handelskammer. Das Haus verriet seinen gehobenen Status
allenfalls mit dem polierten Messingschild an der Eingangtür. Es gab nicht mal
einen Concierge. Jeder konnte hinein. Nun ja, dies war Schweden. Ein Land, in
dem jeder Hausmeister den Premierminister auf der Straße treffen und mit Du
anreden konnte.
    In
mehreren Sälen der Handelskammer präsentierten allerlei Kreative ihre Ideen.
Aaron betrachtete gelangweilt die bunten Bilder eines Cinematographen, auf
denen ein Hochleistungsluftschiff hoch über einer der französischen Kolonien
einen Flugkörper in eine niedrige Umlaufbahn abfeuerte. Irgendwann einmal. Der
Sprecher näselte dazu einen hochtrabenden Text darüber, wie die neuesten
Stratosphärenplattformen endlich der bemannten Raumfahrt den lang erwarteten
Durchbruch bescheren würden. Reichlich hochgestochen, dachte von Hofstaetter.
Würde besser ankommen, wenn es von Deutschen präsentiert würde. Die nehmen uns
hier alles ab. Die Schweden sind fasziniert von dem gewaltigen Zeppelinflugnetz
des Reiches, und sie sind hingerissen von der großen Namensreform Rathenaus,
bei der jeder Bürger der Reiches sich einen adlig klingenden Namen seiner Wahl
hatte zulegen dürfen. Tatsächlich war

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